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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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an ihr verloren und sich abgewandt hatten. „Kannst du noch sprechen? Warum bist du gekommen? Was habt ihr nur mit mir?“
    Sie stand ihm gegenüber. Den Mann kannte sie nicht von einer ihrer Behandlungen noch trug er Bisse zur Schau, die ihn als einen totgerissenen Wiedergänger ausgewiesen hätten. Sein Hals zuckte. Es sah aus, als sei er im Begriffe, sich zu übergeben.
    „Wer bist du? Was hat dich zu dem gemacht?“
    „Wooaannww...“
    Der Laut aus seiner Kehle brach ab. Maria kam es vor, als habe er versucht, Worte zu formen, aber heraus kam nur stöhnen. Er wandte sich ab, nicht fließend wie ein beseelter Mensch, sondern ruckartig und in abgehackten Bewegungen. Mit schlurfenden Schritten kreuzte der den Weg eines Schäfers, den sie auch nicht kannte und der zwar in ihre Richtung lief, aber sie dabei nicht ansah, sich in ihrem wackligen Zaun verfing, stolperte und der Länge nach mit dem Gesicht auf einen Stein schlug. Als sei nichts geschehen, stemmte er die Hände gegen den Boden und drückte sich hoch. Auf die Beine schaffte er es erst mal nicht. Er kippte zur Seite, wälzte sich am Boden und erwirkte es schließlich, sich auf den Rücken zu drehen und in die Sitzende aufzurichten.
    Maria wandte sich ab und ging in ihr Haus. Sie hockte sich auf ihren Stuhl und schaute durch ihre offene Tür hinaus auf das Durcheinander von Leibern. Dafür hatte sie nun also überlebt als einzige ihrer Familie. Dafür hatte sie jahrelang in Einsamkeit verbracht, sich mit ansteckend Todkranken abgegeben und sich wegen ihrer Heilerfolge, die ja nur Hermanns Erfolge waren, zur Hexe abstempeln lassen.
    Aber war denn das hier noch wirklich ihre Sache? Über kurz oder lang würde ein weiterer Trupp vorbeikommen, von der Burg oder aus der Stadt oder beides. Und würden die wieder zu Tode gebissen und damit zu Vermissten, würde man einen Kriegstrupp aufstellen. Diesen Ort hier endlich zu verlassen, war unbedingt besser als alles, was sie da draußen erwartete. Mit oder ohne Hermann, sie musste ihr Glück in der Fremde versuchen.
    Am Morgen hatte sie den Gedanken noch ausgeschlossen, vor allem aus Angst. Jetzt hatte ihre neue Angst vor dem hier ihre andere Angst überdeckt. Wenn nicht in einer Stadt oder auf einem Hof, so konnte sie sich in einem fernen Wald tief drin ein Versteck suchen und so leben wie hier. Einen letzten Besuch aber war sie Hermann wohl schuldig.
     
    „Was ist mit ihm? Hat er sich entleibt?“
    Franz von Neuminingen versuchte, nicht allzu schadenfroh und erleichtert zu klingen, das war er schließlich nicht. Mitleid freilich konnte er auch nicht aufbringen. Eine Leiche mehr, und sei es auch eine, die man in höchsten Ehren beisetzen würde statt sie nur zu verbuddeln.
    „Nein, Herr. Fühlt selbst.“
    Der Knecht, der neben dem Fürstbischof kniete, hielt dessen rechte Hand in die Höhe und bot den Puls dar. Der Vogt winkte ab.
    „Warum lasst ihr ihn hier neben dem Abort am Boden liegen und hebt ihn nicht ins Bett?“
    „Dafür wären drei Knechte nötig, Herr.“
    „Und wo, verdammt noch mal, sind die?“
    „Holz fällen.“
    „Was ist mit den Wachen?
    „Die weigern sich.“
    „Wachen! Ihr weigert euch, diesen armen Darniederliegenden ins Bett zu heben, Euren geistlichen und weltlichen Herrn?“
    „Ihr seid unser Herr“, antwortete der herbeizitierte Wachmann frech, aber klang auch schuldbewusst.
    „Pike weg. Jetzt macht schon!“
    Von Neuminingen begab sich selbst in die Hocke und schob seine Arme unter die Schultern des wie tot daliegenden Übergewichtigen. Zögerlich übernahm der Wachmann die Beine. Der magere Knecht versuchte sich von der Seite am Rücken, was nichts half, aber ihn wohl selbst mit Trost erfüllte. Der Junge hatte Tränen in den Augen, was den Vogt rührte. Unter allergrößter Mühe schaffen sie es, den grotesk aufgedunsenen Leib auf die Bettstatt zu wuchten.
    „Was ist mit dem Trupp, der nach Maria Berkel ausgerückt ist?“, fragte der Vogt schnaufend.
    „Zwei Trupps, unterdessen. Beide vermisst.“
    „Vermisst!?“
    „Sie müssten längst zurück sein. Mit ihr oder ohne sie.“
    „Wo ist dein Kommandant?“
    „Mit dem zweiten Trupp ausgerückt.“
    „Verdammt! Gibt es Meldung über Vorstöße aus der Stadt?“
    „Was meint Ihr?“
    „Der brennende Wald, du Idiot!“
    „Nein, Herr.“
    „Auf deinen Posten. Du da.“
    Der Knecht, die Hand des bewusstlosen Fürstbischofs haltend, schaute zögernd hoch.
    „Hat nicht der Koch einige Kenntnisse über heilsame

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