Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
dass sie blöd waren.
    Onkel Mitch hatte keine Achtung vor ihnen, aber er sorgte für sie. So war es gewesen, seit sie zur Welt gekommen waren. Es war nicht immer leicht, es ihm recht zu machen, doch er war da, wenn sie ihn brauchten. Er beschützte sie gut, und sie taten ihr Bestes, ihm das zu vergelten. Allerdings hatte er auch jüngere Männer in seinen Diensten stehen, und Eric wünschte, einer von ihnen wäre heute drüben am Cliffside gewesen und nicht er.
    »Er kann das keinem anderen übertragen«, sagte Ian, der erneut seinem Gedankengang gefolgt war. »Und du weißt auch, warum.«
    Eric nickte.
    »Dann mach ich mich mal lieber auf die Suche nach dem Deadman«, erklärte Ian. »Warum bist du auf ihn losgegangen, Eric? Jetzt werden sie uns im Auge behalten.«
    Eric zeigte ihm den Vogel.
    Ian schwieg eine Weile. Als er wieder sprach, schnitt er ein weiteres heikles Thema an. »Nicht zu fassen, dass er sich einen BMW gekauft hat. Einen schwarzen, genau wie unsere?«
    »Ja«, sagte Eric, der inzwischen begriffen hatte, dass Sprechen angenehmer war als Nicken.

    »Er will uns wohl ausstechen, was?«
    Eric glaubte, der Deadman wollte ihm und Ian mit dem BMW sagen, dass er Onkel Mitch nicht brauchte, um sich ein Auto zu leisten. Er konnte sich selbst eines kaufen.
    Einen Moment lang sann Eric darüber nach, wie es wohl wäre, nicht wegen allem zu Onkel Mitch gehen zu müssen.
    Er dachte an die kleine Schatzkiste, die er versteckt hatte - seine Versicherung, wie er sie nannte. Ein paar Kleinigkeiten, die ihm nützlich wären, falls sich herausstellen sollte, dass Onkel Mitch seine Neffen in seinem Testament doch nicht ganz so großzügig bedacht hatte. Von dem Tag an, als Onkel Mitch den Waisenjungen bei sich aufgenommen hatte, hatte Eric begonnen, kleine, aber wertvolle Gegenstände zu sammeln. Doch nichts aus seiner Schatzkiste würde ihm dazu verhelfen, so gut zu leben wie jetzt.
    »Glaubst du, unser kleiner Vetter treibt’s mit diesem Häschen von der Zeitung?«, fragte Ian und unterbrach damit seinen Gedankenfluss.
    »Keine Ahnung. Aber er ist scharf auf sie«, murmelte Eric.
    Auf einmal setzte sich Ian kerzengerade auf. »Glaubst du, er versucht, Warrens Sicht der Dinge in die Zeitung zu kriegen, jetzt, wo Warren sich einbildet, er wäre in Sicherheit?«
    Eric riss sein heiles Auge auf. Er wäre nicht darauf gekommen, dass sein Vetter auf etwas anderes aus war, als eine Frau ins Bett zu kriegen. Aber Ian hatte Recht. »Scheiße«, sagte er.
    Das größte Problem war, dass Warren anscheinend wirklich in Sicherheit war. Sie hatten gelernt, ihn in Onkel Mitchs Gegenwart nicht zu erwähnen. Warren und dieses kleine Würstchen und jetzt noch eine Reporterin vom Express - keine gute Mischung.
    Ian runzelte die Stirn. Seine Besorgnis wuchs. »Kein Wunder, dass Onkel Mitch will, dass wir sie im Auge behalten. Warren, dieser verfluchte Spinner! Warum hat er nicht einfach alles so lassen können, wie es war?«

    Eric war ganz Ians Meinung.
    »Eine Reporterin«, wiederholte Ian. »Eine Reporterin! Verdammt!«
    »Das ist noch nicht alles«, sagte Eric. »Sie ist mit O’Connor befreundet.«
    »Was? Mit O’Connor?«
    »Ich verarsch dich nicht.«
    »Der Deadman kann ihnen noch nichts von Warren gegeben haben«, mutmaßte Ian. »Sonst stünde es jetzt schon in der Zeitung. Also, worum geht’s? Wir müssen einen Weg finden, um ihn aufzuhalten. Vielleicht sollten wir den Deadman einfach umlegen - und die Reporterin.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Warren könnte es O’Connor trotzdem erzählen. Oder sonst wem. Warren ist das Problem.«
    »Also, was sollen wir machen?«
    »Warren eine Falle stellen.«
    »Wie?«
    »Der Deadman - er muss als Köder herhalten.«
    Ian gefiel die Idee. »Ich erzähl’s Onkel Mitch.« »Nein«, widersprach Eric hastig.
    Ian blickte so verblüfft drein, dass Eric beinahe hätte lachen müssen.
    »Nein?«, sagte Ian.
    »Er ist wütend auf uns, weil wir zugelassen haben, dass Warren verschwunden ist, stimmt’s?«
    »Das war nicht unsere Schuld!«
    »Natürlich nicht. Aber du weißt doch, wie er ist.«
    »Wenn wir jetzt sagen, dass es auf die Art klappt, und dann klappt es doch nicht …,« sinnierte Ian.
    »Genau. Dann sind wir geliefert. Dann sagt er bloß, wir hätten schon wieder Mist gebaut. Wir sagen Onkel Mitch erst Bescheid, wenn wir Warren erwischt haben.«

    »Aber wenn Warren nicht auftaucht …«
    »Wird er schon.«
    Ian sah zweifelnd drein.
    »Wird er schon«, wiederholte Eric mit

Weitere Kostenlose Bücher