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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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an. »Aber was ist, wenn sie nicht kommen, um uns zu retten?«
    Doug schüttelte sich, als wollte er sich von dem düsteren Bann losreißen, den ihre Worte heraufbeschworen hatten. »Wir sprechen hier von einem ganzen Dorf, das verschwunden ist, Maura«, sagte er. »Zwölf Häuser, zwölf Familien. Wenn so vielen Menschen etwas zugestoßen ist, lässt sich das unmöglich verbergen.«
    »In diesem Tal schon. Hier kann man alles Mögliche verbergen.« Sie blickte sich in dem dunklen Flur um, dachte an all das, was jenseits des Lichtkegels der Laterne lauern mochte, und hüllte sich enger in ihre Jacke. »Wir können hier nicht bleiben.«
    »Du bist doch diejenige, die immer der Ansicht war, dass wir auf Rettung warten sollten. Das hast du noch heute Morgen gesagt.«
    »Seit heute Morgen ist alles immer noch schlimmer geworden.«
    »Ich versuche, uns hier rauszubekommen. Ich tue mein Bestes.«
    »Ich habe auch nie etwas anderes behauptet.«
    »Aber das ist es, was du denkst, oder? Dass alles meine Schuld ist. Das denkt ihr doch alle.« Er seufzte laut und drehte sich um. »Ich verspreche, ich werde einen Weg finden, wie wir hier rauskommen.«
    »Ich mache dir keine Vorwürfe.«
    Im Halbdunkel sah sie ihn den Kopf schütteln. »Das solltest du aber.«
    »Es ist einfach alles schiefgegangen – das konnte kein Mensch vorhersehen.«
    »Und jetzt sitzen wir in der Falle, und Arlo wird wahrscheinlich sein Bein verlieren. Wenn nicht noch mehr.« Er wandte ihr immer noch den Rücken zu, als könne er es nicht ertragen, ihr in die Augen zu sehen. »Es tut mir leid, dass ich dich überredet habe, mitzukommen. Das ist ganz bestimmt nicht das, was ich mir erhofft hatte von einem Ausflug, bei dem du dabei bist. Gerade weil du dabei bist.« Er drehte sich um und sah sie an, und der Schein der Lampe ließ die Schatten in seinem Gesicht tiefer wirken. Das war nicht der gleiche Mann, der ihr im Restaurant mit leuchtenden Augen gegenübergesessen hatte; nicht der gleiche Mann, der so forsch-fröhlich vom Vertrauen in das Universum gesprochen hatte.
    »Ich habe dich heute gebraucht, Maura«, sagte er. »Es ist vielleicht egoistisch, aber um meinetwillen und auch um Arlos willen bin ich froh, dass du hier bist.«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Das kann ich von mir nicht direkt behaupten.«
    »Nein, ich bin ziemlich sicher, dass du in diesem Moment überall lieber wärst als hier. Zum Beispiel in dem Flieger, der dich nach Hause bringen sollte.«
    Zu Daniel. Inzwischen musste ihre Maschine gelandet sein, und er würde wissen, dass sie nicht unter den Passagieren war. War er außer sich vor Sorge? Oder glaubte er, dass dies ihre Art sei, ihn für all den Kummer zu bestrafen, den er ihr bereitet hatte? Du kennst mich doch gut genug. Wenn du mich liebst, dann wirst du wissen, dass ich in Schwierigkeiten bin.
    Sie verließen das blutverschmierte Treppenhaus, gingen zurück durch das düstere Eingangszimmer und traten ins Freie, in die von Mond und Sternen beschienene Winterlandschaft. Im Fenster des Hauses, in dem die anderen jetzt schliefen, konnten sie den Schein des Kaminfeuers sehen.
    »Ich bin es satt, immer die Verantwortung zu übernehmen«, sagte er, den Blick auf das erleuchtete Fenster gerichtet. »Satt, immer den Anführer spielen zu müssen. Aber sie erwarten es von mir. Wenn etwas schiefgeht, jammert Arlo nur herum, aber er käme nie auf die Idee, selbst das Kommando zu übernehmen. Er hält sich lieber im Hintergrund und kritisiert, was ich tue.«
    »Und Elaine?«
    »Du hast sie doch erlebt. Von ihr hört man immer nur: Entscheide du, Doug. «
    »Das ist so, weil sie in dich verliebt ist.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nie etwas gemerkt. Wir waren Freunde, nichts weiter.«
    »Sie empfindet aber mehr. Und Arlo weiß das.«
    »Ich habe ihr nie Hoffnungen gemacht, Maura. Das würde ich ihm niemals antun.« Er sah sie jetzt direkt an, und im Licht der Laterne wirkten seine Züge schärfer, härter. »Du bist die Frau, die ich wollte.« Er streckte die Hand aus und berührte ihren Arm. Nur ganz leicht streiften seine Finger ihren Ärmel, eine stumme Einladung, die ihr sagte, dass sie den nächsten Schritt tun sollte.
    Sie wich zurück, entzog sich ihm demonstrativ. »Wir sollten zu Arlo zurückgehen.«
    »Dann ist da also nichts zwischen uns?«
    »Da war nie etwas.«
    »Warum hast du meine Einladung angenommen? Warum bist du mit uns gekommen?«
    »Du hast mich in einem ganz bestimmten Moment erwischt, Doug. In einem

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