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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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noch das Meer.«
    »Ja, ich auch. Vielleicht sind wir doch im Keller, nur in einem Teil, den ich noch nicht ergründet habe. Da gab’s noch eine Waschküche und einen Lagerraum, den ich mir nicht angesehen habe.«
    »Versuchen wir lieber, einen Weg hier rauszufinden, bevor sie zurückkommen und ihr Werk vollenden.« Ich überlegte kurz. »Vielleicht sollten wir Schulter an Schulter auf allen vieren vorwärts kriechen. Beim Aufrechtgehen würden wir womöglich über Gegenstände stolpern, die wir nicht sehen, oder gegen Dinge laufen oder in eine Grube fallen oder so.«
    Er war einverstanden. Es war nicht die schnellste oder die bequemste Art, sich fortzubewegen, und erwies sich insbesondere als Strapaze für Handflächen und Knie, aber es war wohl das Sicherste.
    Schon bald merkten wir, dass der Raum, in dem wir uns befanden, lang und relativ schmal war und sowohl Wände als auch Fußboden anscheinend aus Beton bestanden. Die völlige Dunkelheit erschwerte es allerdings, sich irgendwelcher Gegebenheiten sicher zu sein. Wir beschlossen, an einer Wand entlangzukriechen, in der Annahme, dass wir so zu irgendeiner Öffnung oder einer Treppe gelangen würden. Ich nahm die Position an der Wand ein, da es Max offenbar schwer fiel, das Gleichgewicht zu halten.
    Wir gelangten an eine Kurve und bogen nach rechts ab.
    Aus der Ferne kam ein matter Lichtschein, und wir hörten das Meer. Die Feuchtigkeit nahm zu, doch die Luft wurde frischer. Immer wieder wehte mir eine Brise Haarsträhnen ins Gesicht. Ich hörte Brandung und Wind.
    Das munterte mich enorm auf. Es linderte auch die Orientierungslosigkeit,
die ich zuvor in der undurchdringlichen Finsternis empfunden hatte. Und wo Licht hereinkam, kämen wir vielleicht hinaus.
    Da begriff ich auf einmal, wo wir waren. »Der Schmugglertunnel.«
    »Was?«
    Ich berichtete ihm, was O’Connor mir über diese Gänge erzählt hatte.
    »Dann geht’s hier also entweder zum Haus oder zum Strand, ja?«, fragte er.
    »Ich schätze, dass wir inzwischen näher am Strand sind. Versuchen wir mal, uns aufzurichten.«
    Wir tauschten die Plätze, damit er sich mit der rechten Hand an der Wand abstützen konnte. Mit vorsichtigen, schlurfenden Schritten tappten wir weiter. Irgendwann nahm ich in der Beschaffenheit des Bodens unter meinen Schuhen eine Veränderung wahr. Wir gingen zwar immer noch auf Beton, doch lag nun etwas Körniges darauf - Sand. Die Luft wurde immer kühler und frischer.
    Wir erreichten das Ende des Tunnels. Das Licht entpuppte sich als Mondlicht, das durch Ritzen in einer Öffnung drang, die mit einer dicken, eisenbeschlagenen Doppeltür versehen war. Auf unserer Seite hielt ein breiter, mit schweren Vorhängeschlössern gesicherter Eisenriegel die Türflügel geschlossen. Die andere Seite der Tür war offenbar von einem Dickicht aus Bougainvillearanken bedeckt. Der Wind ließ die scharfen, nadelspitzen Dornen der Bougainvilleen gegen das Metall der Tür kratzen, als wollten sie hereinkommen und sich vor dem Wetter schützen. Wir versuchten, den Riegel zu bewegen, jedoch vergebens. Wir stießen gegen die beiden Türflügel. Sie regten sich nicht. Wir riefen erneut, doch bald begriff ich, dass niemand in der Nähe war.
    Max setzte sich und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.

    »Lass mich ein bisschen ausruhen«, bat er. »Vielleicht fällt mir dann irgendwas ein.«
    Ich betastete die Scharniere, die sich auf unserer Seite der Tür befanden, doch sie schienen festgerostet zu sein. Als Nächstes inspizierte ich die Unterkante.
    Zu meiner großen Freude hörte der Betonboden etwa zehn Zentimeter vor der Tür auf. Ich begann, mit den Händen Sand wegzuschaufeln.
    »Was machst du denn da?«, fragte Max und beugte sich näher heran. »Wir können uns nicht zwischen der Tür und dem Beton durchquetschen.«
    »Nein, aber ich glaube, ich kann einen Arm durchkriegen und vielleicht winken, um mich bemerkbar zu machen. Außerdem kommt so ein bisschen mehr Licht und Luft herein.«
    »Und es erhöht die Chancen, dass uns jemand hört«, sagte er. »Ich helfe dir.«
    Er hielt fünf Minuten durch, bis er erneut das Bewusstsein verlor.

48
    Vierzig Minuten nachdem sie das Zimmer mit den Blutflecken entdeckt hatten, setzten Lefebvre und die anderen Polizisten vom LPPD alle Hebel in Bewegung, um die beiden zu finden. O’Connor versuchte vergeblich, in diesem Wissen Trost zu finden.
    Die Anweisung, nach dem BMW »Ausschau zu halten«, von dem Lefebvre inzwischen zugegeben hatte, dass es sich

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