Totengeld (German Edition)
Ich hörte ihr zu und tat, was ich konnte, um sie zu trösten. Nahm sie mit auf eine Dienstreise nach Hawaii. Nichts half. Es zerriss mir schier das Herz, sie so leiden zu sehen.
Vielleicht hätte ich vorhersehen müssen, was dann kam.
Plötzlich strahlte Katy wieder, ging das Leben mit neuem Enthusiasmus an. Die dunklen Schatten unter ihrenAugen verschwanden allmählich. Sie reckte wieder forsch das Kinn.Wenn sie mich besuchte, dann nicht mehr für Stunden, sondern nur für wenige Minuten, die sie zwischen dringendeVerpflichtungen zwängte.
Es war Pete, der mir sagte, dass sie sich zurArmee gemeldet hatte. In einemAnruf wie diesem. Katy hatte ihre Pläne geheim gehalten, bis die Papiere unterzeichnet waren.
»KeineAngst«, sagte sie, als wir schließlich miteinander redeten. »Ich muss in keinen Kampfeinsatz.«
Okay.
Am 14. Mai 2012 öffnete die United States Ar my die Einheiten zur Bedienung des HIMARS – High Mobility Artillery R ocket System, zu Deutsch: Hochmobiles Artillerie-Raketensystem – und des MLR – Multiple Launch R ocket System, ein Mehrfachraketenwerfersystem – zum ersten Mal für weibliche Soldaten. Anfang des nächsten Jahres hob das Militär das langjährige Verbot für Frauen in Kampfeinsätzen auf.
NachAbschluss ihres BCT, Basic CombatTraining oder schlicht Grundausbildung, beantragte Katy MLR als ihr MOS, Military Occupational Speciality, will heißen: ihr spezielles Einsatzgebiet. Nach ihremAIT,Advanced IndividualTraining, also ihrer weiterführenden Individualausbildung, kam sie nachAfghanistan.
WTF ?What the Fuck?Was soll der Unsinn?
Ich habe als externe Beraterin für JPAC, das Zentrale Über reste-Identifikationslabor des Militärs in Hawaii, gearbeitet. Auch ich beherrsche das Kürzelspiel.
Ich konzentrierte mich wieder auf das gegenwärtigeTelefonat. »Aber was für einen Eindruck machte sie?«
»Aufgedreht. R edete davon, dass sie dasselbeTraining macht wie die Männer.Artillerie. Kanonierszüge –«
»O Gott.«
»Sie ist ein zähes Mädchen. Sie schafft das.«
»Du hast ja recht. Es ist nur –«
»Ich weiß, Zuckerschnäuzchen. Du siehst jedenTag gewaltsamenTod.«
»Nenn mich nicht so.«
» Wahrscheinlich wird sie irgendwann Generalin.«
»Glaubst du, sie will in derArmee Karriere machen?«
»Das habe ich nicht gemeint.«
» Was meinst du, warum hat sie sich nicht für die Offiziersausbildung eingeschrieben? Sie ist Collegeabsolventin.«
»Ich glaube, es ging um den Zeitaufwand.«
Aber Pete hatte nicht wegen Katy angerufen. Sonst hätte er das schon heute Morgen nach seinem Gespräch mit ihr getan. Ich wartete darauf, dass er zum Punkt kam.
»Also, was ist die lange Geschichte?«, fragte er.
Wirklich?
Ich fasste meineAbenteuer im und vor dem Gerichtsgebäude kurz zusammen und wollte eben zu dem Fahrerfluchtopfer kommen, als Pete mir insWort fiel.
»Klingt, als hättest du einen beschissenenTag gehabt.Wie wär’s mitAbendessen?«
» Was ist derAnlass?«Vorsichtig.
»Darf ich meine zukünftige Exfrau nicht zumAbendessen einladen?«
Ich hatte so eineAhnung, was er wollte. Und hatte nicht vor, mich ködern zu lassen.
»Die Hochzeitsplanerin für Summer spiele ich auf keinen Fall, also frag erst gar nicht.«
In mittleren Jahren gieren die meisten Männer nach Sportwagen. Pete hatte sich einTrophäenweibchen in den Kopf gesetzt. Summer war die gut dreißigjährige Häschen-Verlobte meines gut fünfzigjährigen Exmannes. Klassenbeste fürTitten. Disqualifiziert beim Intelligenzquotienten.
»Du weißt doch, wie sie ist«, sagte Pete lahm.
Das wusste ich nur zu gut. Ich hatte mich schon einmal breitschlagen lassen, für Bridezilla dieVermittlerin zu spielen.Am Ende flogen mir dann von beiden Seiten die Kugeln um die Ohren.
»Sie brauchtAnleitung.«
Sie braucht einen Maulkorb und einen Betäubungspfeil. Das sagte ich nicht.
Die Hochzeit aus der Hölle, schon zweimal verschoben, drohte jetzt wahr zu werden. Mindestens fünf Millionen Menschen waren eingeladen. Freunde aus der Schule, derArbeit, Freunde von Freunden. Facebook hatte weniger Freunde als Summer.
»Die Hochzeit ist in weniger als zweiWochen.«
» Warte noch einenTag. Das ändert sich wieder.«
»Sie ist in Panik.«
»Gib ihr eineValium.«
»Sie mag dich sehr.«
»Hör zu, Pete. Summer ist dein Problem, nicht meins.«
»Ich weiß, ich weiß. Es ist nur so, dass ich die ganzeWoche eidesstattlicheAussagen habe und gleich nach unserer R ückkehr ausTahiti einen Prozess. Ich bin
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