Totengleich
erzählt.«
Ich spürte, dass er den Kopf drehte. Ich wandte ihm weiter der Rücken zu und brachte den Futon in die Sofaversion. Nach einem Augenblick sprang die Mikrowelle surrend an. »Tja«, sagte Frank. »Wie gewonnen, so zerronnen. Es war bestimmt versichert. Hast du schon mit denen vom DIA gesprochen?«
»Allerdings«, sagte ich. »Die sind gründlich.«
»Haben sie dir schlimm zugesetzt?«
Ich zuckte die Achseln. »Nicht schlimmer als erwartet. Was ist mit dir?«
»Wir hatten schon mal das Vergnügen«, sagte Frank, ohne genauer zu werden. Die Mikrowelle piepste. Er holte die Zuckerdose aus dem Schrank und tat drei Löffel in seinen Kaffee. Frank nimmt sonst nie Zucker. Er kämpfte mit allen Mitteln darum, wach zu bleiben. »Das mit dem Schusswechsel gibt keine Probleme. Ich hab mir die Aufnahmen angehört: drei Schüsse, die ersten beiden ein gutes Stück von dir entfernt – die Computerjungs kriegen noch raus, wie weit genau – und dann der dritte direkt am Mikro, mir ist fast das Trommelfell geplatzt. Und ich hatte auch einen kleinen Plausch mit meinem Kumpel bei der Kriminaltechnik, nachdem die alle Spuren gesichert hatten. Die Flugbahn von einer der Kugeln aus Daniels Revolver ist anscheinend ein hundertprozentiges Spiegelbild von der aus deiner Waffe. Keine Frage: Du hast erst gefeuert, nachdem er direkt auf dich geschossen hatte.«
»Ich weiß«, sagte ich. Ich faltete die Bettwäsche zusammen und warf sie in den Schrank. »Ich war dabei.«
Er lehnte sich gegen die Arbeitsplatte, trank einen Schluck Kaffee und beobachtete mich. »Lass dich von den DIA-Jungs nicht nervös machen.«
»Die Sache war ein Fiasko, Frank«, sagte ich. »Die Medien werden sich draufstürzen, und die hohen Tiere bei uns werden wollen, dass irgendwer den Kopf hinhält.«
»Wofür? Der Schusswechsel war wie aus dem Lehrbuch. Das Haus geht auf Byrne: Er sollte drauf aufpassen, er hat Mist gebaut. Für alles andere haben wir die beste Verteidigung: Es hat funktioniert. Wir haben den Täter überführt, auch wenn wir ihn nicht festnehmen konnten. Solange du dir keine Dummheiten leistest – nicht noch mehr Dummheiten –, müssten wir alle mit einem blauen Auge davonkommen.«
Ich setzte mich aufs Sofa und fand meine Zigaretten. Ich konnte nicht sagen, ob er mich beruhigen oder mir drohen wollte oder vielleicht ein bisschen von beidem. »Was ist mit dir?«, fragte ich vorsichtig. »Wenn du schon mal das Vergnügen mit dem DIA hattest … «
Ein Augenbrauenzucken. »Schön zu wissen, dass du dir Sorgen machst. Außerdem hab ich was in der Hinterhand, falls alle Stricke reißen.«
Die Tonbandaufnahme – meine Missachtung seiner direkten Anweisung, die Operation zu beenden – blitzte zwischen uns auf, so greifbar, als hätte er sie auf den Tisch geworfen. Er wäre damit zwar nicht aus dem Schneider – ein Einsatzleiter sollte seine Truppe im Griff haben –, aber ich würde mit hineingezogen, und wer weiß, vielleicht würde er sich rausmanövrieren können, wenn ein anderer Sündenbock zur Verfügung stand. In dem Augenblick begriff ich erst richtig, dass Frank mir die Schuld für den ganzen Schlamassel in die Schuhe schieben, mir die Karriere versauen könnte, wenn er wollte, und dass er wahrscheinlich das Recht dazu hatte.
Ich sah den winzigen Anflug von Belustigung in seinen blutunterlaufenen Augen: Er wusste, was mir durch den Kopf ging. »Hinterhand?«, sagte ich.
»Hab ich das nicht immer?«, sagte Frank und klang auf einmal müde und alt. »Hör mal, die vom DIA müssen sich ein bisschen wichtig machen, damit sie das Gefühl haben, sie kriegen noch einen hoch, aber sie wollen dir nicht an den Kragen – auch deinem Sammy nicht. Die werden mir ein paar Wochen Unterhaltung bieten, aber am Ende geht alles für uns prima aus.«
Mein jäher Zorn erschreckte mich. Ob Frank nun beschloss, mich den Wölfen zum Fraß vorzuwerfen, oder nicht – und ich wusste, ich würde ihn mit nichts in die eine oder andere Richtung beeinflussen können –, diese Situation war in jeder Hinsicht alles andere prima . »Super«, sagte ich. »Schön zu hören.«
»Warum machst du dann so ein langes Gesicht?«
Ich hätte ihm fast das Feuerzeug an den Kopf geworfen. »Herrgott, Frank! Ich habe Daniel getötet. Ich hab unter seinem Dach gelebt, ich habe neben ihm an seinem Tisch gesessen, ich habe sein Essen gegessen« – ich sagte nicht: Ich habe ihn geküsst –, »und dann hab ich ihn getötet. Jeden Tag, den er noch hätte leben
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