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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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war Schwester Coopers Stimme. Er drehte sich um. »Wie geht’s Davey und seiner Großmutter? Kommen sie zurecht?«
    »Die Fürsorge greift ihr unter die Arme. Anscheinend gibt es auch eine Cousine …« Seine Stimmer erstarb.
    Schwester Cooper lächelte dünn, und Jon verließ den Raum. Die Schreie einer Frau folgten ihm bis zum Ende des Flurs.
    Er verließ die Station und ging zum Hauptempfang des Krankenhauses. Dort legte er der Frau hinter dem Schalter diskret seinen Ausweis auf der Resopalplatte vor und fragte, ob es eine Liste der Hausanschlüsse gebe, auf die er einen Blick werfen könne. Sie zog eine Schublade auf und holte ein Klemmbrett mit mehreren A4-Blättern darauf heraus. Er fuhr mit dem Finger die Spalten entlang und suchte nach der Durchwahl 241. Schließlich fand er sie unter der Überschrift »Pförtnerloge«.

2
    P
    lötzlich lag sie auf dem Küchenboden, das rechte Auge halbblind vor Blut, die Wange auf den Kunstmarmor gepresst. Unter dem Herd lag eine Nudel, und sie überlegte, ob die kleine Bürste im Schrank unter der Spüle so weit reichen würde. Er hasste Unordnung. Ihr Gesicht war ein einziger großer Schmerz. Im Wohnzimmer klirrten Flaschen.
    Was ist aus unserer Ehe geworden?, fragte sie sich. Es war einmal eine gute Ehe gewesen. Eine ganz normale Ehe. Wenn wir nur Emily noch hätten. Dann wäre es nie so weit gekommen.
    Langsam kam sie auf die Knie. Ihr Kopf fühlte sich an, als habe sich sein Gewicht verdreifacht. Blut tropfte mit gleichmäßigem Ticken auf den Boden. Sie streckte die Arme aus und umklammerte mit den Fingern den Rand der Spüle, mühsam zog sie sich hoch. Das Spültuch, mit dem sie sich das Blut vom Auge tupfte, roch schwach nach saurer Milch.
    »Löscht Manchester United. Blöde Sau.«
    Gleich würde er wieder über sie herfallen, die Wut vom Alkohol frisch geschürt. Sie öffnete die Schranktür, beugte sich vor und versuchte den Bodenreiniger zu erwischen.
    Sie sah noch ihren Gin, versteckt hinter der Haushaltsbleiche. Dann wurde ihr schwarz vor Augen. Aus dem Wohnzimmer hörte sie, wie eine Flasche auf den Couchtisch geknallt wurde, gefolgt von einem geräuschvollen Atemholen.
    Ja, er soff sich richtig in Rage. Sie wusste, wie der Whisky seine Dämonen befreite, und überlegte sich das mit dem Saubermachen noch einmal. Einer Routine folgend, die sich immer öfter einstellte, holte sie ihre Handtasche vom Kühlschrank herunter und entriegelte die Hintertür.
    Mit unsicheren Schritten wankte sie zu ihrem Wagen und dachte daran, wie alles gekommen war. Wie ihr Leben diese schreckliche Wendung genommen hatte. Nach ein, zwei Gläsern war er schon immer ein wenig ungestüm geworden. Wenn seine Fußballmannschaft ein unnötiges Tor kassierte, flogen schon mal ein paar Sachen durchs Wohnzimmer. Auch im Pub hatte sie hin und wieder erlebt, dass er aggressiv wurde. Doch nie so, dass es anderen Gästen aufgefallen wäre. Nur dumme Kommentare über Gruppen junger oder ausgelassener Leute. Oder Leute, denen es seiner Meinung nach an Respekt mangelte.
    Aber er hatte nie so viel getrunken, dass sie es als Problem erkannt hätte. Das wurde es erst, als es mit seiner Karriere nicht mehr weiterging. Als er bei Beförderungen immer wieder übergangen wurde. Da begann er einen Groll zu entwickeln, eine finstere Wut auf die ganze Welt. Wenn sie versuchte, mit ihm darüber zu reden, warf er ihr nur vor, an ihm herumzunörgeln.
    Sie fuhr gerade rückwärts aus der Einfahrt, da stand er plötzlich in der Haustür. Verblüffung spiegelte sich in seiner Miene. Dann torkelte er über den Rasen und fauchte:
    »Wo willst du hin?«
    Mit zitternden Händen legte sie den ersten Gang ein und stieg aufs Gas. Die Whiskyflasche flog gegen die Heckscheibe.
    Wie immer fuhr sie ziellos durch die Gegend. Hin und wieder sank sie schluchzend auf das Lenkrad. Die Verletzung über dem rechten Auge hatte wieder zu bluten begonnen, und der Taschentuchspender im Handschuhfach war leer. Als sie sich umsah, bemerkte sie, dass sie durch Belle Vue fuhr. Zu ihrer Linken erstrahlten die hellen Lichter einer Bingohalle, und sie fuhr auf den Parkplatz. Sie parkte neben einem leeren Reisebus und ging zum Eingang. Im Foyer stand eine Gruppe älterer Frauen.
    Eine stupste die andere an, und sie beglotzten sie durch die Glasscheibe.
    »Kann ich bitte Ihre Toilette benutzen?«, fragte sie den Mann im roten Mantel an der Tür.
    Er musterte sie von oben bis unten. Eine Frau Ende dreißig mit unordentlichem Haar und blutigem

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