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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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ins Gefängnis wandern. Und zwar für viel länger als nur für die Unterschlagung. Das würde mir gefallen. Das wäre nur gerecht. Das hätte er verdient.
    Doch ich werde nichts in dieser Richtung unternehmen. Penry hat mir geholfen, und das werde ich ihm nicht damit vergelten, indem ich ihn verpetze. Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein. Wir sind beide nicht ohne Sünde. Er nicht und ich auch nicht.
    Manchmal unterhalte ich mich mit Brydon, manchmal schweigen wir auch nur. Wir hatten noch keinen Sex, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Ich will keinen Sex, solange ich noch unter Schock stehe. Wir wollen das nicht. Ich und Brydon. Mein Freund.
    Stattdessen küssen wir uns und kuscheln und reden. Doch dann bemerke ich, dass er sich mehr und mehr abschottet. Wie nach der Beerdigung.
    Ich frage ihn, was los ist. Nichts, sagt er, obwohl ich genau weiß, dass etwas ist. Was es auch ist, es wäre wohl besser, wenn er es sich von der Seele reden würde.
    Tiefes Luftholen. Seufzen. Er steht auf und tigert herum.
    Mr Brydon ist nämlich von der unruhigen Sorte. Wie ein Labrador. Die können auch nicht still sitzen, wenn man sie nicht richtig erzieht. Vielleicht sollte ich ihm einen Gummiknochen zum Spielen besorgen. Und das richtige Futter, damit sein Fell schön glänzt.
    Wir fangen gleichzeitig an zu reden.
    » Hör mal, Fi, ich wollte nicht …«
    » Hattest du einen Hund als Kind?«
    Ich bin die Frau, also hat meine Frage Vorrang.
    » Wir hatten viele Hunde. Schwarze Labradors.«
    » Hattest du einen Lieblingshund?«
    » Du stellst Fragen. Ich hab sie alle gern gemocht, aber wahrscheinlich war Buzz mein Lieblingshund. Den haben wir bekommen, als ich acht oder neun war. Er war mein bester Freund.«
    » Buzz? Buzz.« Ich sage den Namen vor mir her. Er passt. » Ich nenne dich ab jetzt Buzz. Dave gefällt mir nämlich nicht, tut mir leid.«
    » Buzz? Na gut. War ein feiner Kerl.«
    » Also gut, Buzz. Du wolltest mich was fragen?«
    » Ja. Eigentlich keine große Sache, aber es beschäftigt mich einfach. Am Montag, vor der Beerdigung, wollten wir uns doch eigentlich treffen. Du hast gesagt, dass deine Familie zum Essen kommt. Ich hab dich angerufen, wollte fragen, ob ich später vorbeischauen kann. Auf einen Drink oder so. Aber auf dem Festnetz ist niemand rangegangen. Ich war gerade in der Gegend, weil ich mich mit einem alten Freund um die Ecke am Pentwyn Drive getroffen habe. Da bin ich bei dir vorbeigefahren. Das hätte ich nicht tun sollen, ich weiß, aber da war kein Licht, kein Auto. Nichts.
    Da habe ich mir Sorgen gemacht. Keine Ahnung, wieso. Ich bin nämlich nicht – verdammt, Fi, ich bin auf keinen Fall eifersüchtig oder so. Auch nicht paranoid. Aber ich hab mir eben Sorgen gemacht. Ich wusste, dass du vorher mit Hughes im Leichenschauhaus warst, also bin ich dorthin gefahren. Einfach so. Das ist wirklich nicht meine Art. Aber da war dein Auto. Mitten auf dem verfluchten Parkplatz. Deine Familie war nirgendwo zu sehen. Und das Leichenschauhaus war auch schon lange geschlossen.«
    Er ist nervös. Es ist ihm peinlich, dass er mir hinterhergeschnüffelt hat, doch er will auch eine Antwort. Er verdient eine Antwort.
    Meine erste Reaktion ist, alles zu leugnen. Mir eine Geschichte auszudenken. Ich habe eine blühende Fantasie, mir würde mit Leichtigkeit etwas einfallen. Aber Brydon – Buzz – ist jetzt mein Freund, und mein Freund verdient was Besseres. Ich schulde ihm eine Erklärung.
    Ich weiß nur nicht, wie ich anfangen soll.
    Ich habe Angst davor, überhaupt etwas zu sagen.
    Plötzlich stehe ich mutterseelenallein vor der Wahrheit und weiß nicht, was ich damit anstellen soll. Ich könnte einfach alles erzählen und darauf vertrauen, dass Buzz – mein Freund – nicht ausflippt. Das wäre möglich. Jetzt sofort.
    Aber weil ich so unsicher bin, fange ich langsam an.
    » Als Teenager war ich sehr krank. Wusstest du das?«
    Er nickt. Er weiß es. Alle wissen es.
    » Weißt du auch …? Ich weiß nicht, ob jemand weiß, was genau ich hatte. Ich weiß nicht, was da im Büro geredet wird.«
    » Da wird gar nichts geredet, Fi. Ich dachte, du hättest so eine Art Nervenzusammenbruch gehabt. Aber das geht mich nichts an und ist außerdem lange her.«
    Das bringt mich zum Lächeln. » Lange her.« So reden normale Leute über solche Dinge, und es gibt auf der Welt wohl niemanden, der normaler wäre als DS David » Buzz« Brydon.
    » Willst du dich nicht setzen?«, frage ich. » Es ist ziemlich

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