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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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das sie benutzt hatten, um die Vampire im Keller des Instituts zu töten.
    »Hat Pascal Genaueres über den Geist gesagt, mit dem wir es zu tun bekommen werden?«, fragte sie.
    »Eigentlich nicht«, erwiderte Dominique. Doch obwohl er Jules nicht darum beneidete, demnächst einem leibhaftigen Geist gegenüberzustehen … ihn belastete in diesem Augenblick vor allem der Gedanke, dass er auf diesem Dachboden allein zurückbleiben würde.
    ***
    Die Katakomben von Paris, die um diese nächtliche Zeit für Touristen geschlossen waren, bestanden aus einem unterirdischen Gewirr von verschlungenen Stollen, in denen die Überreste Tausender Toter aus dem achtzehnten Jahrhundert lagerten, die von stillgelegten Friedhöfen stammten. Die Schädel waren übereinandergeschichtet worden und bildeten Reihen von Knochenwänden, die nach Jahren sortiert waren. Zwischen diesen Wänden schlich eine große Gestalt umher, so leise, dass sie über den rauen Boden zu gleiten schien. Ihre gelben Augen versprühten Hass und Ungeduld.
    Es war Varney, der vermeintliche Lehrer am Gymnasium, auf dem Weg zu einer Verabredung mit Henri Delaveau, den er vor Tagen in einen Untoten verwandelt hatte. Delaveau suchte jetzt Nahrung auf dem Friedhof und wartete darauf, dass sein Herr ihm endlich erlaubte, lebende Menschen anzugreifen, um seinen Blutdurst zu stillen. Die beiden Vampire befanden sich in einem der Gänge mit Schädeln, die auf das Jahr 1789 datiert waren. Delaveau, von den silbernen Kugeln, die ihn auf dem Friedhof getroffen hatten, schwer verletzt, war stehen geblieben und hatte sich an die Wand gelehnt. Mühsam hob er den Kopf, als er merkte, dass sein Schöpfer, Varney, neben ihm stand. Er hatte ihn nicht kommen hören.
    Der Vampir kam sogleich zur Sache.
    »Wo ist die Dunkle Pforte?«, flüsterte er mit heiserer Stimme, ohne den kläglichen Zustand seines Zöglings mit einem Blick zu beachten.
    Delaveau senkte den Blick.
    »Tut mir leid … Ich habe sie noch nicht gefunden … Ich konnte nicht … man hat mich angeschossen.«
    Varneys Gesicht verzerrte sich vor Wut. Er streckte den Arm aus und ergriff seinen Diener am Hals, hob ihn hoch und schleifte ihn an der Knochenwand entlang.
    »Du hast mir nicht gehorcht.« Varney brachte die Worte nur mühsam hervor. »Du hast dich gezeigt, obwohl ich es verboten hatte, und obendrein hat es nichts gebracht. Dafür wirst du büßen.«
    Delaveau schaute ihn ängstlich an, doch er hatte nicht einmal die Kraft, dieses mächtige Wesen um Nachsicht zu bitten. Er ahnte, dass sein Tod unmittelbar bevorstand.
    »Du wirst es für alle Zeit bereuen«, sagte er, ohne seinen kalten Blick von dem Geschöpf abzuwenden, das er selbst mit seinem giftigen Biss erschaffen hatte.
    Die letzten Geräusche, die den nächtlichen Frieden der Katakomben störten, verursachte der Körper von Delaveau, als er über den Boden geschleift wurde. Der frühere Lehrer wusste noch immer nicht, was ihn dort erwartete, wo sein Herr ihn hinbrachte, doch war ihm klar, dass er diese Welt nicht mehr betreten würde.
    ***
    »Endlich ein Lebenszeichen von der Wahrsagerin, dieser Hexe«, dachte Marguerite, die um die Uhrzeit schon halb schlief und genug davon hatte, das Haus zu beobachten, in dem Daphne ihr Geschäft betrieb. Sie begriff nicht, wie sich jemand den Lebensunterhalt mit einer solchen Tätigkeit verdienen konnte. Gab es denn so viele Leichtgläubige? War es so einfach, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen? Was für eine Schande, sich Unbildung und Aberglauben so zunutze zu machen …
    Doch da war noch etwas viel Beunruhigenderes. Die Wahrsagerin war in Begleitung eines ziemlich jungen Burschen in ihr Haus gegangen und betrat nun wieder mit ihm die Straße. Der Junge war ein anderer als der am Vortag, doch er kam ihr dennoch bekannt vor. Was führte diese seltsame Person im Schilde? Und was hatte sie mit den jungen Leuten zu schaffen? Je länger sie an dem Fall arbeitete, desto undurchsichtiger kam ihr alles vor.
    Jetzt war Daphne mit ihrem Begleiter in ihr klappriges rotes Auto gestiegen. Marguerite kehrte umgehend zu ihrem zurück, um ihnen zu folgen. Sie konnte es sich nicht erlauben, diese Spur, die einzige Verbindung zum Fall Delaveau, zu verlieren.
    Moment mal … dieser Junge …
    Ihr war plötzlich etwas eingefallen. Nervös zog Marguerite ein Notizbuch aus ihrer Handtasche. Sie fand sofort, wonach sie suchte.
    Ja, das war er, jetzt erinnerte sie sich. Groß, dünn, schwarz gekleidet und im Kontrast dazu

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