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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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in der Depressionszeit. Etwa um die Zeit, als wir hier das schwere Erdbeben hatten - 1933.« Die Schere begann erneut zu klappern. Soweit ich es im Spiegel verfolgen konnte, machte er seine Sache gut.
    »Das Auto ist 1958 vergraben worden«, sagte ich. »Insofern sehe ich nicht, wie es irgendwas mit dem Alkoholschmuggel zu tun gehabt haben könnte. Und die Leute, die umgebracht worden sind, waren eine junge Familie. Ein Mann und eine Frau Anfang zwanzig und ihr kleines Kind.«
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Lady, ich möchte nicht schlecht von Griff denken. Zu mir war er immer freundlich und großzügig, auch wenn er ein bisschen seltsam war. Doch der Punkt ist, dass ihn Alkoholschmuggel in diesem Stil mit Leuten in Verbindung gebracht haben könnte, die nicht besonders nett waren.«
    Das Absurde daran, von Mördern und Gangstern als »nicht besonders nett« zu sprechen, hätte mich vielleicht zum Lachen gebracht, wenn ich nicht langsam zu überlegen begonnen hätte, ob die Ducanes womöglich Verbindungen zur Mafia gehabt hatten.

    Er beendete seine Arbeit mit der Schere und steckte sie mitsamt dem Kamm in einen Behälter mit blauer Flüssigkeit, um beides zu sterilisieren. Mit einer großen, weichen Bürste entfernte er die abgeschnittenen Haarspitzen von meinen Schultern. »Hat Mr. Baer Ihnen gegenüber je eine Hütte in den Bergen erwähnt? In der Nähe vom Lake Arrowhead?«
    »Nein. Ich glaube auch nicht, dass er je dort raufgefahren ist. Er ist immer in der Stadt geblieben. Er mochte die Kälte nicht, aber das kann natürlich auch an seinem fortgeschrittenen Alter gelegen haben. Aber vielleicht war er in jüngeren Jahren ja Ski-Champion, wer weiß das schon?«
    Ich bedankte mich für den Haarschnitt und die Informationen und versprach wiederzukommen. Am Schluss gab ich ihm ein dickes Trinkgeld.
    Zuerst das Cliffside und dann noch ein dickes Trinkgeld. Ich zog durch die Stadt, als hätte ich die dicke Baumwolle, wie der in Louisiana ansässige Zweig der Kellys es vielleicht ausgedrückt hätte. Geradezu grotesk für jemanden mit einem Reporter-Anfangsgehalt.
    Aber andererseits - was hatte alles Geld der Welt den Ducanes eingebracht?

36
    »Du kannst von Glück sagen, dass sie dir nicht die Nase gebrochen hat«, sagte Ian und reichte seinem Bruder einen Eisbeutel. »Nicht zu fassen, dass du dir das von so einem Weibsstück hast bieten lassen.«
    »Das war nicht sie«, entgegnete Eric. Er hätte noch weitergeredet, um Ian klar zu machen, dass er ihn mal kreuzweise konnte, und dass ihn in Wirklichkeit ihr früherer Vetter vermöbelt habe, aber durch die aufgeplatzten und geschwollenen Lippen zu sprechen war einfach zu schmerzhaft. Eric konnte
sich zwar nicht vorstellen, dass Kyle, dieses Würstchen, besonders viele Treffer gelandet hatte - er war sich nicht mal sicher, ob er mehr als einmal getroffen hatte, ehe dieses Scheißweib ihm ihre verdammte Handtasche ins Gesicht gedonnert hatte -, doch er hatte Stellen am Hals, an den Schultern, am Rücken und an den Beinen, die höllisch wehtaten. Eric hatte nichts gesehen, hatte die Schläge nicht einmal kommen sehen. Erst hatte ihn Kyle von hinten angefallen und dann den Kampf durch ein Mädchen beenden lassen - typisch für so ein Würstchen wie Kyle.
    Als ihn die Tasche ins Gesicht getroffen hatte, hatten sich seine Zähne in die Lippen und die Innenseiten seiner Backen gebohrt. Eine Ecke des brutalen Teils, das sie da in der Tasche gehabt hatte, hatte ihn am Auge getroffen, und nun war es fast ganz zugeschwollen. Dass er dann mit dem Gesicht auch noch auf den Asphalt geknallt war, hatte es nicht besser gemacht. Inzwischen hatte seine Nase zwar aufgehört zu bluten, doch sie schmerzte und war dick geworden, genau wie der größte Teil seiner linken Gesichtshälfte. Sein Kopf hämmerte.
    »Mann, dein Gesicht ist total im Arsch. Bist du sicher, dass dir keine Zähne ausfallen?«
    Wenn Ian nicht bald die Klappe hielt, würde Eric noch ein paar Verletzungen mehr riskieren, damit seinem Bruder das Reden genauso schwer fiel wie ihm.
    Wie üblich erriet Ian seine Gefühle. Das hatte er schon immer besser gekonnt als irgendwer sonst. »Entschuldige, das war eine beschissene Bemerkung. Wenn dieses Arschloch von Kyle - warte mal, Onkel Mitch hat Recht. Er hätte nie auch nur einen Teil vom Namen unseres Dads kriegen dürfen. Ich weiß nicht, wie wir ihn jetzt nennen sollen. Für mich ist er gestorben.«
    Eric rang sich ein angedeutetes Lächeln ab. »Deadman.«
    »Gute

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