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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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kippte.
    Erschöpft ließ er sich auf die Knie sinken und blieb eine Weile stumm sitzen. Nachdenklich betrachtete er den Mann; ein Monster zu töten war schon nicht einfach, aber das Leben eines Menschen zu beenden, wog schwer. Er hatte es nicht vorgehabt, wollte ihm nur eine Lektion erteilen, ihn außer Gefecht setzen. Doch am Ende war es unvermeidlich gewesen. »Töten oder sterben«, sagte er sich zur Beruhigung.
    Beatrice streichelte ihn sanft.
    »Beeindruckend«, sagte sie voller Bewunderung. »Das Schwert wird immer mehr ein Teil von dir. Ihr seid ein großartiges Team.«
    Pascal schluckte. »Jetzt fehlt uns nur noch der Stein«, bemerkte er, ohne auf ihre Worte einzugehen. »Nur mit ihm finden wir die nächste Tür.«
    Beatrice nickte, sie hatte es nicht vergessen.
    »Gehen wir, ich führe dich dorthin, wo Pater Martinus den Stein aufbewahrt.«
    »Okay«, sagte Pascal und deutete auf den Toten, »aber zuerst müssen wir diesen Kerl fortschaffen. Wenn ihn jemand entdeckt, schlägt er bestimmt Alarm, und dann wird es schwierig, hier herauszukommen.«

47
    NOCH IMMER WAR es still auf dem dunklen Dachboden, obwohl Daphne wusste, dass der Vampir nur wenige Meter von ihnen entfernt sein konnte.
    Plötzlich flog die Tür krachend aus den Angeln, und die vor ihr aufgetürmten Möbel wirbelten durch die Luft. Der Vampir war der Einladung gefolgt. Im Gegenlicht sahen sie seine Gestalt wie einen Schattenriss, sahen den leeren Glanz seiner gelben Augen, allerdings nicht sein schmales Lächeln.
    Als der Untote den Raum betrat, wurde er von einer Lähmung überrascht, die ihn plötzlich befiel. Was war los? Die Verletzung, die ihm der Wächter zuvor beigebracht hatte, war nur oberflächlich. Verärgert stellte er fest, dass es die Nähe der Dunklen Pforte war, die ihm zusetzte. Doch es war ihm egal. Nichts würde ihn aufhalten.
    »Noch könnt ihr euch retten«, verkündete er mit tiefer Stimme. »Geht jetzt, und ihr kommt mit dem Leben davon.«
    Daphne wusste, dass dieses Angebot ein Bluff war. Allein die Tatsache, dass sie sein wahres Wesen kannten, musste für das Monster ihr Todesurteil bedeuten.
    »Monsieur Varney … oder sollte ich lieber sagen Luc Gautier?«, fragte Daphne provozierend, um ihm deutlich zu machen, dass sie im Bilde waren. »Glauben Sie wirklich, dass wir Ihnen das abnehmen?«
    Varneys Augen blitzten wütend.
    »Verschwinden Sie«, sagte Dominique mit fester Stimme. »Kehren Sie in Ihr Grab zurück.«
    Der Vampir lachte dröhnend, kam ein paar Schritte näher, und in dem hereinfallenden Licht aus dem Treppenhaus sahen sie, wie er mit seinen großen, blutbeschmierten Händen wedelte.
    »Wie mutig.« Sein Tonfall war wütender Sarkasmus. »Und wie leichtsinnig. Ich nehme mal an, das liegt euch im Blut, Sterbliche. Ihr wehrt euch vielleicht, aber das wird euch nichts nützen. Ich habe euch bereits auf meinen Speiseplan gesetzt, das ist der Preis für eure Frechheit.«
    Nachdem er zu Ende gesprochen hatte, ging er langsam auf sie zu. Dominique war der Erste, an dem Varney seinen Zorn auslassen wollte, und er ließ den Rollstuhl des Jungen immer schneller auf sich zufahren. Voller Panik bemerkte Dominique, dass er sein Gefährt nicht abbremsen konnte. Jules sprang dazwischen, doch wurde er von einer unsichtbaren Kraft gegen einen der alten Schränke geschleudert, dass dessen dünne Türen beim Aufprall zerbarsten.
    »Es … es ist nichts passiert!«, rief Jules stöhnend und erhob sich wieder.
    Doch der Rollstuhl Dominiques bewegte sich noch immer auf das Monster zu.
    »Spring!«, rief Daphne. »Spring, Dominique!«
    Endlich reagierte er und schwang sich in voller Fahrt von seinem Sitz. Er knallte auf den Boden und ein heftiger Schmerz durchfuhr ihn auf der rechten Seite. Trotzdem versuchte er, zu Daphne zu robben.
    Varney lachte. Ohne Eile ging er tiefer in den Raum hinein. Sein Knurren jagte den Jungen einen Schauer über den Rücken.
    ***
    Zuerst stützte sich Pascal noch auf Beatrice, doch schon bald konnte er allein durch die finsteren Gänge des Verlieses gehen. Also machte sie die Vorhut, um festzustellen, ob auf dem Weg zum oberen Stockwerk des Palastes die Luft rein war. Ein paarmal forderte sie Pascal auf, sich zu verstecken, dann wieder musste er in einer Nische ausharren, bis ein Trupp Bewaffneter vorüberkam.
    Erst jetzt, im Fackelschein, wurde ihnen deutlich, wie viele Gefangene in diesen Kellerkerkern saßen. Es waren Hunderte, die auf ihre Folterung warteten, oder auf ihre Hinrichtung …

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