Totengrund
zu holen. Doug und ich haben versucht, die Blutung zu stillen. Aber auf Grace hat niemand geachtet.«
»Die Tasche könnte aus dem Jeep gefallen sein.«
»Ich hab dir doch gesagt, dass ich die Straße von oben bis unten abgesucht habe.«
»Vielleicht ist sie unter dem Schnee begraben worden.«
»Es hat seit zwei Tagen nicht mehr geschneit, und alles ist mit einer Eisschicht bedeckt.« Elaine fuhr jäh hoch, als die Haustür aufging. Sie sah sich in einer eindeutigen Pose ertappt, neben dem leeren Rucksack kniend, dessen Inhalt auf dem Boden verstreut war.
»Was machst du da?«, rief Grace. Sie knallte die Tür zu. »Das sind meine Sachen.«
»Wo ist meine Handtasche, Grace?«, fragte Elaine.
»Wieso suchst du sie in meinem Rucksack?«
»Da sind meine Medikamente drin. Die Flasche Codein. Arlo braucht sie.«
»Und du dachtest, du würdest sie zwischen meinen Sachen finden?«
»Sag mir einfach nur, wo sie ist.«
»Woher soll ich das wissen?« Grace schnappte sich ihren Rucksack und machte sich daran, ihre Habseligkeiten wieder zu verstauen. »Woher weißt du, dass sie sie nicht genommen hat?« Das Mädchen musste keinen Namen nennen; sie wussten alle, dass sie Maura meinte.
»Grace, ich habe dir eine simple Frage gestellt.«
»Du hast nicht mal einen Moment nachgedacht, ob es jemand anders gewesen sein könnte. Du hast einfach angenommen, dass ich es war.«
Elaine seufzte. »Ich bin zu müde, um mich mit dir herumzustreiten. Sag mir einfach, ob du weißt, wo sie ist.«
»Warum sollte ich dir irgendwas sagen? Du würdest mir doch sowieso nicht glauben.« Grace schloss den Rucksack und warf ihn über die Schulter, während sie zur Tür ging. »Es gibt hier noch elf andere Häuser. Ich sehe nicht ein, wieso ich in diesem hier bleiben muss.«
»Grace, wir müssen zusammenhalten«, sagte Maura. »Ich habe deinem Vater versprochen, dass ich auf dich aufpassen werde. Bitte, bleib hier.«
»Warum sollte ich? Ich bin gekommen, um euch zu sagen, was ich gefunden habe, und das Erste, was ich zu hören bekomme, als ich zur Tür reinkomme, ist: Du bist eine Diebin. «
»Das habe ich nicht gesagt!«, protestierte Elaine.
Maura erhob sich und trat ruhig auf das Mädchen zu. »Was hast du gefunden, Grace?«
»Als ob das Sie interessieren würde.«
»Das tut es aber. Ich will wissen, was du gefunden hast.«
Das Mädchen zögerte, hin- und hergerissen zwischen ihrem verletzten Stolz und dem Wunsch, von ihrer Entdeckung zu erzählen. »Es ist draußen«, sagte sie schließlich. »Am Waldrand.«
Maura zog Jacke und Handschuhe an und folgte Grace ins Freie. Der Schnee, zertrampelt und aufgewühlt von ihrem wiederholten Kommen und Gehen, hatte sich mit einer unebenen Eisschicht überzogen, und Maura musste achtgeben, um nicht auszurutschen, als sie mit Grace ums Haus herum und über die verschneite Wiese auf die Bäume zuging.
»Das da habe ich als Erstes gesehen«, sagte das Mädchen und deutete auf den Schnee vor ihnen. »Diese Spuren.«
Es war die Fährte eines Tiers. Ein Kojote, dachte Maura, oder vielleicht ein Wolf. Obwohl die Spuren zum Teil von verwehtem Schnee verdeckt waren, konnte man deutlich erkennen, dass sie schnurgerade auf ihr Haus zuführten.
»Die müssen von letzter Nacht stammen«, meinte Grace. »Oder vielleicht von der Nacht davor. Sie sind nämlich alle mit Eis überzogen.« Grace drehte sich zum Wald um. »Und da ist noch etwas, was ich euch zeigen wollte.«
Grace folgte den Spuren quer über die Wiese zu einer schneebedeckten Erhebung. Es war nur ein kleiner weißer Hügel, dessen Konturen mit der weiten Schneelandschaft zerflossen – einer Landschaft, in der alles weiß war, wo unter der dicken Winterdecke ein Busch nicht von einem Felsen zu unterscheiden war. Erst als sie sich der Erhebung näherten, sah Maura an einer Stelle, wo Grace den Schnee weggewischt hatte, einen Streifen Gelb durchschimmern.
Ein Bulldozer.
»Der steht hier einfach so in der Gegend herum«, sagte Grace. »Als wären sie gerade dabei gewesen, irgendetwas auszugraben, und hätten einfach mittendrin … aufgehört.«
Maura zog die Tür der Fahrerkabine auf und spähte hinein. Es steckte kein Schlüssel im Zündschloss. Wenn sie es irgendwie schafften, den Motor anzulassen, könnten sie vielleicht damit die verschneite Straße hinauffahren. Sie sah Grace an. »Du weißt nicht zufällig, wie man ein Auto kurzschließt?«
»Wenn wir einen Internetzugang hätten, könnten wir es rausfinden.«
»Wenn wir einen
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