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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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bekommen. Und sie hätte es nicht besser verdient.«
    »Die Leute dachten, das Kind würde ein Wechselbalg?«
    »Achtung, Captain Kirk«, sagte Frank. »Unbekannte Lebensform genau vor uns.« Er bebte vor unterdrücktem Lachen. Ich hätte ihn am liebsten in den Hintern getreten.
    »Ja, das dachten sie«, sagte Naylor kalt. »Und sehen Sie mich nicht so an, Detective. Wir reden hier über meine Urgroßeltern, meine und Ihre. Können Sie schwören, dass Sie nicht dasselbe geglaubt hätten, wenn Sie damals geboren worden wären?«
    »Es waren andere Zeiten«, sagte Sam und nickte.
    »Nicht alle haben das gesagt. Nur ein paar, hauptsächlich die älteren Leute. Aber immerhin so viele, dass es diesem March irgendwann zu Ohren kam, dem Kindsvater. Entweder er hatte das Kind von Anfang an loswerden wollen und nur auf einen Vorwand gewartet, oder er war irgendwie nicht richtig im Kopf. Viele von denen oben im Haus waren immer ein bisschen merkwürdig. Vielleicht hat man ihnen deshalb nachgesagt, sie hätten Umgang mit Trollen. Jedenfalls, er hat es geglaubt. Er dachte, irgendwas würde mit ihm nicht stimmen, irgendwas in seinem Blut würde das Kind zugrunde richten.«
    Sein malträtierter Mund verzog sich. »Also verabredete er sich eines Nachts mit der Frau, vor der Geburt des Babys. Sie ging hin, ganz arglos: Er war schließlich ihr Geliebter. Sie dachte, er wollte Vorkehrungen treffen, damit sie und das Kind versorgt sind. Und stattdessen nahm er einen Strick und knüpfte sie mitsamt ihrem Kind an einem Baum auf. Das ist die wahre Geschichte. Die kennt jeder in Glenskehy. Sie hat sich nicht umgebracht, und es hat sie auch keiner aus dem Dorf umgebracht. Der Kindsvater hat sie umgebracht, weil er Angst vor seinem eigenen Baby hatte.«
    »Diese blöden Dorfdeppen«, sagte Frank. »Ehrlich, fahr raus aus Dublin, und schon bist du in einem fremden Universum. Von so was kann Jerry Springer nur träumen.«
    »Mögen sie in Frieden ruhen«, sagte Sam leise.
    »Ja«, sagte Naylor. »Hoffentlich. Eure Leute haben die Sache als Selbstmord eingestuft, bloß um keinen von den feinen Pinkeln aus dem Herrenhaus einlochen zu müssen. Sie wurde in ungeweihter Erde begraben, sie und das Kind.«
    Vielleicht war es wahr. Jede Version, die wir gehört hatten, könnte die wahre sein, jede oder keine. Nach hundert Jahren war das nicht mehr festzustellen. Entscheidend war, dass Naylor glaubte, was er sagte, jedes Wort. Er verhielt sich nicht wie ein Schuldiger, aber das hatte weniger zu sagen, als man meinen sollte. Er war so von Hass verzehrt – diese schneidende Eindringlichkeit in seiner Stimme –, dass er vielleicht glaubte, nichts Falsches getan zu haben. Mein Herz schlug schnell und schwer. Ich dachte an die anderen, die gesenkten Köpfe in der Bibliothek, die auf meine Rückkehr warteten.
    »Wieso hat mir das keiner im Dorf erzählt?«, fragte Sam.
    »Weil es Sie nichts angeht. Wir wollen nicht, dass man uns so kennt: das verrückte Dorf, wo ein Irrsinniger sein uneheliches Baby umgebracht hat, weil es ein Trollkind geworden wäre. Wir in Glenskehy sind anständige Leute. Wir sind einfache Leute, aber wir sind keine Wilden, und wir sind auch keine Idioten, und wir lassen uns von keinem zur Jahrmarktsattraktion machen, klar? Wir wollen einfach in Ruhe gelassen werden.«
    »Aber irgendwer gibt nun mal keine Ruhe«, stellte Sam fest. »Irgendwer hat BABY-MÖRDER an die Fassade von Whitethorn House gesprüht, zweimal. Irgendwer hat vorgestern Nacht einen Stein durchs Fenster geworfen und sich mit den jungen Leuten geprügelt, als sie ihn verfolgt haben. Irgendwer will dieses Kind nicht in Frieden ruhen lassen.«
    Langes Schweigen. Naylor rutschte auf seinem Stuhl hin und her, berührte seine aufgeplatzte Lippe mit einem Finger und sah nach, ob Blut dran war. Sam wartete.
    »Es ging ja nicht bloß um das Baby«, sagte Naylor schließlich. »Das war schlimm genug, klar. Aber es hat nur gezeigt, wie diese ganze Familie ist. Ihre ganze Art. Ich wusste nicht, wie ich sonst drauf aufmerksam machen sollte.«
    Er war kurz davor, das mit den Schmierereien zuzugeben, aber Sam ging darüber hinweg. Er wollte mehr. »Wie ist sie denn?«, fragte er. Er saß zurückgelehnt da, balancierte seine Tasse auf einem Knie, locker und interessiert, wie ein Mann, der sich auf einen schönen langen Abend in seiner Stammkneipe einrichtet.
    Naylor betupfte sich wieder geistesabwesend die Lippe. Er überlegte angestrengt, suchte nach Worten. »Ihr Detectives habt

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