Totenheer (German Edition)
Häuptling“, erklärte Wothar.
„Ihr habt den Boden des Klans der Menor betreten“, rief der Häup t ling. „Welchen Anlass habt ihr dafür?“
„Wir sind lediglich auf der Durchreise“, wiederholte Lark y en.
„Wer bist du?“ fragte der Häuptling plötzlich. „Deine A u gen weisen dich nicht als Mensch aus.“
Kaum hatte Larkyen seinen Namen genannt, ließen die Männer auf einen Wink ihres Häuptlings die Waffen sinken. Er trat auf Larkyen zu. Der Kedanerhengst blieb völlig ruhig und ließ sich von dem Häuptling ohne weiteres die Mähne kraulen.
„Ich bin froh, dass du hier bist“, sagte der Häuptling. „Man nennt mich Alyan, ich bin der Häuptling des Menorklans. Bitte erweise mir die Ehre und widme mir einen Moment deiner Zeit, denn der Druide unseres Klans bat mich, einen Unsterbl i chen zu suchen und ihm zu erzählen, was hier geschehen ist.“
„Sprich, Häuptling.“
„Es ist noch nicht lange her, da geschahen im Hochland sel t same Dinge. Wir vermissten einen Mann und eine Frau, die aufgebrochen waren, um Beeren zu sammeln, doch sie kehrten nicht zurück. Da r aufhin sandten wir eine Gruppe Krieger aus, und diese berichteten bei ihrer Rückkehr von Ungeheuern, die unsere Vermissten geschlachtet hätten wie Vieh. Seitdem mi e den wir das Hochland. Doch vor drei Nächten begann unser Druide eine böse Stimme zu verne h men; er hörte sie im Feuer, im Wasser, in der Erde und in der Luft. Diese Stimme verkü n dete eine sich immer wiederholende Botschaft an ihre Anhä n gerschar. Es hieß, ein großer Plan stünde bevor, die Sonne würde eines Tages untergehen und sich niemals wieder ze i gen, damit das Volk der Nacht die Welt besiedeln könne. Die Städte der Menschen sollten zerstört werden, und das Blut der Me n schen sollte fließen, um die Durstigen zu stillen.“
„Wo ist euer Druide? Ich muss mit ihm sprechen.“
„Unser Druide ist tot“, erklärte der Häuptling, „und er ist ein großer Verlust für unseren Klan. Vor zwei Nächten wachte er auf und schrie wie ein Wahnsinniger. Niemand konnte ihn b e ruhigen, immer wieder rief er den Namen Strygar. Kurz vor Morgengrauen kam er noch einmal zu Sinnen und flehte mich an, ich solle einen Unsterblichen suchen und ihm davon erzä h len. Kurz darauf war er tot; ich glaube er starb aus Angst.“
„Ich bedaure euren Verlust, die Druiden waren ebenso wie die Schamanen stets gute Verbündete der Unsterblichen. Sie sprachen ihre Gebete in den Wind und hörten unsere Antwo r ten.“
„Wer ist dieser Strygar?“ fragte der Häuptling. „Ist er ein finsterer Gott, ein Unsterblicher wie du?“
„Strygar ist der Schöpfer von jenen Ungeheuern, denen eure Vermissten zum Opfer gefallen sind. Doch Strygar wurde ve r nichtet, ich selbst habe es gesehen, und auch andere Unsterbl i che waren Ze u gen.“
„Die Frauen und die Alten unseres Klans haben Angst. Und soviel Angst hatten sie nicht mehr, seitdem während des Kri e ges die Kentaren durch unser Land zogen. Die Kräuterfrauen behaupten sogar, dass all die bösen Erinnerungen an die Kent a ren, die in den Köpfen unserer Alten umherspuken, inmitten des Hochlands zu Fleisch und Blut geworden sind.“
„Geschwätz“, grummelte Larkyen. „Wir haben gegen die Ungeheuer bekämpft und das Hochland von dieser Plage b e freit.“
„Dann bin ich dir und deinem Begleiter zu Dank verpflic h tet. Bitte seid Gast meines Klans, beehrt uns mit eurer Gesel l schaft und ve r bringt die kommende Nacht an unserem Feuer.“
„Wir müssen deine Einladung leider ablehnen, Häuptling. Unser Weg durch euer Land hat einen überaus wichtigen Grund, den wir nicht weiter aufschieben können.“
„Wenn ihr weiterreitet, gelangt ihr zum ewigen Wald. Das ist also euer Weg. Dann gebt gut Acht auf euch, der Wald ist gefährlich.“
Kapitel 7 – Ein Wald so alt wie die Welt
Die Bäume des ewigen Waldes waren gewaltiger als Larkyen es sich vorgestellt hatte und würden selbst die größten Eichen winzig erscheinen lassen. Mächtige Stämme, die wie die Tü r me einer Festung anmuteten, ragten hoch in den Himmel und endeten in dunkelgrünen Kronen aus zypressenähnlichen Blä t tern, die teilweise in Wolkenfetzen und Nebelschleier gehüllt waren. Der Herbst, der sonst überall im Land die Oberhand gewonnen hatte, schien hier ausgeblieben zu sein. Es war a u ßergewöhnlich warm, beinahe sommerlich. Die Wä r me drang einer Aura gleich aus dem Inneren des ewigen Waldes.
Am Waldrand beendeten
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