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TotenEngel

TotenEngel

Titel: TotenEngel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Fischer
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und auf die verschlüsselten Botschaften, die Wus Innereien für Doktor Holthuysen enthielten.
    »Aber kommen wir jetzt vom allseits bekannten Prototyp gewaltsam herbeigeführten Sauerstoffmangels zu der neuen, verbesserten Version mit weniger Zucker und mehr Geschmack«, verkündete der Pathologe heiter und wandte sich der zweiten Leiche einen Tisch weiter zu, wobei die Gummisohlen seiner Turnschuhe ein quietschendes Geräusch verursachten. Er beugte sich über Gerrit Zuiker, dessen Brustkorb ebenfalls erst kürzlich nach dem klassischen Y-Schnittmuster geöffnet worden war. »Die Karosserie dieses Modells weist Prellungen im Bereich der Schläfe, des Nasenrückens und des linken Wangenknochens auf, wahrscheinlich infolge von Faustschlägen, außerdem kleine Schnittwunden an Fingern und Handtellern. Wovon die herrühren, weiß ich noch nicht …«
    »Von Scherben«, erklärte der Commissaris. »Von Splittern eines zerbrochenen Spiegels.«
    »Sieh an, das alte Sprichwort stimmt also«, stellte der Doktor fest. »Aber daran ist er nicht gestorben. Überhaupt deutet zunächst überhaupt nichts auf einen gewaltsamen Tod hin. Vor allem gibt es keinerlei Hinweise auf eine wie auch immer geartete Strangulation – keine Fingerabdrücke am Hals oder im Nacken, keine Faserspuren, keine Würgemale von einem Strick oder Draht, keine inneren Verletzungen im Bereich der Luftröhre oder der anderen Atemwege. Auch keine Zyanose im Gesicht, kein Schaumpilz in der Lunge. Kein, kein, kein, kein – es handelt sich also um die typische Ausschlussdiagnose. Selbst die Autopsie ergab zunächst nicht den geringsten Verdacht, denn wenn man nicht gezielt danach sucht, ist Tod durch Ersticken ohne diese äußeren Anzeichen bei einer routinemäßigen Untersuchung kaum festzustellen. Manchmal gibt es petechiale Blutungen, die aber auch bei anderen – natürlichen – Todesarten vorkommen, etwa dem Plötzlichen Kindstod, und wenn es keine Druckstellen im Gesicht oder Einblutungen der Lippen gibt, die auf den gewaltsamen Verschluss von Mund und Nase durch ein Kissen oder die Hand schließen lassen, ist die ganzeSache ein mühsames Geschäft. Hätten Sie nicht verlangt, dass man auch in diesem Fall wie bei einer Mordermittlung vorgeht – und ohne das heute Morgen gelieferte chinesische Importmodell mit geradezu lehrbuchmäßig ausgeprägten Spuren von akutem Sauerstoffmangel im Gehirn –, wäre ich wahrscheinlich nicht so schnell auf gezieltes Fremdeinwirken gekommen.«
    »Gebeten«, warf der Commissaris ein, »ich habe darum gebeten, es aber nicht verlangt.« Er spürte, wie sein Herz leichter wurde.
    Holthuysen fragte: »Wie sind Sie eigentlich auf den Gedanken gekommen – dass es sich um Mord gehandelt haben muss, meine ich?«
    »Ich dachte, es müsste einen Grund gehabt haben, dass gerade ich ihn gefunden habe, so kurz nach seinem Tod.«
    Der Pathologe sah ihn an, als könnte er nicht glauben, was Van Leeuwen gerade gesagt hatte. Der Commissaris lächelte fast. Sein Herz war jetzt ganz leicht: Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen, und er musste nicht mehr befürchten, dass er durch Simones Tod völlig aus der Bahn geworfen worden war. Du bist immer noch ein guter Polizist . »Es handelt sich also tatsächlich um Mord«, stellte er fest.
    »Tötung durch Ersticken«, bestätigte Holthuysen und vollführte eine weitere ausgreifende Bewegung mit seinen blutigen Leuchtspurhänden. »Meine Theorie ist: Jemand hat ihm eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt und so lange festgehalten, bis er keine Luft mehr bekommen hat.«
    Der Commissaris betrachtete Zuikers weißlich graues Gesicht und stellte es sich mit einer Plastiktüte darüber vor. »Kann er das auch selbst gemacht haben?«
    »Theoretisch ja, ich halte es allerdings für unwahrscheinlich. Wer auf solche Weise Selbstmord begehen will, marschiert im Allgemeinen nicht in eine derart belebte Gegend, wo er jederzeit gestört werden kann, nicht wahr?«
    »Wohingegen jemand, der auf solche Weise einen Mord begehen will«, sagte der Commissaris, »gerne mal eine derart belebte Gegend als Schauplatz für sein Verbrechen wählt. Verstehe ich Sie da richtig?«
    »Die Motive und Vorgehensweisen eines Mörders sind ein weites Feld, das ich leider Sie allein bestellen lassen muss, Mijnheer.«
    Holthuysen zog seine Handschuhe aus und langte nach oben, um die OP -Lampe auszuschalten. Einen Moment lang ließ sein Schatten an der weiß gekachelten Wand ihn wie eine riesige Statue erscheinen, die bis

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