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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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nicht bloß, weil sie so nett sind, hoffe ich.«
    Ich konnte nicht heraushören, ob er mich nerven oder auf die Probe stellen wollte – da Frank nun mal Frank ist, war es wahrscheinlich ein bisschen von beidem. »Ach komm, Frank, du solltest mich besser kennen. Du hast mich nach meinem Gefühl gefragt, und genau das sagt es mir. Ich bin jetzt seit einer Woche praktisch jede wache Sekunde mit den vieren zusammen, und ich habe keine Spur eines Motivs entdeckt, keinen Anhaltspunkt für irgendwelche Schuldgefühle – und wie wir schon gesagt haben, wenn es einer von ihnen war, dann müssen die anderen drei Bescheid wissen. Irgendwer hätte sich inzwischen garantiert verraten, und wenn nur für eine Sekunde. Ich glaube, du hast vollkommen recht damit, dass sie irgendwas verbergen, aber nicht das, niemals.«
    »In Ordnung«, sagte Frank unverbindlich. »Du hast also zwei Aufgaben für Woche zwei. Erstens, dahinterkommen, was genau deinen sechsten Sinn zum Kribbeln bringt. Zweitens, bei den Mitbewohnern ein bisschen Druck machen, rausfinden, was sie dir vorenthalten. Bisher haben wir die Zügel locker gelassen – was auch gut war, so hatten wir’s ja geplant, aber jetzt sollten wir sie langsam anziehen. Und dabei solltest du eines nicht vergessen. Erinnerst du dich noch an deinen Plausch unter Frauen, gestern Nacht?«
    »Ja klar«, sagte ich. Bei dem Gedanken, dass Frank das Gespräch mitgehört hatte, durchlief mich ein ganz eigenartiges Flackern. Fast so etwas wie Empörung. Ich hätte ihn am liebsten angefaucht: Das war privat .
    »Gelobt sei die Pyjamaparty. Ich hab dir gesagt, sie ist clever. Was meinst du: Weiß Abby, wer der Daddy ist?«
    Darüber war ich mir noch nicht klargeworden. »Sie hat womöglich eine starke Vermutung, aber ich glaube nicht, dass sie sich sicher ist. Und sie wird mir nicht sagen, was sie vermutet.«
    »Behalt sie im Auge«, sagte Frank und nahm wieder einen Schluck von seinem Drink. »Sie ist ein bisschen zu wachsam für meinen Geschmack. Meinst du, sie erzählt es den Jungs?«
    »Nein«, sagte ich. Darüber musste ich nicht lange nachdenken. »Ich hab den Eindruck, Abby ist gut darin, sich um ihren eigenen Kram zu kümmern und andere Leute in Ruhe ihre eigenen Dramen ausleben zu lassen. Sie hat das Baby zur Sprache gebracht, damit ich nicht allein damit klarkommen muss, wenn ich nicht will, aber sobald sie das signalisiert hatte, war sie auch schon wieder weg – keine Andeutungen, kein Nachbohren. Sie wird nichts sagen. Und Frank – hast du vor, die vier noch mal zu vernehmen?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Frank. Seine Stimme hatte einen argwöhnischen Beiklang. Er lässt sich nicht gern festnageln. »Wieso?«
    »Falls ja, erwähn das Baby nicht. Okay? Damit will ich sie selbst überraschen. Bei dir sind sie auf der Hut. Du würdest nur ihre halbe Reaktion kriegen. Ich kriege die ganze.«
    »Meinetwegen«, sagte Frank nach einem Augenblick. Es sollte so klingen, als würde er mir einen Gefallen tun, aber der zufriedene Unterton entging mir nicht: Er mochte die Art, wie ich dachte. Schön zu wissen, dass das wenigstens einer tat. »Aber warte einen günstigen Zeitpunkt ab. Wenn sie betrunken sind oder so.«
    »Sie sind eigentlich nie richtig betrunken, bloß beschwipst. Ich werde den günstigen Zeitpunkt schon erkennen, wenn er da ist.«
    »In Ordnung. Aber noch mal: Pass auf. Das mit dem Baby ist eine Sache, die Abby für sich behalten hat, und nicht bloß uns gegenüber – sie hat sie auch vor Lexie geheim gehalten, und sie hält sie noch immer vor den Jungs geheim. Wir reden die ganze Zeit über die vier, als wären sie eine große Einheit mit einem einzigen großen Geheimnis, aber so einfach ist das nicht. Da gibt es Risse. Kann sein, dass sie alle ein und dasselbe Geheimnis hüten, kann sein, dass jeder von ihnen ein eigenes Geheimnis hat, oder beides. Such nach den Rissen. Und halt mich auf dem Laufenden.«
    Er wollte schon auflegen. »Irgendwas Neues über unsere Unbekannte?«, fragte ich. May-Ruth. Irgendwie konnte ich den Namen nicht aussprechen. Schon sie zur Sprache zu bringen fühlte sich jetzt seltsam an, wie ein Stromstoß. Aber wenn er noch irgendetwas über sie herausgefunden hatte, wollte ich es wissen.
    Frank schnaubte. »Schon mal versucht, dem FBI Beine zu machen? Die haben da ganze Wagenladungen von hausgemachten Monsterkillern. Der kleine Mordfall von jemand anderem steht nicht gerade ganz oben auf ihrer Liste. Vergiss die. Die melden sich, wenn sie sich melden.

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