Totenheer (German Edition)
alle vernichten werde. Ihr dürft nicht existieren.“
„Auch wir haben ein Anrecht auf Leben, und wir haben ein Anrecht darauf, die Welt zu besiedeln wie es alle Völker getan haben.“
„Ihr entvölkert diese Welt – das ist es, was ihr tut. Dein Volk hat im Lande Laskun ganze Landstriche verwüstet. Ta u sende wurden Opfer eurer Blutgier.“
„Fressen und gefressen werden, ist das nicht einfach nur ein Natu r gesetz?“
„Und jetzt bist du meine Beute. Du weißt, dass du sterben wirst, doch wie es geschieht, liegt einzig und allein bei dir. B e antworte meine Fragen, und dir bleibt der Schmerz einer la n gen Folter e r spart.“
Der Strygarer lächelte verwegen, er schien den Tod nicht zu fürc h ten, ebenso wenig wie die Art seines Todes. Larkyen hielt ihn mit beiden Händen fest, sein Griff kam einem Schraubstock gleich, und der Strygarer war außerstande sich zu bewegen.
„Beginne!“ rief Larkyen seinem Gefährten zu. Wothar zog ein Messer aus dem Stiefel und kam der Forderung des U n sterbl i chen nach.
Der Kentare verstand auch dieses grausame Handwerk. O h ne eine Miene zu verziehen, bearbeitete er den Strygarer mit Schnitten und Stichen, die nicht tödlich, dafür umso schmer z hafter waren. Der Strygarer wand sich in Larkyens Armen, se i ne anfänglichen Schreie, die denen eines wilden Tiers ähnelten, verwandelten sich nach einer Weile in ein Wimmern. Durch seine übermenschliche Leibeskraft und Widerstandsfähigkeit hielt er der Folter selbst dann noch stand, als Wothar begann, ihm die Haut abzuziehen. Erst als die Nacht zu Ende ging und die ersten Strahlen der Sonne durch morgendliche Nebe l schwaden brachen, erlosch der Widerstand des Strygarers. Als er endlich zu sprechen begann, schien all seine Kraft, all seine Stärke verschwunden zu sein, und seine Stimme war nicht mehr als ein le i ses Gurgeln.
„Es gab nur diese eine Kolonie, bestehend aus dreiunddre i ßig von uns.“
„Kolonie?“
„Ja, so nennen wir es, eine Ansiedlung von Strygarern. Von hier aus hätten wir uns über ganz Bolwarien verbreitet.“
„Was weißt du über Kolonien in anderen Ländern?“
„Es gibt noch eine in Ken-Tunys, so heißt es. Doch viel mehr weiß ich auch nicht. Von weiteren Ländern ist mir nichts b e kannt.“
„Von wem erhieltst du dieses Wissen?“
„Von meinem Schöpfer.“
„Berichte mir von eurem ersten Zusammentreffen. Wie kam es zu deiner Verwandlung? Ich muss alles wissen.“
„Ich war ein Waldläufer und zog im Grenzgebiet zwischen Bolwarien und Ken-Tunys umher. Vor zwölf Nächten bege g nete ich einem Mann. Er war ganz in Schwarz gekleidet, er war eins mit der Dunkelheit. Nach eigenen Angaben kam er aus dem Osten hierher, er sagte, er hätte mich bereits einige Nächte hindurch beobachtet und entschieden, dass ich auserkoren sei. Dann fragte er, ob ich mir vo r stellen könne, ewig zu leben, und ich antwortete: Ja! Er verwandelte mich durch seinen Biss. E i ne neue Kraft erfüllte mich, befähigte mich, Bäume auszure i ßen und selbst schwerste Felsbrocken durch die Luft zu schleudern. Ich wurde von dem Durst nach Blut heimgesucht und stillte ihn noch in derselben Nacht an einem fahrenden Händler, der nach Kaythan unterwegs war.“
Der Strygarer wand sich erneut, doch diesmal aus einem G e fühl von Panik heraus, er kniff beide Augen fest zusammen, als ihn die Stra h len der Sonne trafen. Ein kurzer Knurrlaut entwich seiner Kehle, deutlich offenbarten sich seine spitzen Eckzähne. Für einen Moment schien er damit zu ringen, die Bestie in se i nem Innersten unter Ko n trolle zu bringen. Erst dann sprach er weiter: „Das Tageslicht wurde fortan mein Feind, und so zog ich mit meinem Schöpfer umher. Wir tranken das Blut von a l len Menschen und Tieren, die unseren Weg kreuzten. Vor sechs Nächten verließ er mich, erteilte mir jedoch zuvor den Auftrag, eine Kolonie zu gründen. Ja, eine Kolonie, so nan n te er es. Ich sollte weise wählen, wen ich verwandelte. Es hieß immer, Krieger, Strategen, Schmiede, Menschen mit besond e ren F ä higkeiten seien erwünscht. Also tötete ich einige meiner nächsten Opfer nicht, sondern verwandelte sie in meinesgle i chen.“
„Wie lautet der Name deines Schöpfers?“
„Seinen Namen hat er mir nie genannt, er stellte sich ledi g lich als der Nächtliche vor.“
„Der Nächtliche“, flüsterte Larkyen, und seine Gedanken bewegten sich zurück zu dem einsamen Gehöft inmitten der Südheide. Zu jenem Gott, von dem es hieß, er
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