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Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Totenruhe - Bleikammer - Phantom

Titel: Totenruhe - Bleikammer - Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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„Das würde es noch spannender machen.“
    „Ach, es ist dir nicht spannend genug?“ In der großen leeren Eingangshalle zog sie ihn an sich und verpasste ihm einen Kuss, der heiße Schauer durch seinen Körper jagte. „Komm in die Bibliothek, nein, da ist vielleicht noch jemand … besser in den kleinen Seminarraum …“
    Sanjay hatte kein Licht gemacht, und Paul ließ sich durch das Dunkel zerren. Im Kamin knackte etwas leise. Ein leichtes orangerotes Glimmen war von dort aus zu sehen – der Rest des Feuers, das bis vor kurzem noch hier gebrannt hatte.
    „Das ist genial“, flüsterte er beeindruckt. „Können wir uns … einen Augenblick hierher setzen?“
    „Oh, der Romantiker im Manne“, kommentierte die Studentin. „Gerne. Aber hier sind wir möglicherweise nicht ganz ungestört.“
    „Wir tun nichts, was man später gegen uns verwenden könnte. Nur ein bisschen kuscheln. Und ein kleines Schlückchen vielleicht. Hast du etwas im Haus?“
    „Ich gehe kurz in die Küche nachsehen.“ Sanjay lief leichtfüßig die Treppe hinauf. Licht brauchte sie dazu keines. Das Sternenlicht, das durch die Fenster hereindrang, gepaart mit der Glut aus dem Kamin, reichte ihr vollkommen. In der Küche allerdings schaltete sie die kalte Deckenbeleuchtung ein. Dort fand sie eine angebrochene Flasche Campari und einen ungeöffneten Tetra-Pack Orangensaft, und sie mixte zwei Gläser nicht zu schwachen Campari Orange. Als sie das Licht löschte, schien die Finsternis viel dichter als zuvor. Trotzdem ging sie im Dunkeln hinab.
    Paul war ein Schatten vor dem Kamin. Er hatte den Blasebalg betätigt und noch einen Holzscheit nachgelegt. Allmählich leckten schlanke gelbe Flammen über das Holz. Sie reichte ihm den Drink, sie nahmen beide einen kleinen Schluck, und dann stellte sie die Gläser auf einem der Tische ab.
    „Dieser Ort hat etwas“, flüsterte er. „Ich glaube, ich würde mich hier wohl fühlen.“
    „Du könntest versuchen, dich als Student einzuschreiben, aber dann müsstest du deinen Job aufgeben.“ Sie verstummte, als ihr einfiel, dass sie ihm so etwas nicht aufdrängen wollte. Der Gedanke, ihn auf Falkengrund zu haben, war zwar höchst angenehm, aber sie durfte nicht vergessen, dass ein Aufenthalt in der Schule nicht ganz ungefährlich war. Außerdem hatte er eine gute Arbeit, und es war wohl klüger, diese nicht so schnell aufzugeben.
    Himmel, war sie verliebt! Ehe sie es mitbekam, hatte sie sich schon wieder an ihn geschmiegt, und als sie sich erst einmal in den Armen lagen, konnten sie sich nicht mehr voneinander lösen. Die Drinks waren vergessen, alles war vergessen. Im Stehen öffnete sie sein Hemd, küsste seine schwach behaarte Brust, und er massierte ihren Hintern immer gieriger.
    „Wir müssen weg hier“, schnurrte sie.
    „Der kleine Seminarraum?“, gab er wispernd zurück.
    „Genau der …“
    Sie stolperten durch die Dunkelheit, fanden das Zimmer irgendwie, schlossen die Tür hinter sich. In diesen Momenten war es völlig egal, dass sie kein Bett zur Verfügung hatten. Ein Tisch erfüllte den Zweck. Später wusste Sanjay nicht mehr, ob Paul sie ausgezogen hatte, oder ob sie es selbst getan hatte. Sie fröstelte ein wenig, als sie splitternackt in der Finsternis auf einem der kühlen Tische lag. Doch sofort war Paul da, um sie zu wärmen, von außen und von innen.

4
    Später schlüpften sie wieder in ihre Kleider, wiederum im Dunkeln, denn die Dunkelheit schien ihnen in dieser Nacht wie ein wunderbarer, sie schützender Mantel. Sanjay war schön, und Paul war schön, und dennoch genossen sie es, sich nicht zu sehen, sondern nur zu spüren, nicht alle Erfahrungen gleich auf einmal zu machen, sich das Visuelle für ein anderes Mal aufzuheben. Auch so hatte es ein buntes Kaleidoskop an Gefühlen gegeben.
    Erhitzt und noch immer erregt kehrten sie in die Halle zurück. Dort standen noch immer ihre Drinks, und die Gläser glänzten im schwachen Schein der Feuerglut. „Der Campari Orange ist schal geworden“, meinte Sanjay, doch Paul griff nach seinem Glas und reichte ihr das ihre.
    „Wir wollen doch nichts verkommen lassen“, lächelte er und trank von seinem Campari. Dann verzog er das Gesicht. „Aber er hat tatsächlich schon einmal besser geschmeckt. Puh!“
    Sanjay nippte an ihrem Getränk und fand es etwas zu warm, aber noch erstaunlich wohlschmeckend.
    In einem der Nebenräume gab es ein Geräusch, und eine Sekunde später öffnete sich die Tür zur Bibliothek. Lichtschein fiel in

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