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Totenheer (German Edition)

Totenheer (German Edition)

Titel: Totenheer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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Zivilisation, wie er sie nannte, zuweilen auch sinnvoll sein konnten. Besonders wenn es da r um ging, auf friedliche und unauffällige Art Gefälligkeiten zu erlangen.
     
    Auf dem Weg zur Anlagestelle der Wellenbrecher mussten Larkyen und Wothar abermals den Marktplatz überqueren. Da trat ein hagerer alter Mann, in Lumpen gekleidet, an Wothar heran und riss dem Kentaren die Kapuze vom Kopf.
    „Was fällt dir ein?“ knurrte Wothar und hob bereits drohend die Faust.
    Die Augen des alten Mannes weiteten sich, Tränen samme l ten sich darin. Mit zitternden Händen zeigte er immer wieder auf Wothar.
    „Ich erkenne dich, ich erkenne dich wieder, du Mörder!“
    „Du musst mich mit jemand verwechseln, alter Mann.“
    Der alte Mann versuchte sich auf Wothar zu stürzen, doch der Kent a re war nicht nur größer, sondern auch kräftiger als er und stieß ihn einfach mehrere Schritte zurück.
    „Vielleicht hast du mich unter deinen zahlreichen Opfern vergessen. Mein Name ist Athor, aus dem Klan der Balmoral. E r innerst du dich jetzt?“
    Wothar wandte sich ab; er wollte weitergehen, doch der alte Mann hielt ihn erneut fest und diesmal begann er zu schreien: „Du magst mich vergessen haben, ich aber konnte dich nicht vergessen, ebe n sowenig wie die Folter, die ich durch deine Soldaten erleiden mus s te.“ Er riss sein Hemd auf und entblößte einen stark vernarbten Brustkorb. „Nacht für Nacht, wenn ich die Augen schließe, sehe ich dein Gesicht vor mir. Du und de i ne Werwölfe, ihr nahmt mir meine Familie bei der Belagerung von Kaythan. Ich bin der einzige von meinem Klan, der übe r lebte und jetzt kehrst du tatsächlich zurück und spazierst durch unsere Straßen, als hätte es den Krieg nie geg e ben.“
    Inzwischen waren viele Bürger und Durchreisende auf Wothar aufmerksam geworden. Manche waren nur Schaulust i ge, und die jüngeren Bolwaren hielten ihn anfangs für einen Nordländer. Die Ältesten jedoch erkannten ihn wieder und b e richteten den Jüngeren von den Gräueltaten der Kentaren. „T ö tet den kentarischen Hund!“ forderten sie. Die ersten Männer zogen bereits ihre Schwerter.
    Das Geschrei der Menge erregte nun auch die Aufmerksa m keit der Soldaten, die auf den umliegenden Türmen und D ä chern postiert waren. Die militärische Organisation in Kaythan erwies sich als ausgezeichnet, und nur einen Moment später hal l ten bereits die schweren Stiefel eines näherkommenden Trupps auf dem Marktplatz wider. Unter den Leuten brach ein Tumult aus. Larkyen nutze die Gelegenheit und zog sich mit Wothar in eine Seitengasse zurück. Von dort aus beobachteten sie, wie die Soldaten die Menge auseinandertri e ben. Doch die Ältesten verharrten, wo sie standen, und redeten auf die Sold a ten ein. Es hieß, Wothar, der kentarische Schlächter sei z u rückgekehrt. Die Soldaten schienen diesen Namen zu kennen, und rasch bildeten sich mehrere Suchtrupps, denen sich auch Freiwillige anschlossen. Sie schwärmten in das Zentrum der Stadt und zum Ke s sel aus, wo man den kentarischen Schlächter vermutete.
    „Du ziehst zuviel Aufmerksamkeit auf dich“, murmelte La r kyen. „Fast hättest du uns in einen Kampf hineingezogen, und ich hätte es gehasst, gegen diese Leute dort auf dem Marktplatz kämpfen zu müssen.“
    „In Kentar war ich immer stolz auf meine militärischen E r folge, doch außerhalb der Grenzen meines Heimatlandes ve r folgt mich der Krieg auf eine ganz andere Weise. Es ist, als hielte die Welt mir einen Spiegel vor, und was ich darin sehe, gefällt mir nicht immer.“
    Sie waren gezwungen, einen weitläufigen Umweg über mehrere Seitenstraßen zu nehmen, um den Suchtrupps zu en t gehen und fernab des Marktplatzes zur Kaimauer zu gelangen. Der Hafen wurde am späten Nachmittag nur von wenigen So l daten bewacht. Larkyen und Wothar bewegten sich wie Wölfe in der Dämmerung und entgingen allen noch so wachsamen Blicken. Sie gelangten an Bord der Wellenbrecher, wo sich Wothar en d lich in Sicherheit wiegen konnte.
     
    Kapitel 9 – Finsternis
     
    Im Hafen von Kaythan waren die Nächte niemals finster. B e reits kurz vor Dämmerung war in der Spitze des Leuchtturms das gewalt i ge Pechfeuer entzündet worden und brannte nun fast so hell wie eine zweite Sonne.
    Langsam glitt die Wellenbrecher durch das Hafenbecken. Gyland spornte die Ruderer an. Der Schiffsherr hatte diesmal die Position des Steuermanns am Heck eingenommen und m a növrierte das Schiff persönlich hinaus aufs Meer. Auf seinen

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