Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
Vom Netzwerk:
vegetierte und langsam starb. Er hielt den Kontakt, wo es nötig war, und beschwichtigte die Ängste.
    Es war eine Alptraumhafte Vorstellung für die Leute, die diese Nachrichten erhalten hatten, aber es wurde noch schlimmer durch das, was danach geschah.
    Alisons Tod bedeutete nicht das Ende der Kontakte. Sechs ihrer Freunde hatten am Morgen, als sie gefunden wurde, eine Nachricht von ihrem Mobiltelefon aus bekommen. Alle bestanden schlicht aus dem einen Satz:
Du hast sie sterben lassen
.
    Natürlich hatte man sie alle zurückverfolgt. Wie bei den vorherigen Morden hatte der Täter die E-Mails vom Haus des Opfers aus geschickt und seine SMS -Nachrichten von irgendwelchen belebten Straßen, wobei er sorgfältig die öffentliche Videoüberwachung umging. Er kannte sich genau aus. Zum dritten Mal hatte Currie den Verdacht, der Mörder könnte vielleicht damit durchkommen.
    Swann fuhr auf den Kreisverkehr oben auf dem Hügel zu. Vor ihnen standen ein Postamt, ein Spirituosengeschäft und ein niedriges, verkommen aussehendes Pub, das The Cockerel hieß. Jenseits des Kreisverkehrs standen drei Wohnsilos, aus deren Fenster Handtücher und vor deren dreckigen Balkons Kleider auf Wäscheleinen hingen. Graffiti zogen sich am unteren Rand der Gebäude entlang wie wucherndes Unkraut. Swann fuhr darum herum, noch ein kleines Stück weiter und hielt dann auf der linken Seite an.
    Als sie ausstiegen, hörte Currie aus einem der offenen Fenster im Wohnblock hinter ihnen Musik.
    »Also«, sagte er. »Frank Carroll. Sag mir noch mal, warum wir gekommen sind.«
    »Weil wir gute Polizisten sind, die jeder Spur nachgehen.«
    »Ah ja. Das ist es.«
    Swann machte die Wagentür zu.
    »Und weil wir verzweifelt sind.«
    Laut dem Sexualstraftäter-Verzeichnis wohnte Frank Carroll jetzt in diesem einstöckigen Haus, vor dem sie standen, eine Sozialwohnung mit einem vernachlässigten, überwucherten Garten. Jemand hatte die Worte »Hier wohnt ein krankes Aschloch, Kinder,
nemt euch in acht
« in großen weißen Buchstaben auf die Haustür geschmiert. Darunter waren offenbar schon andere Sprüche entfernt worden.
    »Meinst du, das ist das richtige Haus?«, fragte Currie.
    Swann warf ihm ein sarkastisches Lächeln zu, während sie das Tor öffneten.
    Oberflächlich betrachtet versprach diese Spur nicht viel. Sie hatten an dem Abend, nachdem Alison gefunden worden war, Carrolls Namen durch einen anonymen Anruf bekommen. Aber da nur so wenige Einzelheiten angegeben wurden, war die Information erst Tage später auf ihrem Schreibtisch gelandet. Nachdem Currie die wesentlichen Dinge in Carrolls Akte durchgelesen hatte, war er interessiert, aber insgeheim recht skeptisch. Doch sie waren gute Polizisten. Und sie waren verzweifelt.
    Bereits an der Haustür hörte Currie einen Fernseher laufen. Es klang, als werde jemand ermordet: Schreie drangen durch die Risse zwischen den Steinen und Fensterrahmen heraus.
    Sie klopften, und der Fernseher wurde sofort abgestellt.
    Und da fing Currie an, es zu spüren. Es gab keinen vernünftigen Grund, nervös zu sein, aber er fühlte sich unwohl. Nicht dass er unbedingt Angst gehabt hätte, aber es ging schon in die Richtung. Die Geschwindigkeit, mit der der Fernseher verstummt war, erinnerte ihn an eine Spinne, die still saß, wenn eine Fliege sich in ihrem Netz verfing. Er konnte sich den Typ da drinnen fast vorstellen, genauso bewegungslos. Horchend.
    Nach einer Minute ging die Tür auf. Sie standen einem großen, dünnen Mann gegenüber. Er trug ein weißes Hemd, das zu groß für ihn war, und eine alte schlabberige Trainingshose.
    Currie erkannte ihn nicht einmal gleich. Auf dem Foto in der Akte war ein Mann gegen Ende dreißig mit einem gutaussehenden, ebenmäßigen Gesicht zu sehen gewesen. Dem kantigen Kinn war eine Spur von Grausamkeit abzulesen, aber es waren vor allem die Augen, die ihn verrieten: Sie waren voller Intelligenz und Hass. Zwölf Jahre zuvor hatte Frank Carroll, seit ein paar Stunden Ex-Polizist, der Welt so entgegengeblickt, und dabei sah er aus, als hätte er hundert Methoden, einen auseinanderzunehmen, als stelle er sich diese gerade vor und freue sich über jede einzelne. Auf jeden Fall war er ein kräftig gebauter Mann gewesen und in der Lage, solche Dinge sowohl physisch als auch auf der intellektuellen Ebene durchzuführen.
    Aber die Zeit im Gefängnis war ihm offensichtlich nicht gut bekommen. Seine Haut sah alt und verbraucht aus, sein Haar war grau geworden und hatte sich gelichtet. Er

Weitere Kostenlose Bücher