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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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heißt es, auf zum Whitethorn House, mit ein paar Backsteinen oder einer Dose Sprühfarbe oder was sie gerade zur Hand haben. Die Lebensweise des alten Simon kam ihnen wunderbar entgegen: Um halb zwölf war der meistens entweder bewusstlos – das sind die Berichte ohne Zeitangabe, weil er den Vorfall erst am nächsten Morgen gemeldet hat, als er wieder nüchtern war – oder wenigstens zu betrunken, um ihnen gefährlich zu werden. Bei den ersten beiden Einbrüchen war er zu Hause, im Tiefschlaf, so dass er rein gar nichts mitgekriegt hat. Er kann von Glück sagen, dass er ein gutes Schloss an der Schlafzimmertür hatte, sonst hätte noch Gott weiß was passieren können.«
    »Aber dann sind wir eingezogen«, sagte ich. Eine Sekunde zu spät hörte ich mich selbst – sind sie eingezogen, nicht wir –, aber Sam hatte offenbar nichts gemerkt. »Jetzt sind zwischen halb zwölf und eins fünf Leute hellwach und auf den Beinen. Das Haus zu demolieren macht anscheinend nicht so viel Spaß, wenn drei große starke Jungs einen erwischen und windelweich schlagen könnten.«
    »Und zwei große starke Frauen«, sagte Sam, und wieder hörte ich das Grinsen heraus. »Ich wette, du und Abby, ihr hättet einen ordentlichen Schlag am Leib. Bei der Sache mit dem Stein durchs Fenster wäre das auch fast passiert. Die fünf saßen zusammen im Wohnzimmer, kurz vor Mitternacht, als der Stein in die Küche flog. Sobald sie begriffen, was passiert war, sind alle zur Hintertür raus, um sich den Typen zu schnappen. Aber da sie nicht in der Küche gewesen waren, hatten sie durch die Schrecksekunde Zeit verloren, und ehe sie kapierten, was los war, hatte der Typ längst das Weite gesucht. Da hat er noch mal Schwein gehabt, meint Byrne. Erst fünfundvierzig Minuten später haben sie die Polizei gerufen – und da schäumten sie immer noch vor Wut. Dieser Rafe hat zu Byrne gesagt, wenn er den Burschen je in die Finger kriegt, würde seine eigene Mummy ihn danach nicht wiedererkennen. Lexie meinte, sie würde ihm, ich zitiere, ›so fest in die Eier treten, dass sie ihm im Hals stecken bleiben‹.«
    »Nicht schlecht«, sagte ich.
    Sam lachte. »Ja, hab mir gedacht, dass dir das gefallen wird. Die anderen haben sich derlei Drohungen im Beisein eines Beamten lieber verkniffen, aber Byrne meint, gedacht haben sie es mit Sicherheit. Er hat ihnen dringend davon abgeraten, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, aber er ist sich nicht sicher, ob das richtig bei ihnen angekommen ist.«
    »Verstehen kann ich das«, sagte ich. »So hilfreich waren die Cops ja nun auch wieder nicht. Was ist mit den Schmierereien?«
    »Da waren Lexie und Co. nicht zu Hause. Es war Sonntagabend, und sie waren essen gegangen und anschließend ins Kino. Sie kamen erst kurz nach Mitternacht nach Hause, und da war die Schweinerei schon da, quer über die Hausfassade. Es war das erste Mal seit ihrem Einzug, dass sie so spät nach Hause gekommen waren. Könnte ein Zufall sein, aber das glaube ich nicht. Die Sache mit dem Stein hat dem Vandalen einigen Respekt eingejagt, aber entweder hat er das Haus beobachtet, oder er hat den Wagen durchs Dorf fahren und nicht wiederkommen sehen. Er hat seine Chance erkannt und sie ergriffen.«
    »Du denkst also, das ist doch kein Krieg des ganzen Dorfes gegen das Herrenhaus?«, sagte ich. »Nur die Privatfehde eines Einzelnen?«
    Sam gab einen unverbindlichen Laut von sich. »Nicht unbedingt. Hast du gehört, was passiert ist, als Lexie und Co. mal im Regan’s waren?«
    »Ja, Abby hat erzählt, dass du sie darauf angesprochen hast. Sie hat gesagt, die Leute im Pub hätten ihnen die kalte Schulter gezeigt, aber sie ist nicht ins Detail gegangen.«
    »Das war ein paar Tage nach ihrem Einzug. Alle fünf gehen am Abend in den Pub, setzen sich an einen Tisch, Daniel geht an die Theke, um was zu trinken zu holen, und der Wirt ignoriert ihn. Geschlagene zehn Minuten, keine zwei Meter entfernt, obwohl kaum Gäste da sind, bis Daniel sagt, ›Entschuldigung, ich hätte gern zwei Guinness und … ‹ Der Wirt steht bloß da, poliert ein Glas und guckt Fernsehen. Schließlich gibt Daniel auf, geht zurück zu den anderen, sie beratschlagen leise und kommen zu dem Schluss, dass Onkel Simon vielleicht schon zu oft aus dem Pub geworfen wurde und die Marchs nicht sonderlich beliebt sind. Also schicken sie Abby zur Theke – sie denken sich, sie hat vermutlich bessere Chancen als der Engländer oder der Junge aus dem Norden. Wieder das Gleiche.

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