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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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landen. Ich wusste von Lees Ausbildung zum Astronauten und dachte, er würde sich die Landung im Fernsehen ansehen wollen. Aber dem war nicht so. Und ich war auch nicht scharf drauf.»
    «Wann sind Sie bei ihm angekommen?»
    «Gegen halb elf, glaube ich. Ich war zu Fuß und hatte keine Uhr dabei.»
    «Ist Ihnen auf der Straße jemand begegnet?»
    «Nein», antwortete Burt. «Als ich ankam, war die Straße leer. Ich bin aber nicht gleich ins Haus, sondern habe noch eine Weile auf der Veranda gestanden, um mir Mut zu machen. Und während ich wartete, sah ich einen Mann. Ungefähr fünf Minuten später.»
    Nach dem Gespräch mit Norm Harper verspürte Kat nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag eine Art Explosion der Sinne. Nur war es diesmal nicht bloß eine Granate, die hochging, sondern eher eine Atombombe. Die Erschütterung betäubte ihre sämtlichen Glieder. In der Sackgasse hatte sich jemand aufgehalten, jemand, von dem nur Burt Hammond etwas wusste.
    «Haben Sie ihn erkannt?», fragte sie.
    «Nein. Aber es war weder Ken Olmstead noch Mort Clark, das weiß ich. Es war ein Fremder.»
    «Können Sie ihn beschreiben?»
    «Es war dunkel. Wir standen beide im Schatten, und ich habe nicht viel von ihm gesehen.»
    «War er allein?»
    «Ja.»
    «Hat er Sie bemerkt?»
    «Nein. Er trieb sich im Vorgarten rum und schien irgendwie Bammel zu haben.» Burt hustete ein ironisches Lachen. «So wie ich.»
    «Mehr haben Sie nicht gesehen?»
    «Er ging dann zur Tür und wollte anklopfen, ließ die Hand aber sinken und kehrte auf die Straße zurück.»
    «Sie haben in der Nacht, als Charlie verschwand, einen fremden Mann vor dem Haus gesehen und der Polizei nichts davon gesagt?»
    Burt schniefte und schaute zur Decke empor. Er weinte wieder. «Ich dachte nicht, dass das eine mit dem anderen etwas zu tun haben könnte.»
    «Sie lügen.»
    «Ich schwör’s. Es hieß doch, der Junge habe einen Unfall gehabt. Von irgendwelchen Zweifeln daran war nie die Rede.»
    Unwillkürlich ballte Kat die Hände zu Fäusten, als sie unbändige Wut in sich aufsteigen spürte. Das Bedürfnis, eine davon Burt ins Gesicht zu rammen, war übermächtig angesichts der Verzweiflung von sechs Müttern, deren Jungen verschwunden waren. Wenn vielleicht nicht den Verlust, so hätte Burt Hammond ihnen womöglich immerhin jahrzehntelangen Schmerz und quälende Fragen ersparen können. Doch der hatte geschwiegen.
    «Vielleicht haben Sie sich zunächst nichts dabei gedacht», sagte sie. «Aber am folgenden Tag, als Sie von der Suche nach Charlie Olmstead erfuhren, hätte Ihnen ein Licht aufgehen müssen.»
    Burt schüttelte den Kopf. «Ich habe beides nicht miteinander in Zusammenhang gebracht. Ehrlich nicht.»
    Blitzschnell sprang Kat auf den Bürgermeister zu und zerrte ihn an seiner Krawatte zu sich hin, sodass sein Gesicht dicht vor ihrem schwebte. «Machen Sie mir nichts vor, Sie Mistkerl! Sie haben einen Fremden vor dem Haus der Olmsteads gesehen und den Mund gehalten.»
    Der Bürgermeister lief puterrot an. Sein Mund ging in rascher Folge auf und zu. Wie bei einem Fisch auf dem Trockenen.
    «Sie verstehen nicht», ächzte er. «Er war nicht vor der Tür der Olmsteads.»
    Kat ließ seine Krawatte los. Die Seide glitt ihr durch die Finger, als Bürgermeister Hammond zurück in die Lehne des Sessels fiel. «Was soll das heißen?»
    «Zugegeben, ich wusste von Charlies Verschwinden.» Burt massierte sich den gequetschten Hals. «Trotzdem war ich davon überzeugt, dass der Fremde, der mir in der Nacht aufgefallen ist, nichts damit zu tun hatte.»
    «Wieso?»
    «Wie gesagt: weil er nicht am Haus der Olmsteads war.»
    Kat wurde stocksteif. «Aber Sie sagten doch, er habe sich im Vorgarten rumgetrieben.»
    «Ja», erwiderte Burt, immer noch mit der Massage beschäftigt. «Aber nicht im Vorgarten der Olmsteads. Er wartete vor dem Haus von Mort und Ruth Clark.»

27
    «Das war mal ein hübsches Städtchen», sagte die Frau. «Bevor das Feuer in der Zeche ausbrach.»
    Der Mann an ihrer Seite pflichtete ihr bei: «Selbst danach konnte man hier noch ganz gut leben. Bis sich schließlich der Boden auftat und alles verschluckte.»
    Die beiden hätten unterschiedlicher kaum sein können. Sie war klein und schmächtig, er ein Hüne von Mann mit beträchtlicher Leibesfülle. Wenn er durch das Zimmer ging, wackelte das ganze Haus. Seit Jahren Nachbarn, waren sie immer gut miteinander ausgekommen, ohne je enger befreundet gewesen zu sein. Dann verschwanden ihre Söhne, gefolgt

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