Totenheer (German Edition)
Nächtliche stieß einen Laut aus, der hoch und kalt die Luft durchschnitt und selbst Glas hätte zerspringen lassen kö n nen. Daraufhin griffen alle Strygarer den Unsterblichen g e meinsam an. Zu viele Griffe und Umklammerungen auf b e grenztem B o den ließen Larkyens Widerstand schnell erlöschen und verhi n derten jegliche weitere Bewegung.
Nun trat der Nächtliche, mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen, beinahe gemächlich auf Larkyen zu, während er ein Schwert mit pechschwarzer Klinge zückte.
„Erst mit einer solchen Waffe werde ich für dich zu einer ernsthaften Gefahr. Ich habe diese Schmiedekunst immer b e wundert – dieses Wissen, die Magie der Runen in den Stahl einzubinden, auf das in ihrem Angesicht Unsterbliche zu Ster b lichen werden.“
„Das Reich Kyaslan wird nicht untätig bleiben“, knurrte Larkyen. „Du beschwörst den Zorn aller Götter herauf!“
„Götter! So dürfen sich nur die mächtigsten und stärksten Geschöpfe der Welt nennen. Lange Zeit seid ihr Kinder der schwarzen Sonne diese Götter gewesen, doch nun gibt es uns Strygarer. Die Götter u n serer Zeit sind nun wir!“
Larkyen hatte sämtliche Aufmerksamkeit der Strygarer auf sich g e lenkt und bemerkte als Einziger, dass am Heck des Schiffes der Herr des grauen Meeres auftauchte. Der pfeilfö r mige Leib hob sich als bleiche Masse von der Dunkelheit ab, lange Te n takel glitten über die Reling hinweg und schlängelten sich über Deck. Der Unsterbliche suchte den Blick der riesigen Augen, die fahl und trüb wie zwei volle Monde schimmerten. Schon einmal hatte er Kontakt zu jenem Wesen aus der Tiefe aufgenommen, jetzt war der Herr des grauen Meeres sein Ve r bündeter. Und noch während das Schwert mit beiden Händen zum Todesstoß gegen Larkyen erhoben wurde, erfasste ein Tentakel den Nächtlichen und schlang sich um dessen Brus t korb. Ri p penknochen knackten, der Nächtliche wurde von den Füßen gerissen und über die Planken gezogen. Im letzten M o ment gelang es ihm, sich an der Reling festzuklammern und mit dem Schwert den Tentakel zu durchtrennen. Der Nächtl i che war verletzt, blutige Rippensplitter ragten aus seiner ze r fetzten Kleidung hervor. Dessen ung e achtet erhob er das Schwert mit beiden Händen und rammte die Klinge bis zum Ansatz in den Leib des Meeresungeheuers. Bläulich grünes Blut sprudelte in einer Fontäne aus der Wunde empor. Refle x artig umschlossen gleich mehrere Tentakel den Nächtlichen zu einer nicht enden wollenden Umklammerung, und abermals e r tönte das Geräusch brechender Knochen. Und noch bevor der Nächtliche von dem Ungeheuer in die Tiefe gezogen wurde, rief er Larkyen in einem gewaltigen Ausbruch von Zorn zu: „Dies ist meine Propheze i ung an dich: Von nun an werden die Nächte länger und finsterer sein, als du es je zuvor erlebt hast, und diese Finsternis wird erfüllt sein vom Rauschen unserer Schwingen. Und du und deinesgleichen, ihr werdet nichts d a gegen tun können.“
Larkyen empfand großes Bedauern über die tödliche Verle t zung se i nes Verbündeten. Die unterirdische Wildnis des grauen Meeres war nun um einen ihrer größten Jäger ärmer geworden.
Die Strygarer handelten weiter im Sinne des Nächtlichen und fielen über Larkyen her. Sie kratzten und bissen und schlugen auf ihn ein. Genüsslich zog Gyland einen Säbel und trieb ihn Larkyen in die Brust. Dann hob der Schiffsherr die Klinge, für einen winzigen M o ment baumelte Larkyen in der Luft, bis der Stahl brach. Der Unster b liche rollte über die Planken. Als er sich erhob, zog er die Säbelspitze aus seinem Leib. Auch diese Wunde verheilte. Jetzt war es Larkyen, der knurrte. Aus dem Stand sprang er den Strygarern entgegen, und Gyland war der erste, den er mit einem Faustschlag zerschmetterte.
Ein ohrenbetäubendes Krachen ertönte, eine schwere E r schütterung ließ die Wellenbrecher taumeln und riss Lakryen und die letzten Strygarer von den Füßen. Planken brachen, ka l tes Meerwasser ergoss sich über das Deck. An der Steuerbor d seite zeichneten sich die Umrisse eines Felsenriffs ab, gegen das die Wellen das Schiff geworfen hatten.
Larkyen musste sich beeilen, den Kedanerhengst unter Deck zu b e freien, bevor dieser ertrank. Er hörte Alvans Wiehern und Schna u ben, er brach die Tür zu einem der Lagerräume auf und führte den Hengst rasch nach draußen. Die Wellenbrecher b e gann bereits zu sinken, ihr Heck verschwand langsam in den dunklen Fluten. Er untersuchte Wothar, der
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