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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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der Mönch und zog das Tor erst ganz auf, als Maria nickte und sich dabei bekreuzigte.
    Sie folgte ihm über das verwaiste Vorgelände zum Klostergarten.
    „Wie kommt es, dass Ihr und Bruder Hermann gesund seid?“
    „Das weiß Gott allein.“
    „Aber...“
    „Schweig, Weib! Und bleib hier stehen.“
    Sie hatten den Gewölbebogen erreicht, der zu Hermanns Empfangs- und Arbeitsräumen führte. Der Mönch trat ein und ließ sie warten. Maria war drauf und dran, ihm sofort zu folgen. Sie hatte die Geheimnistuerei satt. Aber kaum fasste sie den Entschluss, trat der Mönch aus dem Gewölbebogen heraus und bog ab zurück zum Vorgelände, ohne sie zu beachten.
    „Komm rein“, hörte sie Hermanns Stimme von drinnen und folgte aufs Wort.
    Er saß an seinem Empfangstisch, aber offensichtlich erst auf Meldung des Mitbruders. Die fünfdochtige Kerze auf dem Werktisch im anderen Gewölbe brannte flackernd und beleuchtete einen Zustand größter Arbeitsamkeit, der aber eher verzweifeltes Chaos war als umtriebiger Fleiß.
    „Ich wollte dich auch sehen“, sagte Hermann müde und lächelte schwach. „Und keine Angst, die Seuche tut mir nichts noch wird sie dir schaden. Aber die meisten hier drin hat der Knochenmann schon in die Arme geschlossen.“
    Maria verharrte auf halbem Weg zwischen Torbogen und Empfangstisch. Der Respekt, den ihr diese Mauern einflößten und wie sie sein Amt und seine Würde betonten, hielten ihre Liebe zu ihm im Zaum.
    „Hättest du ihnen dein Mittel gegeben, wenn ich dir nicht von den Wiedergängern erzählt haben würde?“
    „Viele haben es ja schon empfangen bei anderer Gelegenheit. Wir werden sehen, wohin das führt. Jedenfalls kann das, was du mir bringst, mir hoffentlich zu einer Mixtur verhelfen, die nur des Teufels Seuchenlast bekämpft und nicht dem Herrgott ins Handwerk pfuscht.“
    „Es ist aber kein Angstblut, das ich dir bringe.“
    „Was sagst du?!“
    Seine müde Freundlichkeit wich eisiger Wachheit. Er stand auf, war mit schnellen Schritten bei ihr und riss die Schale an sich.
    „Haut und Fleisch? Vom Kindsmörder?“
    „Sie haben die Strafe verschärft. Es wird nicht genug Blut fließen.“
    „Natürlich wird es fließen. Rädern sie ihn von oben oder von unten?“
    „Das weiß ich nicht. Mir schien es, als werde ihm jegliche Gnade verweigert. Das Richtschwert jedenfalls war nicht beim Handwerkszeug des Nachrichters auf dem Podest.“
    „Du musst noch mal hin. Jetzt gleich.“
    „Aber das geht nicht!“
    „Warum nicht? Du hast ihn doch bezahlt.“
    „Ja, aber das hier habe ich mir genommen. Der Richter gab den Befehl, mich zu ergreifen.“
    „Trotzdem.“
    „Der war halb tot vor Schmerzen, als sie ihm das Fleisch herausschnitten. Mehr Angst geht nicht.“
    „Aber sie muss im Blut sein. Damit kann ich nichts anfangen. Es lässt sich nicht fein untermischen.“
    Da sie stehen blieb und nicht einlenkte, ging er zum Eingang, fasste das glitschige Mitbringsel mit der nackten Hand und schleuderte es in den Garten hinaus.“
    „Blut. Und lasse es in eine Flasche zapfen, damit nichts verschwappt.“
     
    Sie ging und kehrte sofort zurück.
    Mit Absicht hatte sie ihm verschwiegen, was sie noch gesehen hatte vor den Toren der Stadt. Das in Ketten gelegte, vor Wut und Fleischgier brüllende und rasende Monstrum auf dem Richtpodest konnte nur der stellvertretende Burgkommandant gewesen sein. Inzwischen hatte sie ein Auge für Wiedergänger, und wenn der keiner war, dann hatte Hermann nichts zu verbergen.
    Sie wollte es wissen, jetzt.
    Die Klostermauer war doch nicht so leicht zu übersteigen, wie sie sich das ausgemalt hatte. Nach Einbruch der Dunkelheit schon gar nicht. So wählte sie die Durchreich-Pforte. Schlank, klein und wendig wie sie war, zwängte sie sich hindurch, nachdem sie ihre Kleider abgelegt und sie vorausgeworfen hatte.
    In Hermanns Gewölben flackerte Kerzenschein, und so war er von draußen leicht zu beobachten. Doch sie hatte Geduld aufzubringen im Übermaß, bis endlich geschah, worauf sie wartete. Sein Grübeln und Aufschreiben und Mixen und wieder Aufschreiben und Zerknüllen half ihr wenig. Sie wollte sehen, was dahintersteckte. Da musste was sein, das über bloßes Versuchen, Fehlen und noch mal Versuchen hinausging.
    Immerhin, ein bisschen versöhnte es sie, ihn so zu sehen. Er mühte sich redlich. Das war keiner, der ohne Fleiß und in Hinterlist Böses mixte, um Übel zu tun, sondern einer, der sich aufrieb, immer wieder kniete und betete, um zu

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