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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Moment, als ich einfach das Bedürfnis hatte, etwas Verrücktes, Spontanes zu tun.« Sie blinzelte die Tränen weg, die das Laternenlicht vor ihren Augen zu einem goldenen Nebel verschwimmen ließen. »Es war ein Fehler.«
    »Es ging also gar nicht um mich.«
    »Nein, es ging um jemand anderen.«
    »Du meinst den Mann, von dem du beim Essen gesprochen hast. Den Mann, den du nicht haben kannst.«
    »Ja.«
    »An dieser Situation hat sich nichts geändert, Maura.«
    »Aber ich habe mich geändert«, sagte sie und ließ ihn stehen.
    Als sie ins Haus trat, sah sie, dass die anderen alle noch schliefen und das Feuer fast bis auf die Glut heruntergebrannt war. Sie legte ein Scheit nach und blieb vor dem Kamin stehen, während die Flammen zischend aufloderten und das Holz knackte. Hinter sich hörte sie Doug hereinkommen und die Tür schließen, und sie sah die Flammen in dem plötzlichen kalten Luftstrom erzittern.
    Arlo schlug die Augen auf und flüsterte: »Wasser. Bitte, Wasser.«
    »Aber klar doch, Alter«, sagte Doug. Er kniete sich neben Arlo und hielt seinen Kopf, während er ihm den Becher an die Lippen führte. Arlo trank ein paar Schlucke, so gierig, dass ihm die Hälfte des Wassers übers Kinn lief. Als er genug hatte, sank er matt auf sein Kissen zurück.
    »Was kann ich dir noch bringen? Hast du Hunger?«, fragte Doug.
    »Kalt. Es ist so kalt.«
    Doug nahm eine Decke vom Sofa und breitete sie behutsam über seinen Freund. »Wir bringen das Feuer wieder in Gang, dann wirst du dich besser fühlen.«
    »Hab geträumt«, murmelte Arlo. »So merkwürdige Träume. Da waren diese ganzen Leute hier im Zimmer, die haben mich angeschaut. Haben da gestanden und geschaut. Als würden sie auf irgendetwas warten.«
    »Von Betäubungsmitteln kann man schon mal Albträume bekommen.«
    »Es sind eigentlich keine Albträume. Sie sind nur sehr merkwürdig. Vielleicht sind es Engel. Engel in komischen Klamotten, wie der Mann auf dem Bild.« Er richtete seine eingesunkenen Augen auf Maura, doch er schien gar nicht sie anzusehen. Sein Blick ging an ihrer Schulter vorbei, als sähe er irgendein Wesen, das direkt hinter ihr stand. »Oder vielleicht sind es Geister«, flüsterte er.
    Wen sieht er an? Sie fuhr herum, doch da war niemand. Nur das Porträt des Mannes mit den kohlschwarzen Augen. Das gleiche Porträt, das in jedem einzelnen Haus in Kingdom Come hing. Im Widerschein der Flammen glühte sein Gesicht, als ob ein heiliges Feuer in ihm loderte.
    » Und er wird die Gerechten um sich sammeln «, zitierte Arlo den Spruch, der auf der Tafel unter dem Porträt stand. »Was, wenn das wahr ist?«
    »Wenn was wahr ist?«, fragte Doug.
    »Vielleicht sind sie alle dorthin verschwunden. Er hat sie um sich gesammelt und ist vorangegangen.«
    »Aus dem Tal, meinst du?«
    »Nein. In den Himmel.«
    Im Kamin knackte ein Holzscheit, laut wie ein Gewehrschuss. Maura dachte an das Stickmustertuch, das sie an der Wand in einem der Schlafzimmer gesehen hatte. An den Spruch: Sei bereit für die Ewigkeit.
    » Es ist doch merkwürdig, findet ihr nicht?«, fuhr Arlo fort. »Dass hier kein Autoradio funktioniert. Wir bekommen keinen einzigen Sender rein, nur statisches Rauschen. Und Handyempfang haben wir auch nicht. Rein gar nichts.«
    »Wir sind hier mitten in der Pampa«, entgegnete Doug. »Und wir sitzen in einem Tal. Deshalb haben wir keinen Empfang.«
    »Bist du sicher, dass es nur das ist?«
    »Was sollte es denn sonst sein?«
    »Was ist, wenn da draußen irgendetwas ganz Schlimmes passiert ist? Das würden wir doch hier gar nicht mitbekommen.«
    »Was denn zum Beispiel? Ein Atomkrieg?«
    »Doug, niemand ist uns suchen gekommen. Findest du das nicht merkwürdig?«
    »Sie haben uns eben noch nicht vermisst.«
    »Oder es liegt daran, dass da draußen niemand mehr ist. Sie sind alle tot.« Arlos eingesunkene Augen erfassten langsam das von flackernden Schatten erfüllte Zimmer. »Ich glaube, ich weiß, wer diese Leute waren, Doug. Die Leute, die hier gewohnt haben. Ich glaube, ich kann ihre Geister sehen. Sie haben auf das Ende der Welt gewartet. Auf die Entrückung. Vielleicht ist das Ende gekommen, und wir wissen es nur noch nicht.«
    Doug lachte. »Glaub mir, Arlo, was immer mit diesen Leuten passiert ist, es war nicht die Entrückung.«
    »Dad?«, kam Grace s leise Stimme aus der Ecke. Sie setzte sich auf und zog die Decke fest um ihre Schultern. »Wovon redet er?«
    »Die Tabletten verwirren ihn, das ist alles.«
    »Was ist die

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