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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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Irmtraud nicht warten. Sie war zwar schon hoch
in den Siebzigern, aber kerngesund und belastbar. Im Gegensatz zu ihrem
kränklichen Eugen, dem sie nicht mal die halbe Wahrheit erzählte: Von Margarete
habe sie für das Pfingstwochenende schon vor einem halben Jahr einen Billigflug
nach Florenz geschenkt bekommen, das Ticket aber dann in einer Schublade
vergessen. Eugen stieg um nichts in der Welt mit seinem Herzschrittmacher in
ein Flugzeug. Aber er hatte nichts dagegen, dass sie ihn für drei Tage allein
ließ, um die Familie der Tochter zu besuchen, und am Samstagmorgen um 8.10 Uhr
landete die Maschine in Florenz. Irmtraud bekam ohne Umstände ihren Mietwagen
ausgehändigt, einen roten Fiat 500, mit dem sie es trotz des starken Regens in
knapp zwei Stunden bis in die Colline Metallifere schaffte, wobei sie sich bei
Larderello mehrmals verfuhr. Irmtraud irrte über Passstraßen und Feldwege.
Dazwischen rief sie ihre Tochter an, die zwar gleich hysterisch wurde, ihr den
Weg zu Ludgers Hütte aber bereitwillig beschrieb. Dabei musste sie einige
Tricks anwenden, da Margarete auf keinen Fall erfahren sollte, dass sie bereits
in der Toskana war und was sie dort vorhatte.
    Irmtraud Haselbacher fuhr zurück zur Autobahn Richtung Rom.
In Venturina nahm sie die Abfahrt nach Suvereto und fuhr dann in Richtung
Monterotondo. Acht Kilometer vor Monterotondo wies ein Schild in Richtung
Lagoni Rossi bzw. Lustignano. Der nächste Ort hieß Lago Boracifero und dort
stank es nach Schwefel. Im Ortskern bog Irmtraud nach rechts ab und fuhr weiter
geradeaus. Irgendwann musste sie einen Fluss überqueren, der im Sommer wohl
ausgetrocknet war. Die schmale Straße führte durch das matschige Flussbett.
Danach bog sie nochmals rechts ab und fuhr, bis sie auf der rechten Seite einen
Bauernhof sah. Ein dickes Rohr führte über die Straße. Irmtraud setzte zurück,
sah die Eiche am linken Straßenrand und suchte dort nach einem Feldweg.
    Die Auffahrt zu finden, hinter der das Anwesen lag, erwies
sich als nicht einfach. Sie war hinter Büschen versteckt und Irmtraud beschloss,
dass sie die letzten Meter zu Fuß ging. Nachdem sie den Fiat an einer
Ausweichstelle geparkt hatte, nahm sie Handtasche und Regenschirm und machte
sich auf zu einer Erkundungstour. Sie band sich das kinnlange Haar zu einem
straffen Pferdeschwanz zusammen, verzichtete aber auf ein wärmendes Kopftuch.
Es ging gegen Mittag. Der Regen hatte aufgehört. Die Luft war rein. Nirgendwo
Polizei. Auch unterwegs waren nirgends Kontrollen gewesen. Es war überhaupt
kein Mensch unterwegs. Man sah nicht einmal Tiere, und kein Vogel sang.
    Irmtraud Haselbacher stieg die bucklige Auffahrt hinauf, und
dahinter stand die steinerne Hütte. Die Läden waren unverschlossen, neben der
Tür gluckerte das Wasser von der Rinne in die Regentonne. Irmtraud zögerte
einen Moment. Dann klopfte sie mehrmals. »Diego, sind Sie da?«
    Nichts geschah. Irmtraud zählte bis 20. Sie drehte sich um,
doch hinter ihr war keiner. Wieder schlug sie gegen die Holztür, diesmal härter
und mit dem Metallgriff des Schirms. »Diego, machen Sie auf. Ich weiß, dass Sie
da drin sind.«
    Erneut rührte sich nichts. Irmtraud zählte bis 30 und
überlegte. Sie blickte sich suchend um. Unter einer Zypresse las sie einen
faustgroßen Kiesel auf. »Diego«, rief sie, »ich habe einen Stein in der Hand,
damit schlage ich Ihnen das Fenster ein, wenn Sie diese verdammte Tür nicht
aufmachen.«
    Nichts. Irmtraud zählte bis zehn, dann schlug sie das Fenster
ein. Das Glas klirrte und schepperte, als es barst und zu Boden fiel. Neben dem
Griff hatte das Fenster ein breites gezacktes Loch, aber Irmtraud traute sich
nicht, die Hand hineinzustrecken und es von innen zu öffnen. Stattdessen drehte
sie die Klinke. Die Haustür sprang auf.
    Irmtraud ging über die Schwelle, mit dem Schirm bewehrt, den
sie in der rechten Hand hatte, und stand in einer dämmrigen Küche. Es dauerte
einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Sie erkannte die
Umrisse von Tisch und Stühlen, dahinter Gaskühlschrank, Regale und Herd. Auf
den Fliesen lagen Scherben. Irmtraud bückte sich und nahm eine in die linke
Hand. Die Tür schlug hinter ihr zu. Sie stieß einen Schrei aus und fuhr herum.
Es war nur der Luftzug gewesen. Die Schiebetür zum Badezimmer stand auf.
Irmtraud Haselbacher hörte, wie draußen ein VW-Motor ansprang. Sie durchquerte
Küche und Bad, trat gegenüber ans

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