Totenkönig (German Edition)
den Schwertgriff umklammert, der schwarze Stahl schimmerte bedrohlich.
Auch Meridias erhob sich wieder. Zwischen seinen Füßen hatte sich eine Blutlache gebildet. Seine Erschöpfung spiegelte sich in se iner erschlafften Körperhaltung wider. Er setzte ein bestialisches Grinsen auf, und dunkles Blut rann an seinen Mundwinkeln herab, als er sagte: „Lemar brennt bereits, riechst du es auch, Larkyen?“
Durch die Fenster im oberen Geschoss trug der Wind längst den G estank von brennenden Reisigzweigen und Fleisch sowie die Rufe einer aufgebrachten Menschenmenge herein.
Unvermittelt verschwand Meridias in einer Nische im Maue rwerk, die sich aufgetan hatte wie ein verschlingendes Maul. Sein gellendes Lachen erklang aus dunkler Tiefe.
Und wieder sollte sich eine Entscheidung ihres Kampfes hinau szögern.
Larkyen fand den Hinterausgang schnell, musste er doch nur dem Gestank von verbrannten Fleisch und den Rufen folgen. Eine von hohen Mauern umschlossene Straße führte unmittelbar zum Platz der ewigen Gerechtigkeit.
Auf dem großen runden Platz loderten längst die Flammen. Eine dunkle Rauchsäule stieg von einem der Scheiterhaufen. In sicherem Abstand davor hatten sich mehrere Reihen von bewaffneten Soldaten postiert. Ihre Rüstungen glänzten im Sonnenschein, und ihre roten Umhänge kennzeichneten eine deutliche Grenze zu den Mensche nmassen, deren Rufe der Empörung sich in nacktes Entsetzen verwandelten.
Lemar war an einen dicken Pfosten auf dem Gipfel des Scheite rhaufens festgebunden. Seine Kleidung hatte bereits Feuer gefangen. Er wand sich und schrie, während seine Haut Blasen warf. Das Feuer fraß gierig und unaufhaltsam weiter, und es war zu spät ihn zu retten. Der dichte Rauch hätte ihn ersticken müssen, doch als würde eine bösartige Macht diese Gnade verwehren, blieb Lemar weiter bei Bewusstsein.
Larkyen ertrug es, hinzusehen, während sich Tausende von Mer idianern abwandten. Er kannte die Schmerzen, die das Feuer bereiten konnte. In der Vergangenheit hatte Larkyen selbst gebrannt, bis sein Fleisch längst verzehrt gewesen war. Er kannte den Schmerz und die Hilflosigkeit, und er wusste, dass jenes Leid für Lemar enden würde. Doch so lange wollte und konnte er nicht warten. Verborgen in den dichten Rauchschwaden näherte er sich zu schnell für menschliche Augen dem Scheiterhaufen. In einer Geste des Erbarmens brach er Lemar das Genick.
Für die Zuschauer war es eine Erleichterung, als Lemars Schreie endlich endeten und sein Kopf regungslos wie bei einer Marionette herabbaumelte. Das Feuer fraß seinen Leib nun schweigend auf.
Doch in der Menschenmenge hatte sich längst ein anderes Feuer entzündet, das Feuer der Wut, und es breitete sich rasend aus. Die Menge der Meridianer ließ sich nicht länger von den Soldaten zurückdrängen, und sie nutzten die wenigen Waffen, die sie besaßen. Das Klirren von aufeinandertreffendem Metall erklang, als die Meridianer die Soldaten angriffen. Larkyen roch frisch vergossenes Blut.
Die Ausschreitungen eskalierten mit dem Eintreffen weiterer So ldaten. Und während er sich seinen Weg durch die Menschenmenge bahnte, hielt Larkyen Ausschau nach den geflohenen Majunay, der Familie aus Zhymara und den letzten Überlebenden der Schattengilde. Er sah sie in Kämpfe verwickelt am äußersten Rand der Menschenmassen. Schnell und ungehindert konnte er bei ihnen sein. Nur die wenigsten schenkten Larkyen überhaupt Beachtung, er sah aus wie ein wehrloser Bettler, der eher zufällig in das Scharmützel geraten war. Wenn er töten musste, tat er es, ohne das Schwert zu benutzen oder Blut zu vergießen, denn die Berührung mit seinen Händen genügte bereits, und auf diese Weise nahm er die Lebenskraft von sieben Soldaten in sich auf. Dieses Scharmützel kam für Larkyen einem Bankett gleich.
Die Majunay erkannten Larkyen als erste. Wie schon im Kampf gegen die Velorgilde hatten sie zusammen mit Wanar, Almaran und den Überlebenden der Schattengilde einen Kreis gebildet, um ihre Ältesten und die Frauen und Kinder in der Mitte zu schützen. Die Kerkerhaft hatte ihre Spuren bei jedem von ihnen hinterlassen. Ihre Gesichter sahen ausgezehrt aus, ihre Kleidung war dreckig und zerschlissen, ihre Haut wies Blessuren auf. Jede ihrer Bewegungen war nur von geringer Kraft. Nicht lange zeigten sie sich fähig, den Soldaten Widerstand zu leisten.
Larkyen verschaffte ihnen die notwendige Überlegenheit, um dem Scharmützel entfliehen zu können. Diesmal benutzte er
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