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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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ist ja immer was los.
Also mehr als bei einem Busfahrer. Sie wissen, was ich meine.«
    Lüthjes Handy klingelte. Er drückte den Anruf nach einem Blick auf
das Display weg. Es war Hilly.
    »Na gut«, sagte Dr. Schöttel und hielt Lüthje einen Vortrag
über psychosomatisch bedingte Fehlhaltungen, die sich besonders im Schlaf
einstellen konnten. Dagegen helfe sportliche Bewegung am Tage. Fahrradfahren,
wie Lüthje es doch noch vor ein paar Jahren gemacht habe, das wäre optimal. Und
mit Blick auf Lüthjes fortgeschrittenen Bauchansatz: Er brauche sowieso mehr
Bewegung.
    Lüthje versprach, dem Vorschlag Folge zu leisten.
    Als erste Amtshandlung im Büro wollte er eigentlich den Bericht
schreiben. Aber er sagte sich, die in Kiel kämen vielleicht auch ganz ohne ihn
aus. Erst wenn sie den Fall gelöst hätten, würde irgendjemand sagen, der Lüthje
aus Flensburg, der das angestoßen hat, der müsste auch noch einen Bericht
schreiben. Oder auch nicht. Denn die Geschichte fing doch erst richtig mit dem
Notarzt an. Und da war er nur Komparse mit Müllsack gewesen.
    Lüthjes Kommissariat kniete sich seit einigen Wochen in
unaufgeklärte Fälle aus den letzten Jahrzehnten. So vertrieben sie sich die
Zeit bis zum nächsten Kapitaldelikt in ihrem Jagdrevier, das im Dreieck
Schleswig, Rendsburg, Flensburg lag.
    Als Lüthje den Aktendeckel einer fünfundzwanzig Jahre alten Akte
aufschlug, bekam er einen Niesanfall. Sein Handy klingelte. Er unterdrückte den
nächsten Nieser und nahm das Gespräch an.
    »Hallo, geliebter Schatz, hier ist deine geliebte Frau!«, rief
Hilly. »Warum hast du mich gestern nicht angerufen und hast mich vorhin sogar
weggedrückt?«
    »Gestern Abend bin ich vor Erschöpfung im Sessel in den Tiefschlaf
gesunken.« Er presste die Hand über die Sprechmuschel, nieste zweimal und schob
die Akte weit von sich. »Und vorhin hatte ich eine Besprechung. In diesem
Moment hatte ich das Handy in der Hand und wollte dich zurückrufen.«
    »Na gut«, sagte sie und ließ eine Pause entstehen. Ob sie von seinem
Besuch bei Dr. Schöttel wusste? Aber woher? »Bist du erkältet?«
    »Wieso?«
    »Du hörst dich verschnupft an.«
    »Ich habe eine alte Akte aufgeschlagen, und da ging’s los.«
    Hilly lachte. »Natürlich. Staubige Akten. Deine Ausreden waren schon
origineller. Das mit dem Verschnupftsein habe ich im übertragenen Sinne
gemeint. Aber wenn es denn wirklich eine Erkältung werden sollte, Vitamin C
und Hühnersuppe. Hast du mich verstanden? Und nicht nur Fisch und lappige
Brötchen. Das sind doch nur ungesunde Teigmöpse. Du hältst dich doch an deine
Trennkost?«
    »Stell dir vor, ich habe mich entschlossen, wieder regelmäßig Rad zu
fahren«, sagte Lüthje.
    »War es ohne Auto in Laboe so anstrengend?«, fragte Hilly. »Du hast
noch gar nicht gefragt, was ich gestern gemacht habe. Hatte ich nicht vor
meiner Abreise mehrfach darüber gesprochen?«
    Und dann erzählte sie, dass sie mit Susan im Barbican-Cinema war.
Die hatten ein James-Bond-Festival. Alle Filme. Gestern Abend gab es als
Spätvorstellung »Casino Royal«. Heute Nachmittag wollten sie in »Live and Let
Die«.
    Als Lüthje nach Worten suchte, um Hillys Frage zu beantworten, was
er denn gestern in Laboe erlebt hätte, klingelte sein Schreibtischtelefon.
    »Oh, entschuldige, das ist Malbek, ich ruf dich später zurück«,
sagte Lüthje, bemüht, seine Erleichterung zu verbergen, und beendete das
Gespräch.
    »Guten Morgen, Eric!«, sagte Malbek. »Nur ein paar Minuten in Kiel
und wieder richtig zugelangt. Herzlichen Glückwunsch.«
    »Höre ich da ein ›Musste das sein, so kurz vor meinem Urlaub?‹
heraus? Außerdem fing das in Laboe an und nicht in Kiel. Was ist nun mit dem
Mann?«
    »Ich hab den Bericht vom Kriminaldauerdienst auf dem Tisch«, sagte
Malbek. »Der Kranke ist zunächst in die Notaufnahme der Neurologie gebracht
worden, von da ins Städtische Krankenhaus. Die sind mit ihm also zweimal quer
durch die Stadt gefahren. Ob das zur Therapie gehörte, ›Sightseeing by night‹?«
    Malbeks Telefon summte. »Bin gleich wieder da, das LKA ist auf der anderen Leitung.«
    Lüthje hörte sich ein paar Sekunden eine uninteressiert klingende
Frauenstimme an, die ständig wiederholte: »Ihre Verbindung wird gehalten, Ihre
Verbindung wird gehalten.« Meinte sie das persönlich?
    Malbek meldete sich zurück. »Blutgruppe null, Rhesus positiv. Moment …« Es raschelte. »Die haben wieder mit Zahlen um sich geschmissen. Ungefähr
vier Stunden

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