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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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trampelte und schlug um sich, trat gegen den Vorderreifen des Alfa, bis er wieder oben war und mit dem Rücken auf seinem Angreifer lag. In Panik zerrte er an den Handgelenken des Mannes, um den Griff zu lockern, während der Körper unter ihm sich aufbäumte, ihn abzuwerfen versuchte. Seine Augen schwollen an und drohten aus den Höhlen zu quellen, und aus dem Dröhnen zwischen seinen Ohren wurde ein Tosen. Feuerräder wirbelten in glühenden Bögen hinter seiner Stirn. Sein Kopf war erfüllt von einem rasenden, inneren Licht.
    Gib auf. Gib doch auf.
    Das Dröhnen in seinem Kopf ließ nach, und er dachte: Warumnicht? Hör auf, hör auf zu atmen . Er fühlte, wie er tief innen erzitterte, wie sich alles in ihm zusammenzog zu einem hellen, leuchtenden Punkt, der sich nach Erlösung sehnte. Hör auf zu kämpfen, nur ein paar Minuten; in ein paar Minuten ist es vorbei, alles ist vorbei.
    Roll up to the magical mystery tour.
    Er sah die Tüte nicht mehr, auch nicht die schwachen Lichter an der Decke der Parkebene. Er sah – ein wenig überbelichtet und etwas flimmernd an den Rändern – ein blondes Mädchen in einer roten Windjacke auf einem Fahrrad durch strömenden Regen strampeln, mit nassem Haar. Das Mädchen sah ihn nicht, aber er sah es, vom Traktor seines Vaters aus. Er sah dasselbe Mädchen bei Kerzenschein in der Kirche, in der ersten Reihe, und diesmal sah es ihn auch, mit großen, fragenden Augen. Er sah das Mädchen, als es schon eine Frau war, in derselben Kirche an seiner Seite, und es sagte: Ja, ich will, natürlich will ich . Er sah das Mädchen und die Frau, überall an den Wänden eines bunten, wirbelnden Tunnels aus Bildern, durch den er immer schneller zu fliegen schien; flackernde, schnell aufblitzende Bilder aus seinem Leben, und er flog mitten hindurch, bis zum Ende, und da wartete Sim.
    The mystery tour is waiting to take you away .
    Auf einmal blähte sich die Tüte vor seinen Augen, frische Luft fuhr ihm wie ein Eishauch über das Gesicht. Jäh schien ihn ein Stromstoß zu durchzucken und züngelte an seinen Nerven entlang bis hinauf ins Gehirn. Der Tunnel zog sich zusammen, die Bilder bekamen schwarze Ränder und schmorten durch.
    Das Klebeband, schoss es Van Leeuwen durch den Kopf, er versucht, dir das Klebeband um den Hals zu wickeln. Er riss die rechte Hand hoch, schob sie unter den Tütenrand. Ein Schatten flog vor seinen Augen vorbei, und die Hand wurde gegen seine Kehle gepresst, dicht unter dem Kinn, als der Mann ihm das Band um den Hals wickelte, einmal, zweimal, dreimal, mit rasender, oft geübter Schnelligkeit.
    Van Leeuwen konnte immer noch atmen. Er konnte seine Hand nicht mehr bewegen, und er konnte nichts sehen, aber er konnteatmen. Dort, wo die Hand gegen seine Kehle gepresst wurde, kam Luft in die Tüte, nicht viel, aber genug, um nicht zu ersticken. Mit der freien Hand schlug er weiter um sich, und gleichzeitig versuchte er, die gefesselte Hand zu befreien. Mit aller Kraft zerrte er an dem Klebeband, bis etwas in seinem Gelenk brach oder riss und es jedes Mal einen heftigen Schmerz gab, wenn er sie bewegte, und etwas später konnte er sie nicht mehr bewegen, sie war nur noch da und sorgte dafür, dass er nicht erstickte.
    Er spürte, wie ihm übel wurde. Die Hitze, die in seinem Kopf gewesen war, ballte sich jetzt hinter seinem Zwerchfell zusammen. Mit der freien Hand schlug er noch immer um sich, doch er traf nur noch den Betonboden, auf dem er lag. Er lag auf dem Boden, und er war allein. Die Tüte über seinem Kopf war noch immer beschlagen. Er konnte nur das feuchte Plastik sehen und einige weit entfernte milchige Lichter. Das Plastik flatterte und knisterte unter seinen Atemstößen, und er hatte Angst, dass er sich erbrechen könnte, in die Tüte, und dann vielleicht doch noch erstickte. Er rollte sich auf die Seite. Ruhig, sagte er sich, du musst ruhig atmen.
    Er lag auf der Seite, und sein Kopf ruhte auf dem Beton, und nach einigen Minuten versuchte er, das Klebeband zu lösen. Er fühlte sich leer, völlig leer. Sein Herz schien zu flackern wie die Glühbirne der Taschenlampe. In seinen Ohren rauschte es noch immer, wie das Meer in einer Muschel. Er hatte ein taubes Gefühl im Mund, aber sein Hals und seine Lunge schmerzten, und als er das Klebeband entfernt und die Tüte abgestreift hatte, merkte er, dass auch seine rechte Hand schmerzte, wenn er sie zu bewegen versuchte.
    Er wusste nicht, wie lange er so liegen blieb, als hätte er sich zu lange und zu tief unter

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