Totenkönig (German Edition)
Fünfzehntausend Goldmünzen ist ihnen eine Ostländerin wert. Teurer als alle Huren der Welt.“
„Für so viel Reichtum würde ich sogar mein eigenes Weib dem Rat übergeben.“
Beide Soldaten lachten gellend.
„Mit Reichtum kann man alles und jeden kaufen. Was sind unsere Herrscher doch für listige Füchse. Gib den Meridianern genug zum Leben, aber zu wenig, um gut leben zu können, und du hast sie wie einen Fisch an der Angel.“
„Eine Wahrheit, die auch Lemar, der Schatten, erkennen musste.“
„Armer Lemar“, höhnte der Soldat. „Viele hielten ihn für tot, und dann wird er plötzlich in den Kanälen unter dem Ostviertel entdeckt. Wahrscheinlich hat ihn einer seiner Gefolgsleute in Hoffnung auf e inen Beutel Gold oder eine warme Mahlzeit an den Rat ausgeliefert. Man kann wohl niemandem mehr trauen.“
„Oder etwas ganz anderes ist geschehen. Es gibt Gerüchte, dass eine riesige Gestalt, die tief unter der Stadt haust, das Versteck der Scha ttengilde ausgehoben hat.“
„Ammenmärchen! Es gibt keine Monster in dieser Stadt.“
„Erzähl das Lemar und seinen Freunden im Kerker.“
„Die Gefangenen haben mittlerweile ganz andere Sorgen. Auf dem Platz der ewigen Gerechtigkeit häufen sich bereits Holzstämme und Reisigzweige. Mehr als ein Dutzend Scheiterhaufen wurden b ereits errichtet. Der Rat plant eine Serie von Hinrichtungen, jeden Tag sollen drei Gefangene sterben. Heute Nachmittag schon wird Lemar der erste sein, der brennt, während der Abenddämmerung wird seine Tochter Lysar den letzten Gang antreten, und wenn der Mond im Zenit steht stirbt Wanar, unser einstiger Oberbefehlshaber. Und am morgigen Tag werden die Hinrichtungen fortgesetzt.“
„Die ganze Stadt wird noch tagelang nach verbranntem Me nschenfleisch stinken.“
Die beiden Soldaten wechselten ihr Gesprächsthema. Sie klagten über ihre Pechsträhne beim Glücksspiel in einem Wirtshaus im Hafen und schwärmten von den Huren in den Bordellen der Velorgilde.
Larkyen durchstreifte indessen die Gegend. Meistenteils hielt er sich in schattigen Gassen auf und beobachtete und belauschte die Me nschen.
Auch die meisten Meridianer sprachen entweder über Zaira oder über die Inhaftierung von Lemar. Jeder Bürger wusste, in welchem Gebäude das Oberhaupt der Schattengilde mit seinen Freunden und Verbündeten gefangen gehalten wurde, und ebenso bekannt war i hnen auch die Beschreibung von Khorgos Tochter. Die Meridianer wussten, wie sie aussah ohne ihr je begegnet zu sein, und es gab genug unter ihnen, die aufgrund des versprochenen Kopfgelds nach Zaira suchten. Für Zaira wäre es schier unmöglich gewesen, sich auf den Straßen zu bewegen, ohne in die Fänge des Rates zu geraten und an Meridias ausgeliefert zu werden.
Larkyen hatte das Kerkergebäude schnell entdeckt; es grenzte an das Stadtzentrum und den Platz der ewigen Gerechtigkeit. Längst waren die Scheiterhaufen errichtet worden, und sie waren hoch und dazu bestimmt, lange und hell zu brennen.
Vor einem mit Eisen beschlagenem Holztor hatten sich fünf Re ihen von Soldaten postiert. Sie streckten die Spitzen ihrer langen Speere einer aufgebrachten Menge von Meridianern entgegen, die die Freilassung Lemars und der anderen Gefangenen forderten. Es gab noch genug Männer und Frauen in der Bevölkerung, die sich an Lemars Wohltaten erinnerten und seine Verurteilung nicht hinnehmen wollten.
Immer wieder marschierten Soldaten in schweren Rüstungen durch die umliegenden Straßen. Vielerorts waren sie gezwungen, die Meridianer mit Waffengewalt einzuschüchtern. Kleinere Unruhen nahmen unter der Bevölkerung zu, und immer wieder wurden neue Rufe nach der Freilassung der Gefangenen laut.
Jedes geknechtete Volk strebt früher oder später danach, seine Ketten abzuwerfen, und Larkyen wünschte den Meridianern, dass sie ihren Mut zur Freiheit endlich gefunden hatten und sich bewusst wurden, welche Stärke in ihrer Gemeinschaft lag.
Während sich die Soldaten auf die vorrückende Menschenmenge konzentrierten, nutzte Larkyen ihre Ablenkung, um unbemerkt an der Fassade des Gebäudes hinaufzuklettern. Er fand ein offenes Fenster und stieg hinein. Plötzlich stand er einem Soldaten gegenüber, der Mann schrie erschrocken auf, als er in Larkyens Raubtieraugen blickte. Noch ehe der Soldat sein Schwert ziehen konnte, packte Larkyen ihn am Kragen seiner Rüstung und hob ihn mit einer Hand vom Boden.
„Wo finde ich Lemar und die anderen Gefangenen aus dem Ve rsteck der
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