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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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englischer Herablassung – und hörte ihn kurz und laut nach Luft schnappen, als der Groschen fiel. »Von Grips kann, glaube ich, keine Rede sein«, sagte er gedehnt. »Zu viele Schafe in der Ahnenreihe. Wahrscheinlich hat er uns schon vergessen und ist zu seiner Herde zurückgetrabt.«
    Ein Rascheln, so leise und zu schnell abgebrochen, um es orten zu können. Dann nichts.
    »Na komm, Miezekätzchen«, gurrte ich. »Na komm, Miez, Miez, Miez … «, und dann musste ich kichern.
    »Zu Lebzeiten meines Urgroßvaters«, sagte Daniel kühl, »da wusste unsereins noch, was man mit Bauern macht, die die Nase zu hoch tragen. Ein paar Schläge mit der Pferdepeitsche, und die kapierten wieder, wo sie hingehören.«
    »Aber dein Urgroßvater hat einen Fehler gemacht«, erklärte Rafe. »Die haben sich nämlich damals vermehrt wie die Karnickel. Man hätte ihre Fortpflanzung kontrollieren sollen, macht man ja auch mit anderen Nutzviechern.«
    Wieder dieses Rascheln, lauter. Dann ein ganz kurzes deutliches Klicken, als würden Kieselsteine gegeneinanderstoßen, ganz nah.
    »Nützlich waren sie uns schon«, sagte Daniel. Seine Stimme hatte einen vagen zerstreuten Tonfall, wie wenn er in ein Buch vertieft war und irgendwer ihm eine Frage stellte.
    »Mag ja sein«, sagte Rafe, »aber jetzt sieh dir an, wohin das geführt hat. Die Evolution auf den Kopf gestellt. Das sumpfige Ende des Genpools. Ganze Horden von sabbernden, schwachsinnigen, halslosen, durch Inzucht entstandenen –«
    Etwas brach nur wenige Meter entfernt aus der Hecke, schoss so dicht an mir vorbei, dass ich den Wind auf den Armen spürte, und krachte wie eine Kanonenkugel in Rafe hinein. Er stürzte mit einem Knurren zu Boden und schlug so hart auf, dass die Erde bebte. Für den Bruchteil einer Sekunde hörte ich die Geräusche eines Handgemenges, wild röchelnder Atem, das widerwärtige Klatschen einer Faust, die ihr Ziel fand, dann hechtete ich mitten hinein.
    Wir wälzten uns in einem wirren Haufen, harte Erde unter meiner Schulter, Rafe, der nach Luft schnappte, Haare von irgendwem in meinem Mund, und ein Arm, der sich wie ein Stahlkabel aus meinem Griff wand. Der Kerl roch nach nassem Laub, er war stark und kämpfte mit allen Tricks, Finger, die nach meinen Augen tasteten, Füße, die hochschnellten und versuchten, sich in meinen Bauch zu bohren. Ich schlug zu, hörte jemanden Luft ausstoßen und spürte, dass seine Hand von meinem Gesicht glitt. Dann krachte jemand seitlich in uns hinein, hart wie eine Dampflok: Daniel.
    Sein Gewicht schleuderte uns alle vier in die Büsche, Zweige zerkratzten mir den Nacken, heißer Atem an meinen Wangen und irgendwo der schnelle, gnadenlose Rhythmus von Fäusten, die auf etwas Weiches trafen, wieder und wieder. Es war ein böser, gemeiner, hässlicher Kampf, überall Arme und Beine, Stöße von knochigen Teilen, fürchterliche erstickte Laute wie wilde Hunde, die an ihrer Beute zerren. Es war drei gegen einen, und wir waren genauso wütend wie er, aber die Dunkelheit verschaffte dem Kerl einen Vorteil. Wir konnten nicht sehen, auf wen wir einschlugen. Er dagegen musste sich darum keine Gedanken machen, jeder Schlag, den er landete, war ein guter Schlag. Und er nutzte seinen Vorteil, wand und schlängelte sich, rollte uns alle vier immer wieder herum, so dass wir uns unmöglich orientieren konnten. Ich war benommen und aus der Puste und schlug wie verrückt in die Luft. Ein Körper plumpste auf mich drauf, und ich landete einen Treffer mit dem Ellbogen, hörte einen Schmerzensschrei, der von Rafe hätte sein können.
    Dann griffen die Finger wieder nach meinem Gesicht. Ich streckte die Hand aus, ertastete ein stoppeliges Kinn, bekam einen Arm frei und schlug mit aller Kraft zu. Etwas traf mich in die Rippen, fest, aber es tat nicht weh, nichts tat weh, der Kerl hätte mich aufschlitzen können, und ich hätte nichts gespürt, ich wollte bloß immer weiter zuschlagen. Eine dünne, kühle warnende Stimme irgendwo in meinem Hinterkopf: Ihr könntet ihn umbringen, ihr drei könntet ihn umbringen, aber das war mir egal. Meine Brust war ein großer blendend weißer Aufruhr, und ich sah die letzte verwegene Wölbung von Lexies Hals, ich sah das warme Licht des Wohnzimmers entweiht von diesem gezackten Scherbenregen, ich sah Robs Gesicht, kalt und verschlossen, und ich hätte in alle Ewigkeit weiterdreschen können, ich wollte, dass das Blut dieses Burschen meinen Mund füllte, ich wollte spüren, wie sein Gesicht unter meiner

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