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Totengleich

Totengleich

Titel: Totengleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tana French
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sagte ich. »Könnte gut sein, dass sie keine Irin ist.«
    Frank blickte mich scharf an. »Wieso?«
    »Wenn Iren sich verstecken wollen, bleiben sie nicht hier. Sie gehen ins Ausland. Wenn sie Irin gewesen wäre, hätte ihr binnen einer Woche jemand aus dem Bingoclub ihrer Mutter über den Weg laufen können.«
    »Nicht unbedingt. Sie hat ziemlich abgeschieden gelebt.«
    »Außerdem«, sagte ich mit bemüht ruhiger Stimme, »schlage ich nach der französischen Seite. Kein Mensch hält mich für eine Irin, bis ich den Mund aufmache. Wenn ich mein Aussehen nicht von hier habe, dann sie wahrscheinlich auch nicht.«
    »Na toll«, sagte O'Kelly düster. »Undercover, DHG, Einwanderungsbehörde, die Briten, Interpol, das FBI. Will vielleicht sonst noch jemand mitmachen? Der irische Landfrauenverband? Die Caritas?«
    »Besteht die Chance, sie anhand der Zähne zu identifizieren?«, fragte Sam. »Oder wenigstens das Land? Kann man nicht feststellen, wo irgendwelche Zahnbehandlungen vorgenommen wurden?«
    »Die fragliche junge Frau hatte erstklassige Zähne«, sagte Cooper. »Ich bin natürlich kein Spezialist auf dem Gebiet, aber sie hatte keine Füllungen, Kronen, Zahnlücken oder Sonstiges, was sich zur Identifizierung eignen würde.«
    Frank blickte mich mit einer fragend hochgezogenen Augenbraue an. Ich schenkte ihm meinen besten verwirrten Blick.
    »Die beiden unteren Vorderzähne überlappen einander leicht«, sagte Cooper, »und ein oberer Backenzahn ist deutlich schief gewachsen, was darauf schließen lässt, dass sie als Kind nicht beim Kieferorthopäden war. Ich würde sagen, die Möglichkeit einer dentalen Identifizierung tendiert praktisch gegen null.« Sam schüttelte den Kopf, frustriert, und widmete sich wieder seinem Notizbuch.
    Frank beäugte mich noch immer, und es ging mir auf die Nerven. Ich stieß mich von der Wand ab, machte den Mund weit auf und deutete auf meine Zähne. Cooper und O'Kelly betrachteten mich mit einem identischen erschrockenen Blick.
    » Nein , ich habe keine Füllungen«, sagte ich zu Frank. »Siehst du? Nicht dass es überhaupt eine Rolle spielt.«
    »Braves Mädchen«, sagte Frank anerkennend. »Schön weiter Zähne putzen.«
    »Wirklich nett, Maddox«, sagte O'Kelly. »Danke für die Information. Also, im Herbst 2002 fängt Alexandra Madison am Trinity an, und im April 2005 wird sie außerhalb von Glenskehy tot aufgefunden. Wissen wir, was sie in der Zeit dazwischen gemacht hat?«
    Sam hob den Kopf und sah auf, legte seinen Stift hin. »Überwiegend an ihrer Dissertation gearbeitet«, sagte er. »Irgendwas über Schriftstellerinnen und Pseudonyme, hab ich nicht richtig verstanden. Sie war sehr gut, sagt ihr Doktorvater – ein bisschen hinter dem Zeitplan, aber was sie vorgelegt hat, war gut. Bis September wohnte sie in einem möblierten Zimmer in einer Seitenstraße der South Circular Road. Finanziert hat sie sich mit Studentendarlehen, Stipendien und durch Jobs an der anglistischen Fakultät und im Caffeine, in der Stadt. Sie war polizeilich nicht erfasst, hatte keine Schulden bis auf das Darlehen für die Studiengebühren, keine verdächtigen Kontobewegungen, keine Suchtkrankheiten, keinen Freund oder Exfreund« – Cooper hob eine Augenbraue –, »keine Feinde und keine Streitigkeiten in jüngster Zeit.«
    »Also kein Motiv«, sagte Frank nachdenklich mit dem Gesicht zur Tafel, »und keine Verdächtigen.«
    »Kontakt hatte sie hauptsächlich«, fuhr Sam ruhig fort, »zu einer Gruppe anderer Doktoranden: Daniel March, Abigail Stone, Justin Mannering und Raphael Hyland.«
    »Verdammt alberner Name«, sagte O'Kelly. »Schwuchtel oder Brite?« Cooper schloss ganz kurz angewidert die Augen, wie eine Katze.
    »Er ist halber Engländer«, sagte Sam; O'Kelly gab ein knappes selbstgefälliges Knurren von sich. »Daniel hat zwei Strafzettel wegen zu schnellen Fahrens, Justin einen, abgesehen davon sind sie alle blitzsauber. Sie wissen nicht, dass Lexie einen falschen Namen benutzte – oder falls doch, haben sie jedenfalls nichts gesagt. Sie meinten, sie hätte sich mit ihrer Familie zerstritten und würde nicht gern über ihre Vergangenheit sprechen. Sie wissen nicht mal, woher sie stammt. Abby glaubt, womöglich aus Galway, Justin glaubt aus Dublin, Daniel hat mich abfällig angesehen und gesagt, das sei für ihn ›eigentlich nicht von Interesse‹. Was Lexies Familie angeht, ist es das gleiche Bild. Justin meint, ihre Eltern sind tot, Rafe sagt geschieden, Abby sagt, sie sei ein

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