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Totenblick: Thriller (German Edition)

Totenblick: Thriller (German Edition)

Titel: Totenblick: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Rückführung einzulassen.« Ares setzte sich gerade hin und lehnte sich dann nach vorne. Die Vergangenheit war dennoch zu ihm zurückgekehrt. Damit hatte er nicht gerechnet. »Schade, Frau Flatow. Ich hätte Ihnen den Wodka gegönnt.« Heimlich hoffte er, dass Charlotte nicht zu viel Geld für das Geschenk ausgegeben hatte.
    Sie setzte sich ihm gegenüber auf die Chaiselongue und musterte ihn aufmerksam. Schweigend. Betrachtete seine Pupillen, ging näher heran und kniff die Augen zusammen. »Cherr Löwenstein, wir sitzen seit zwei Stunden in dem Chraum«, eröffnete sie schließlich. »Ich wollte Sie langsam in die Gegenwart zurückcholen, aber …«
    »Was?« Er sah auf seine Uhr, die Flatow recht gab. Er hatte länger geschlafen als gewollt.
    In einer knappen halben Stunde musste er bei seiner nächsten Kundin sein. Andrea Baum, 26 Jahre, Model und sehr anstrengend, sehr trainiert und sehr ehrgeizig darauf bedacht, ihre Figur noch weiter zu verbessern, was kaum mehr möglich war. Ein Work-out mit ihr stellte auch für ihn eine Leistung dar.
    »Dann sage ich danke für Ihre Zeit, Frau Flatow.«
    »Cherr Löwenstein, was wissen Sie noch von unserem Ausflug?«
    Er stand auf. »Lassen Sie es gut sein. Ich habe weder geträumt, noch bin ich durch eine Stadt oder einen Wald spaziert oder habe an einem idyllischen Fluss gesessen, wie vermutlich die meisten Ihrer Klienten«, antwortete er mit einem neckenden Zwinkern. Ares streckte sich. »Ich fühle mich erholt, Frau Flatow. Das ist doch auch was.«
    Aber sie schüttelte die toupierten grauen Haare und legte eine Hand auf seinen Unterarm. »Cherr Löwenstein, wir warren unterwegs! Sie chaben mir berichtet, was Sie alles erkannten. Wir waren …«
    »Aha. Na, dann schreiben Sie mal alles hübsch auf und schicken Sie es meiner Schwester. Die wird es wissen wollen.« Ares amüsierte sich prächtig über ihren Versuch, dem Ende des unspektakulären Nickerchens eine besondere Dramatik zu geben, die ihm Unbehagen vermitteln sollte, etwas Übersinnliches und Mystisches. Dazu müsste der Kronleuchter noch wackeln und das Licht flackern. Aber selbst im Mephisto, der Cocktailbar in der Innenstadt, wo sogar der Teufel selbst im Spiegel erschien, waren es Tricks.
    »Sie wissen es nicht mehr, weil Sie von selbst aufwachten«, hielt Flatow dagegen. »Das kann gefährlich werden, Cherr Löwenstein! Bitte! Ihr Unterbewuusstsein …«
    Ares lachte. »Sie haben mich gut unterhalten, liebe Frau Flatow, aber eine Flasche Wodka können Sie nachträglich auch nicht mehr rausschlagen.« Er schloss den Zipper des Hoody. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit, um zu seiner Kundin zu kommen. Sie könnte ihn jetzt bestimmt durch ihren Anblick ablenken. Schnell lief er zum Ausgang. »Ihnen einen schönen Tag. Und seien Sie nicht zu enttäuscht. Es kann nicht bei jedem Menschen klappen.«
    Er öffnete die Wohnungstür und rannte die Treppen hinab. Unter seinen Sohlen rumpelte es, das Holz ächzte jetzt laut, als begehre es gegen die Malträtierung auf.
    »Cherr Löwenstein!«, rief sie ihm nach und reckte einen Zettel. »Cherr Löwenstein, nähmen Sie meine Chändynummer. Sie mussen sofort zu mir kommen, wenn Sie sich … bäsonders fuhlen!«
    »Besonders?«, gab er laut zurück, ohne stehen zu bleiben.
    »Ja. Bäsonders. Sie werden sehen, was ich meine, aber ich choffe, dass es nicht so weit kommt«, antwortete Flatow und warf ihm den Zettel zu. »Bitte! Nähmen Sie es nicht auf laichte Schulter, ja? Sie erreichen mich …«
    »Mache ich, Frau Flatow. Mach ich.« Ares fing den Zettel auf, gleich darauf war er draußen, hastete über den Vorhof und durch die nächste Tür zu seinem Smart.
    Beim Einsteigen sah er zuerst auf die eingebaute Uhr. Sie zeigte die korrekte Zeit. Zuerst hatte er Flatow in Verdacht gehabt, sie hätte einfach sein Handy vorgestellt, als Teil der Show gewissermaßen. Aber dem war nicht so. Er hatte einfach zwei Stunden auf einem Sessel geschlafen.
    Ares startete den Stadtflitzer und kurvte durch Leipzig.
    Nein, er »fuhlte« sich nicht »bäsonders«.
    Lediglich ausgeruht.
    Und doch blickte er über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass die jüngere Vergangenheit nicht hinter ihm stand. Ares hatte sie bis zum heutigen Tag verdrängt.
    Das schien nun nicht mehr möglich.
    ***
    Leipzig …
    Die dicken Vorhänge vor den hohen Fenstern des Altbaus dimmten das Licht zu einem graubräunlichen Sepia-Ton, in dem das Zimmer badete.
    Es roch nach schwelendem Tabak, einer Mischung

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