Totengrund
Ohnmacht.«
»War dafür auch dieses Pestizid verantwortlich?«
»Das war damals eine Hypothese«, erläuterte Maura. »Für die Obduktion legten die Rechtsmediziner Schutzanzüge und Atemmasken an. Es gelang ihnen allerdings nicht, den Giftstoff zu identifizieren. Aber ein Detail ist dennoch interessant: Die Ärzte und Schwestern, die zusammenbrachen, nachdem sie die Patientin behandelt hatten, wurden durch intravenöse Gaben von Atropin reanimiert.«
»Das gleiche Mittel, das Gruber gerettet hat.«
»Richtig.«
»Sagen Sie«, fragte Pasternak, »wie sicher sind Sie, dass wir es tatsächlich mit diesem Phosphorsäure-Zeugs zu tun haben?«
»Es muss noch durch die toxikologische Untersuchung bestätigt werden. Aber das klinische Bild ist klassisch. Gruber hat auf Atropin reagiert. Und eine sofort durchgeführte Blutuntersuchung zeigte einen signifikanten Abfall der Cholinesterase-Aktivität. Auch das passt zu einer Phosphorsäureester-Vergiftung.«
»Reicht das aus, um jegliche Zweifel auszuräumen?«
»Fast.« Maura blickte in die Runde und fragte sich, wie viele von diesen Menschen, abgesehen von Jane, tatsächlich bereit waren, ihr zu glauben. Es war erst wenige Tage her, dass sie verdächtigt worden war, etwas mit dem Tod von Deputy Martineau zu tun zu haben. Sicherlich waren die Zweifel in den Köpfen dieser Leute noch nicht vollständig ausgeräumt, wenngleich niemand sie laut aussprach. »Die Menschen, die in Kingdom Come gelebt haben, sind höchstwahrscheinlich durch ein Pestizid aus der Klasse der Phosphorsäureester ums Leben gekommen«, sagte sie. »Die Frage ist: War es ein Massenselbstmord, ein Massenmord oder ein Unfall?«
Ein skeptisches Schnauben von Cathy Weiss war die Reaktion. Die Sozialarbeiterin hatte in der Ecke gesessen, als sei ihr bewusst, dass sie nicht voll und ganz als Mitglied des Teams akzeptiert wurde, auch wenn Detective Pasternak sie eingeladen hatte, an der Besprechung teilzunehmen.
»Ein Unfall?«, sagte Cathy. »Einundvierzig Menschen sind tot, weil ihnen befohlen wurde, Pflanzenschutzmittel zu trinken. Wenn der Prophet seinen Anhängern befiehlt, zu springen, fragen sie allenfalls noch nach: Wie hoch, Sir? «
»Es ist aber auch möglich, dass jemand ihr Brunnenwasser damit vergiftet hat«, meinte Dr. Draper. »Dann wäre es Mord.«
»Ob Mord oder Massenselbstmord, ich habe keinen Zweifel, dass es die Entscheidung des Propheten war«, beharrte Cathy.
»Jeder könnte das Wasser vergiftet haben«, gab Fahey zu bedenken. »Es könnte ein verärgerter Anhänger gewesen sein. Verdammt, vielleicht war’s ja auch dieser Perkins-Junge.«
»Das würde er niemals tun«, sagte Maura.
»Sie haben ihn aus dem Tal verbannt, oder nicht? Er hatte allen Grund, sich an ihnen zu rächen.«
»Ach ja?«, entgegnete Cathy, die gar nicht erst versuchte, ihre Verachtung für Fahey zu verbergen. »Und dann schleift dieser sechzehnjährige Junge ganz allein einundvierzig Leichen auf das Feld hinaus und vergräbt sie mit einem Bulldozer?« Sie lachte höhnisch.
Faheys Blick ging zwischen Maura und Cathy hin und her, und er schnaubte abschätzig. »Die Damen haben offenbar keine Ahnung, wozu sechzehnjährige Jungen so fähig sind.«
»Ich weiß, wozu Jeremiah Goode fähig ist«, gab Cathy prompt zurück.
Das Klingeln von Pasternaks Handy unterbrach die Debatte. Er warf einen Blick auf die Nummer und stand sofort auf. »Entschuldigen Sie mich«, sagte er und verließ den Raum.
Einen Moment lang war es ganz still, während die Anspannung des jüngsten Wortwechsels noch in der Luft hing.
Dann sagte Jane: »Wer immer es getan hat, muss irgendwie an das Pestizid herangekommen sein. Es muss einen Nachweis über den Kauf geben. Zumal, da wir von einer Menge reden, die ausreichte, um ein ganzes Dorf auszulöschen.«
»Die Gemeinde von Plain of Angels in Idaho hat ihre eigenen Lebensmittel angebaut«, sagte Cathy. »Es ist eine komplett autarke Gemeinschaft. Das macht es wahrscheinlich, dass sie auch einen Vorrat an Pestiziden für ihre Felder hatten.«
»Das beweist aber nicht ihre Schuld«, meinte Fahey.
»Sie haben das Gift. Sie haben Zugang zu Kingdom Come und seiner Wasserversorgung.«
»Ich sehe da immer noch kein Motiv. Keinen Grund, weshalb Jeremiah Goode den Tod von einundvierzig seiner Anhänger wünschen sollte.«
»Wenn Sie ein Motiv wollen, müssen Sie ihn fragen«, sagte Cathy scharf.
»Na, wunderbar – sagen Sie uns, wo wir ihn finden, dann fragen wir ihn gerne.«
»Das ist
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