Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
dafür. Wir wissen sehr viel mehr als vor dem Wochenende. Hat Mike dir schon gesagt, dass ich schwören könnte, Chet Dobbis sei vor uns ins Gebäude gegangen?«, fragte ich Mercer.
»Nein, aber das erklärt, auf wen Ms Schillers Sekretärin gewartet hat.« Wir waren im Erdgeschoss angekommen. »Eine Kollegin wollte sie abholen, um mit ihr zur U-Bahn-Station zu gehen, aber sie sagte, dass sie noch warten müsse, um einen Mr D. ins Theater zu lassen. Es ging um ein Angebot für ein Theaterstück. Es kam mir nicht in den Sinn, dass sie über Dobbis redeten.«
»Das war erst vor zehn Minuten?«
Mercer bejahte.
»Dann lasst uns im Theater nachsehen. Warum zum Teufel kommt er hierher, noch dazu so spät am Abend, wenn niemand mehr da ist?«
Anstatt zum Eingang zurückzugehen, gingen wir durch den engen Flur, der mit ausrangierter Ausrüstung voll gestopft war. Die schwere Tür, die von den Büros zum ursprünglichen Mekka-Tempel führte, war offen, und wir zwängten uns durch den Gang hinter den Sitzen im Zwischengeschoss, dessen dicker, mit maurischen Mustern verzierter Teppichboden das Geräusch unserer Schritte schluckte.
Bis auf ein paar Lichtstrahlen von der linken Bühnenseite war der riesige Zuschauerraum dunkel. Ich hörte eine Männerstimme im Orchestergraben, und wir blieben stehen, um Mercer, den Größten von uns, über den Balkon spähen zu lassen.
Er winkte uns zur Treppe. »Es ist Dobbis«, flüsterte er. »Er steht mit dem Rücken zu uns, ich kann nicht verstehen, was er sagt, aber er sieht aus, als würde er mit jemandem an der Seite der Bühne reden.«
Wir nahmen die breite Treppe, um von der alten Shriners’ Lounge zum rückwärtigen Teil des einst so eleganten Foyers des alten Theaters hinunterzugehen. Die Ausgänge an der Straßenseite waren alle verriegelt und vergittert, und die Türen zum Zuschauerraum waren ebenfalls verschlossen.
Mike legte den Finger an die Lippen und führte uns durch einen Gang, der parallel zum Theatersaal verlief, so nah wie möglich an die Bühne.
Auf ein Zeichen öffneten Mike und Mercer die zwei Türen, die schräg versetzt angeordnet waren: Mike nahm die Tür zur Bühne, und ich betrat mit Mercer den Zuschauerraum nicht weit von der Stelle, wo sich Chet Dobbis befand.
»Was zum -?« Der Intendant der Met erschrak und wich einen Schritt zurück. Dann ließ er sich in einen Sitz in der ersten Reihe fallen, unter der weißgoldenen Decke, die im schwachen Schein der Lampen über ihm glänzte. »Bin ich froh, dass Sie da sind!«
Im selben Augenblick hörte ich das Geräusch von Schritten hinter dem schwarzen Vorhang. Ich sah in die Richtung, aus der die Geräusche kamen, konnte aber nur einen Schatten ausmachen.
Mike rannte quer über die Bühne, während Mercer durch dieselbe Tür, durch die wir gerade gekommen waren, auf den Korridor hinausging und dann ebenfalls zur Bühne hochlief, um mit Mike die Verfolgung aufzunehmen.
Ich ging auf Chet Dobbis zu, um ihn nach dem Grund seiner Erleichterung zu fragen, als der Theaterraum plötzlich stockdunkel wurde und der eiserne Vorhang wie ein Fallbeil von oben herabsauste.
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Ich sah nur seine Silhouette, als Dobbis aufstand und auf mich zukam. Ich wandte mich wieder zum Ausgang.
»Miss Cooper, warten Sie!«
Ich rief nach Mike und ließ die Tür hinter mir zufallen, als ich wieder im Korridor stand. Im Dunkeln sah ich nur die glänzende Trommel eines Revolvers, der auf mein Gesicht gerichtet war, sonst nichts.
Der Mann, der die Waffe hielt, war Ross Kehoe.
Er wollte gerade etwas sagen, als Dobbis mir die Tür ins Kreuz stieß und ich an die Wand geschleudert wurde.
Kehoe packte mich mit der linken Hand im Nacken und drückte den Revolver an mein rechtes Ohr. »Los, marsch, alle beide! Du voran, Chet, oder ich puste ihr das Gehirn raus.«
Die eisige Kälte des Metalls ließ mich frösteln. Ich zuckte unwillkürlich zusammen, woraufhin Kehoe noch fester zugriff. Es war dieselbe Hand, die mich gestern Nacht im Treppenhaus gepackt hatte, nur trug er jetzt keine Handschuhe, und ich konnte seine schwieligen Finger auf meiner Haut fühlen.
»Widerstand ist zwecklos. Das bringt Ihnen gar nichts«, sagte Kehoe und schubste mich. Seine Stimme klang jetzt harscher und kehliger als in Monas Anwesenheit. Das war Ross Kehoe, der Schläger und einfache Arbeiter, aus dem sie etwas Besseres hatte machen wollen. Warum war ich nicht schon gestern darauf gekommen? Seine schlanke, sehnige Gestalt entsprach genau der des
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