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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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Endlich erreichten sie die gewundene Treppe, die zu einer schweren Tür hinaufführte.
    »Dahinter liegt der herrschaftliche Teil des Palasts«, bemerkte sie, »wo uns der Dominikanerpater empfangen hat.«
    Die Tür war verschlossen. Unruhig sahen sie sich um. Es konnte jederzeit jemand auftauchen.
    »Keine Sorge«, sagte Beatrice, »das ist kein Problem für mich, wie du weißt.«
    Nach ein paar Sekunden verblasste ihre Erscheinung und verwandelte sich in eine Art Nebelschwaden, der durch das dicke Holz drang und verschwand.
    Innerhalb von Sekunden wurde der Riegel drinnen zurückgeschoben und die Tür schwang auf. Rasch trat Pascal in den breiten Gang, der sich ihm darbot. Dann zückte er sein Schwert und hieb mit einem Schlag den Riegel entzwei.
    »Falls noch jemand fliehen will«, erklärte er mit triumphierendem Gesicht. Das helle Tageslicht blendete ihn. Durch hohe Fenster schien die Sonne herein, und er verharrte einen Augenblick, spürte, wie das Licht in jede Pore seines Körpers einzudringen schien. Was für ein Gefühl!
    »Wo ist er?«, fragte er endlich Beatrice. »Wo ist der Saal, in dem uns dieser Pater empfangen hat?«
    »Hinter der Tür am anderen Ende.«
    »Was willst du tun?«, fragte Beatrice. »Er wird dir den Stein nicht freiwillig geben.«
    »Das ist richtig«, erwiderte Pascal, »aber ich will keine Gewalt anwenden, so lange wie möglich unbemerkt bleiben.«
    »Was dann?«
    »Wir müssen den Dominikaner irgendwie dazu bringen, den Saal eilig zu verlassen, so schnell, dass er gar nicht auf die Idee kommt, irgendetwas mitzunehmen.«
    Die beiden sahen sich an; sie hatten die gleiche Idee.
    »Beatrice«, sprach Pascal es aus, »ich würde gern den Menschen helfen, die unten in den Kellern eingesperrt sind …«
    »Ich weiß. Das sollte auch kein Problem sein. Ich gehe wieder hinunter zu den Kerkern. Man kann mich ja nicht sehen, also werde ich die Schlüssel stehlen. Und dann so viele Zellen wie möglich aufschließen. Und da der Türriegel nun zerstört ist, können die Gefangenen heraufkommen, das gibt einen herrlichen Tumult.«
    »Genau das, was wir brauchen. Hoffentlich gelingt es ihnen zu fliehen. Bis hier das Chaos ausbricht und Pater Martinus herauskommt, suche ich mir etwas zum Anziehen, so falle ich viel zu sehr auf.«
    »Ich gehe.«
    »Warte, sag mir noch, wo der Pater den Stein aufbewahrt; ich hole ihn dann, sobald die Gelegenheit günstig ist.«
    ***
    Der Wächter der Pforte hatte sich von seinem Sturz im Treppenhaus erholt und erklomm die Stufen. Trotz der Schmerzen ging er aufrecht. Sein Gesicht zeigte einen entschlossenen Ausdruck. Er wusste jetzt, wie stark dieser Vampir war, mit dem er es zu tun hatte – doch die Gefahr für die Dunkle Pforte hatte seinen Kampfgeist geweckt.
    Der Clan der Wächter, die Bruderschaft, übergab dem Auserwählten nicht nur das Medaillon mit ihrem Wappen, sondern stattete ihn auch mit den entsprechenden körperlichen und geistigen Merkmalen aus, damit er dem Kampf mit jedwedem Wesen, das die Dunkle Pforte angriff, gewachsen war. Doch es hatte schon lange keinen solchen Angriff mehr gegeben, weshalb er noch keine Gelegenheit gehabt hatte, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Deshalb hatte er, überrascht von den Fähigkeiten Varneys, beim ersten Mal den Kürzeren gezogen.
    Das würde nicht wieder geschehen. Er wusste jetzt, wie sein Gegner vorging, und er fühlte sich bereit für den nächsten Kampf. Er würde ihn in die Hölle schicken, für immer und ewig. Er fasste nach dem Silberschwert, das Erbe eines Samurai-Zauberers von vor über zweihundert Jahren …
    Es war schwierig gewesen, sich ein Leben lang zu tarnen, seiner Arbeit nachzugehen, den Alltag zu leben wie alle anderen Menschen auch, doch nun trat der Wächter zum Vorschein.
    Er beschleunigte seinen Schritt.

48
    WEIL SIE UNSICHTBAR war, konnte Beatrice ihr Vorhaben problemlos durchführen. In wenigen Minuten öffnete sie die Fallgitter an den Zellen, und der Aufruhr, der augenblicklich in dem Verlies entstand, war beträchtlich. Hunderte von Misshandelten versammelten sich in den unterirdischen Gängen und drängten schließlich in Richtung der Treppe nach oben. Die Wärter, die gegen die Menge nichts ausrichten konnten, wurden auf der Stelle getötet. Pascal wartete in seinem Versteck, einer kleinen Nische im Gang, hinter irgendeiner antiken Skulptur. Eine Gruppe Soldaten stürmte an ihm vorbei, der Treppe entgegen, die zu den Kerkern hinunterführte, um den Ansturm

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