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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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Taschenlampe, die brauchte er jetzt. Er richtete sich auf und sah zum Fahrstuhl hinüber. Der Lift fuhr gerade mit einem Ruck an und ratterte langsam abwärts. Die Taschenlampe war da, wo sie hingehörte, nur die Batterien mussten dringend ausgetauscht werden. Die flackernde Birne warf kaum Licht zwischen die schmutzigen Schläuche, Kabel und ölverschmierten Zylinder des Motorblocks.
    Der Fahrstuhl blieb weit unten stehen, mit einem stumpfen Stoß, ehe er nach einigen Sekunden träge wieder aufwärtsfuhr. Die Birne der Taschenlampe erlosch. Van Leeuwen schlug mit dem Handballen gegen den Boden des Lampenschafts, und für einen Moment strahlte die Birne hell und stark. Jetzt entdeckte er das schwach schimmernde Gewinde einer Zündkerze, die sich gelockert hatte. Er beugte sich vor, um sie festzuschrauben, und daging die Birne endgültig aus, und auf einmal, ohne dass er etwas anderes sah oder hörte als den näher kommenden Fahrstuhl und den Wind und das Rauschen des Regens, dachte er, er ist da . Eine Gänsehaut schien seinen Nacken zusammenzuziehen.
    Er dachte, er ist da, und er wusste plötzlich, dass er Jacobszoon meinte, nicht Peer Stoker, dass es nie einen Mann namens Peer Stoker gegeben hatte und dass der, der da war , ihn töten wollte. Wie gelähmt stand er mit der erloschenen Taschenlampe in der Hand über den Motor gebeugt. Er ist da , er ist nicht mit dem Fahrstuhl gekommen, der Fahrstuhl ist leer und sollte dich ablenken. Aber warum Jacobszoon, warum will er dich töten? Und deine Luger, die verdammte Luger, warum hast du deine Dienstwaffe nie bei dir?
    Er war da, und er stand direkt hinter ihm. Van Leeuwen konnte ihn hören, obwohl der Fahrstuhl gerade hielt, und die Tür quietschte, als sie aufging, er konnte das Plastikcape rascheln hören, trotz des Regens, er wusste, dass es ein Plastikcape war, ohne dass er es sah, und er hörte den Wind, der über den Betonboden heulte, und dein Herz, vergiss nicht dein Herz, das in deiner Brust hämmert. Das hörst du auch. Zwischen zwei Herzschlägen war Van Leeuwens Angst so groß, dass er das Gefühl hatte, alles drehe sich um ihn, der Boden schwanke, und ihm wurde übel, aber nur eine halbe Sekunde, nur die winzige Spanne zwischen den zwei Schlägen.
    Langsam richtete er sich auf. Seine linke Faust umklammerte die Taschenlampe. »Es hat keinen Sinn«, sagte er. »Mich zu töten hat keinen Sinn.« Aber da war es schon zu spät. Plötzlich wurde er gegen die Karosserie des Wagens gepresst. Er konnte sich nicht mehr bewegen, und er hörte wieder das Rascheln, diesmal ganz nah an seinen Ohren, das Rascheln und Knistern von Zellophan, und dann hörte er nur noch seinen eigenen Atem, als sich die Tüte um seinen Kopf schloss, laut wie eine Brandung. Er sah alles wie durch einen Nebel, unscharf, schlierig, er atmete zu heftig, das Zellophan klebte an seinen Lippen, drang ihm in die Nasenlöcher, und Hitze schoss ihm bis in die Augen, feuchte, stickige Hitze. Ich will nicht sterben!
    Er ließ die Taschenlampe fallen und packte die Hände, die ihm die Tüte übergestülpt hatten. Er versuchte, die Finger auseinanderzubiegen, aber die Hände umklammerten seinen Hals, hielten sich an ihm fest. Er trat nach hinten aus und spürte einen Widerstand, hörte ein Stöhnen, und die Hände rissen seinen Kopf zurück, ein scharfer, brennender Ruck, und dann hörte er nichts mehr, nur ein Summen und dahinter das scharfe Knistern von Plastik. Auf seiner Zunge lag ein bitterer Geschmack wie von zerbissenen Orangenschalen.
    Er wollte schlucken, doch die Hände pressten seine Kehle zusammen. Die Luft vor seinen Augen flimmerte. Mit aller Kraft stieß er sich vom Kotflügel ab, rammte den angewinkelten Ellbogen zurück, und diesmal war das Stöhnen fast zornig, aber die Hände ließen nicht locker. Er taumelte, sie taumelten beide und verloren das Gleichgewicht. Sie fielen. Van Leeuwen landete auf dem Mann, der ihn töten wollte, und er spürte, wie der andere unter ihm zu strampeln anfing, ihn mit Knien und Stiefelabsätzen zu treffen versuchte. Er wollte sich wegrollen, aber der Mann hielt ihn fest, klammerte sich an seinen Hals, und die ganze Zeit war die Tüte vor seinem Gesicht, über seinem Kopf, und er bekam keine Luft mehr, einfach keine Luft.
    Van Leeuwen warf sich herum, drehte sich auf den Bauch, und jetzt war der Mann auf seinem Rücken, und sein Brustkorb drohte zu bersten; die Lungenflügel schienen sich zusammenzurollen wie Blätter im Feuer. Sein Kopf dröhnte. Er

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