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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Geflüster, ihren besorgten Spekulationen. Als Maura die Tür verriegelte und mit einem Stuhl verbarrikadierte, nahm Grace an, es sei wegen der Wölfe. Aber es waren keine vierbeinigen Räuber, vor denen Maura und Elaine sich in dieser Nacht fürchteten.
    »Die Spuren sind frisch«, sagte Maura. »Wenn sie älter als ein oder zwei Tage wären, dann wären sie schon unter Schneeverwehungen verschwunden.«
    »Wieso haben wir keine anderen Spuren gesehen?«
    »Vielleicht ist es ihm gelungen, sie zu verwischen. Oder er beobachtet uns aus der Ferne.«
    »Wir sollen also nicht wissen, dass er da draußen ist.«
    Maura nickte. »Es hat ganz den Anschein.«
    Elaine schauderte und sah zum Kamin. »Aber dafür weiß er mit Sicherheit, dass wir hier sind. Das Licht in unserem Haus dürfte er schon aus einer Meile Entfernung gesehen haben.«
    Maura blickte zum Fenster, in die dunkle Nacht hinaus. »Er beobachtet uns vielleicht in diesem Moment.«
    »Aber vielleicht hast du dich auch geirrt. Vielleicht war es gar kein Schneeschuh.«
    »Es war ein Schneeschuh, Elaine.«
    »Na, ich war ja nicht dabei.« Ihr Lachen hatte einen hysterischen Unterton. »Klingt, als hättest du dir da irgendeine verrückte Lagerfeuer-Geschichte ausgedacht, nur um mir Angst einzujagen.«
    »Das würde ich nie tun.«
    » Sie schon.« Elaine deutete auf Grace, die immer noch friedlich schlummerte. »Und es würde ihr sogar Spaß machen. War das ihre Idee, mir einen Streich zu spielen? Ich finde das nämlich nicht besonders witzig.«
    »Ich sagte dir doch, sie weiß nichts davon. Ich wollte ihr keine Angst machen.«
    »Wenn da draußen wirklich jemand ist, wieso kommt er dann nicht her und stellt sich uns vor? Wieso versteckt er sich im Wald?« Ihre Augen verengten sich. »Weißt du, Maura, mir scheint, dass wir hier draußen alle allmählich ein bisschen verrückt werden. Arlo sieht Gespenster. Ich kann meine Handtasche nicht finden. Und du bist auch nicht gefeit dagegen. Vielleicht haben dich deine Augen getäuscht, und es waren gar keine Spuren von Schneeschuhen. Es gibt keinen geheimnisvollen Unbekannten, der uns vom Wald aus beobachtet.«
    »Da ist noch jemand in diesem Tal. Jemand, der von Anfang an von uns wusste.«
    »Du hast diese Spuren doch erst heute gefunden.«
    »Da gibt es noch etwas, was ich dir nicht erzählt habe. Es passierte in unserer ersten Nacht hier.« Maura sah wieder nach Grace, um sich zu vergewissern, dass das Mädchen immer noch schlief. Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht, und da war eine dünne Schneeschicht auf dem Fußboden. Und ein Schuhabdruck. Offenbar hatte jemand die Tür geöffnet und den Wind hereingelassen. Aber ihr habt alle fest geschlafen. Wer hat also diese Tür aufgemacht, Elaine? Wer ist in dieses Haus eingedrungen?«
    »Das hast du ja nie erwähnt. Warum erzählst du es mir erst jetzt?«
    »Damals hatte ich einfach angenommen, jemand von euch sei in der Nacht vor die Tür gegangen. Am nächsten Morgen war der Fußabdruck verschwunden und der Schnee auch. Ich dachte mir, vielleicht habe ich das alles ja nur geträumt.«
    »So war es wohl auch. Diese ganze Geschichte ist nur ein Produkt deiner krankhaften Fantasie. Und jetzt willst du mir Angst einjagen wegen irgendeines Fußabdrucks im Wald, den du glaubst gesehen zu haben.«
    »Ich erzähle dir das, weil wir beide wachsam sein müssen. Wir müssen die Augen offen halten und auf weitere Anzeichen achten.«
    »Wir sind hier mitten in der Wildnis. Wer soll denn hier noch sein außer uns? Der Yeti vielleicht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wenn er hier im Haus war, wenn er herumgeschlichen ist und uns ausspioniert hat, wieso hat niemand von uns ihn gesehen?«
    »Niemand außer mir«, sagte eine schwache Stimme. »Ich habe ihn gesehen.«
    Maura hatte nicht bemerkt, dass Arlo wach war. Sie drehte sich um und sah, dass er sie und Elaine mit seinen trüben, eingesunkenen Augen beobachtete. Sie trat an sein Lager und flüsterte: »Was hast du gesehen?«
    »Ich hab ’ s euch doch gestern schon gesagt. Ich glaube, es war gestern …« Er schluckte und verzog sogleich vor Schmerzen und Anstrengung das Gesicht. »Gott, ich weiß gar nicht mehr, wie lange es her ist.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass du etwas erwähnt hast«, sagte Elaine.
    »Es war dunkel. Ein Gesicht hat hereingeschaut.«
    »Oh.« Elaine seufzte. »Er redet wieder von diesen Gespenstern. Von den ganzen Leuten, die er immer hier im Zimmer sieht.« Sie

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