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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Milligramm«, wies er an.
    »Und Sie müssen den Obduktionssaal hermetisch verschließen«, sagte Maura. »Wir sollten alle hinaus auf den Flur gehen, möglichst weit weg von diesem Raum. Sie müssen einen Gefahrstofftrupp rufen.«
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte Jane.
    Maura wandte sich zu ihr um, und diese eine plötzliche Bewegung bewirkte, dass sich das ganze Zimmer um sie drehte. »Dieser Raum ist chemisch verseucht.«
    »Aber die Anzeige des Sensors war doch negativ.«
    »Negativ für die Stoffe, auf die er anspricht. Aber das ist es nicht, was Gruber vergiftet hat.«
    »Dann weißt du also, was es ist? Du weißt, was all diese Menschen getötet hat?«
    Maura nickte. »Ich weiß genau, woran sie gestorben sind.«

34
    »Phosphorsäureester gehören zu den giftigsten Pestiziden, die in der Agrarindustrie eingesetzt werden«, sagte Maura. »Sie können auf allen möglichen Wegen aufgenommen werden, auch über die Haut und durch Einatmen. Letzteres war wahrscheinlich bei Dr. Gruber im Obduktionssaal der Fall, als er seine Atemschutzmaske abnahm. Zum Glück konnten rechtzeitig die entsprechenden Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, und er wird sich wieder erholen.« Sie sah in die Gesichter der Ärzte und Gesetzeshüter, die sich im Besprechungsraum des Krankenhauses versammelt hatten. Sie musste nicht ausdrücklich hinzufügen, dass sie es gewesen war, die mit ihrer Diagnose Gruber das Leben gerettet hatte. Sie wussten es bereits, und obwohl sie hier die Außenseiterin war, hörte sie einen respektvollen Unterton, wenn sie mit ihr sprachen.
    »Und das allein kann einen umbringen?«, fragte Detective Pasternak. »Wenn man nur die Leiche eines Vergifteten obduziert?«
    »Durchaus, wenn der Obduzierende einer tödlichen Dosis ausgesetzt wird. Die Wirkung der Phosphorsäureester beruht darauf, dass sie ein Enzym hemmen, das einen Neurotransmitter namens Acetylcholin abbaut. Mit der Folge, dass das Acetylcholin sich gefährlich anreichert. Dadurch kommt es zu unkontrollierten Nervenimpulsen im parasympathischen System. Es ist ein wahres Synapsengewitter. Der Patient schwitzt, der Speichelfluss ist erhöht. Er verliert die Kontrolle über Blase und Schließmuskel. Seine Pupillen verengen sich zu winzigen Punkten, und seine Lunge füllt sich mit Flüssigkeit. Schließlich kommt es zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit.«
    »Etwas verstehe ich nicht«, sagte Sheriff Fahey. »Dr. Gruber ist eine halbe Stunde nach Beginn der Obduktion zusammengebrochen. Aber das Bergungsteam des Coroners hat einundvierzig dieser Leichen ausgegraben, sie in Leichensäcke gepackt und in den Hangar eines Flugplatzes transportiert. Keiner dieser Helfer ist im Krankenhaus gelandet.«
    Dr. Draper, der Coroner des Bezirks, meldete sich zu Wort. »Ich muss Ihnen etwas gestehen. Es ist ein Detail, das mir gestern berichtet wurde, dessen Bedeutung mir aber bis jetzt nicht klar war. Vier Mitglieder unseres Bergungsteams sind an Magen-Darm-Grippe erkrankt. Zumindest haben sie es dafür gehalten.«
    »Aber niemand ist zusammengebrochen oder gar gestorben«, sagte Fahey.
    »Wahrscheinlich deswegen, weil sie mit gefrorenen Leichen hantiert haben. Und sie haben Schutzkleidung getragen, zusätzlich zu ihren schweren Wintersachen. Die Leiche im Sektionssaal war die erste, die aufgetaut war.«
    »Würde das einen Unterschied machen?«, fragte Fahey. »Ob die Leiche gefroren oder aufgetaut ist?«
    Alle sahen Maura an, und sie nickte. »Bei höheren Temperaturen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass giftige Verbindungen aerosolieren. Als diese Leiche aufgetaut wurde, begann sie, Gase freizusetzen. Dr. Gruber hat den Prozess vermutlich beschleunigt, als er sie aufschnitt und damit Körperflüssigkeiten und innere Organe freilegte. Er wäre nicht der erste Arzt, der erkrankt ist, nachdem er Toxinen aus dem Körper eines Patienten ausgesetzt war.«
    »Moment mal. Das kommt mir doch irgendwie bekannt vor«, sagte Jane. »Gab es nicht mal in Kalifornien einen ganz ähnlichen Fall?«
    »Du denkst wahrscheinlich an den Fall Gloria Ramirez Mitte der Neunzigerjahre«, antwortete Maura. »Er war damals das Tagesgespräch auf Rechtsmedizinerkongressen.«
    »Was ist da passiert?«, fragte Pasternak.
    »Gloria Ramirez war eine Krebspatientin, die mit Unterleibsschmerzen in die Notaufnahme eingeliefert wurde. Sie erlitt einen Herzstillstand. Die Ärzte und Schwestern, die sie behandelten, begannen sich nach einer Weile unwohl zu fühlen, und einige fielen in

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