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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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und Rob jedes Mal ans Schienbein treten könnte, wenn O'Kelly eine Floskel zum Besten gab, anstatt hier wie ein Depp zu stehen und Leuten meine Ohren zu zeigen und das Beben in meiner Stimme zu unterdrücken, während wir erörterten, ob mir der BH einer Toten passen würde.
    »Eine nagelneue Garderobe«, sagte Frank grinsend zu mir. »Da soll noch mal einer behaupten, in diesem Job gäb’s keine Vergünstigungen.«
    »Die hat sie auch nötig«, sagte O'Kelly bissig.
    Frank wandte sich jetzt dem Ganzkörperfoto zu, fuhr mit einem Finger von den Schultern zu den Füßen, wobei er immer wieder auf mich schaute. »Die Statur ist insgesamt gut, plus minus die paar Pfunde.« Sein Finger erzeugte ein langgezogenes Quietschen. Sam nahm jäh auf seinem Stuhl eine andere Haltung an. »Schulterbreite sieht gut aus, Verhältnis Taille zur Hüfte sieht gut aus – wir können vorsichtshalber nachmessen, aber der Gewichtsunterschied gibt uns hier ein bisschen Spielraum. Beinlänge sieht gut aus.«
    Er tippte auf die Nahaufnahme. »Die hier sind wichtig. Leute achten auf Hände. Können wir deine mal sehen, Cassie?«
    Ich hielt ihm die Hände hin, als wollte er mir Handschellen anlegen. Ich konnte mich nicht durchringen, das Foto anzuschauen. Ich konnte kaum atmen. Auf diese eine Frage konnte Frank die Antwort nicht schon wissen. Vielleicht war es das: der entscheidende Unterschied, der mich von der Toten trennen, die Verbindung mit einem einzigen harten Schlag kappen und mich nach Hause gehen lassen würde.
    »Das hier«, sagte Frank anerkennend, nach einem langen Blick, »sind vielleicht die hübschesten Hände, die ich je gesehen habe.«
    »Bemerkenswert«, sagte Cooper genüsslich, während er sich vorbeugte, um mich und die große Unbekannte über seine Brille hinweg zu beäugen. »Die Wahrscheinlichkeit steht mindestens eins zu einer Million.«
    »Sieht jemand irgendwelche Unterschiede?«, fragte Frank in den Raum.
    Niemand sagte etwas. Sams Kiefermuskulatur war angespannt.
    »Gentlemen«, sagte Frank mit einer effektvollen Armbewegung, »wir haben eine Übereinstimmung.«
    »Was nicht unbedingt bedeutet, dass wir was damit anfangen müssen«, sagte Sam.
    O'Kelly klatschte sarkastisch langsam. »Gratulation, Mackey. Das gibt einen tollen Partytrick ab. Wo wir jetzt alle wissen, wie Maddox aussieht, könnten wir da wieder auf den Fall zurückkommen?«
    »Und kann ich aufhören, hier rumzustehen?«, fragte ich. Meine Beine zitterten, als wäre ich gerannt, und ich war stinksauer auf alle im Raum, mich eingeschlossen. »Es sei denn, du brauchst mich noch als Inspiration.«
    »Ja klar, kannst du«, sagte Frank und nahm einen Marker für die Tafel. »Also, wir haben Folgendes. Alexandra Janet Madison, genannt Lexie, wurde laut Geburtsurkunde am ersten März 1979 in Dublin geboren, und ich muss es wissen, schließlich hab ich die Urkunde selbst ausgestellt. Im Oktober 2000« – er begann, den Ablauf zu skizzieren, schnelle gerade Striche – »fing sie als Doktorandin in Psychologie am UCD an. Im Mai 2001 brach sie das Studium wegen stressbedingter Krankheit ab und fuhr zur Erholung zu ihren Eltern nach Kanada, und das hätte normalerweise das Aus ihrer –«
    »Moment mal. Du hast mir einen Nervenzusammenbruch angehängt?«, fragte ich.
    »Deine Dissertation war eine Nummer zu groß für dich«, erwiderte Frank grinsend. »Die akademische Welt ist alt, aber zäh. Das war dir alles zu viel geworden, du wolltest nicht mehr. Irgendwie musste ich dich ja loswerden.«
    Ich lehnte mich wieder gegen meine Wand und schnitt ihm eine Grimasse. Er zwinkerte mir zu. Er hatte der Unbekannten direkt in die Hände gearbeitet, lange bevor sie überhaupt auf der Bildfläche erschien. Jeder Schnitzer, der ihr unterlief, nachdem sie einen alten Bekannten wiedergetroffen hatte und anfing, nach Infos zu fischen, jedes unpassende Stocken, jede Zurückhaltung, sich erneut zu treffen: Na ja, sie hatte ja schließlich einen Nervenzusammenbruch …
    »Im Februar 2002 allerdings«, sagte Frank und tauschte den blauen Marker gegen einen roten, »ist Alexandra Madison wieder da. Sie erschleicht sich mit Hilfe ihrer UCD-Unterlagen den Zugang ans Trinity, um in Anglistik zu promovieren. Wir haben keinen Schimmer, wer die Frau eigentlich ist, was sie vorher gemacht hat oder wie sie an die Identität von Lexie Madison gelangt ist. Wir haben ihre Fingerabdrücke durch den Computer laufen lassen: Sie ist nicht erfasst.«
    »Ihr solltet die Suche erweitern«,

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