Totenruhe
bereitete ihm Yeager eine unangenehme Überraschung, indem er ihm von einem Tonband erzählte. Aus der Aufzeichnung ging angeblich hervor, dass Warren den Tod seiner Eltern ersehnt und die Firma seines Vaters habe übernehmen wollen. Warren wurde versichert, dass auf dem Band zu hören sei, wie Yeager es entschieden ablehnte, sich an einem Mordkomplott zu beteiligen, und Warren riet, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Warren musste an die Änderungen denken, die in jüngster Zeit an den Nixon-Aufzeichnungen vorgenommen worden waren, und hätte gern gewusst, ob Spezialisten erkennen konnten, dass das Band, das Yeager heimlich von ihrer Unterredung aufgezeichnet hatte, manipuliert worden war. Und langsam regte sich in ihm der Verdacht, dass ein solches Band nicht als Beweismittel gegen ihn verwendet werden konnte.
Doch von alledem wusste keiner im Raum etwas.
Stattdessen berichtete er Lillian, was er Zeke und Auburn über das Ereignis, das der Anlass für dieses Treffen war, vor sechzehn Jahren erzählt hatte. Wie es dazu gekommen war, dass Warren nach einem Mittagessen mit Auburn beim Verlassen des Las Piernas Country Clubs buchstäblich mit Yeagers Frau Estelle, die nicht mehr ganz sicher auf den Beinen war, zusammengestoßen war. Es hatte ihn verwundert, sie in diesem Zustand zu sehen. Später erfuhr er, dass sie an Tagen, an
denen ihr Adoptivsohn die Vorschule besuchte, des Öfteren in der Bar des Country-Clubs drei Martinis kippte.
Sie hatte Warren angelächelt und ihn gefragt, ob er ihr helfen könne, ihren Wagen zu finden. Er reichte ihr seinen Arm und führte sie hinaus. Dort bot er ihr an, sie nach Hause zu fahren, doch sie erschauerte und sagte: »Das wäre Mitch bestimmt nicht recht.«
Vielleicht aufgrund ihres Alkoholpegels, vielleicht auch, weil sie nie begriffen hatte, dass Warren kein echter Freund der Familie war, lud Estelle ihn, ehe sie sich in ihren BMW setzte, auf die Party anlässlich des fünften Geburtstags ihres Sohnes ein. In der Annahme, sein Erscheinen dort werde wiederum aufgrund einer Anweisung ihres Mannes verfügt, nahm Warren die Einladung an.
»Mit Vergnügen. Ich kenne Mitch junior noch gar nicht, oder?«, hatte er gesagt.
»Oh, wahrscheinlich nicht. Normalerweise halte ich ihn fern, wenn Mitchs Freunde da sind. Und er heißt auch nicht Mitch junior. Wir haben ihn Kyle genannt. Das war Adams zweiter Vorname. Kannten Sie Adam - Mitchs Bruder?«
Warren schüttelte den Kopf.
»Oh. Na ja, er ist jetzt schon seit ein paar Jahren tot«, erklärte sie beklommen und wandte den Blick ab.
»Der Name Kyle gefällt mir«, sagte Warren, in erster Linie, um sie von ihren offenkundig unerfreulichen Gedanken abzulenken.
Sie lächelte. »Mir auch. Außerdem wäre mir mehr als ein Mitch im Haus zu viel.« Sie errötete und fügte dann hinzu: »Bitte verraten Sie Mitch nicht, dass ich das gesagt habe.«
»Natürlich nicht«, versprach er. Sie bedankte sich und fuhr sofort davon, als fürchtete sie, womöglich weitere unbedachte Kommentare abzugeben.
Yeager hatte verkniffen gelächelt, als Warren zu der Geburtstagsparty erschienen war, und seine Frau angefunkelt,
die diesmal absolut nüchtern war. Warren erriet sofort, dass Yeager ihn weder erwartet hatte noch dabeihaben wollte, sah, wie Estelles Gesicht jegliche Farbe verlor, und redete hastig drauflos, ehe Yeager sie zusammenstauchen konnte. »Ich hoffe, es ist Ihnen recht, wenn ich auf einen Sprung vorbeikomme. Ich kann nicht lange bleiben. Ich wollte Ihrem Sohn nur zum Geburtstag gratulieren.«
Warren hatte mittlerweile gelernt, seine Gefühle zu verbergen, und sah Yeager mit ausdrucksloser Miene an, die Yeager als Mischung aus Dummheit und Unterwürfigkeit interpretierte.
Yeager lachte. »Was könnte wichtiger sein als der Geburtstag meines Sohnes? Kommen Sie rein und bleiben Sie so lange wie möglich.«
Warren sah Estelle die Erleichterung an und lächelte.
Er betrat einen Raum voller Erwachsener. Auf dem Rasen hinter dem Haus unterhielt ein Clown ein halbes Dutzend Kleinkinder. Zwei junge Männer wurden daran gehindert, ein kaltes Büffet zu plündern. Wie er später erfuhr, waren das Mitchs Neffen Eric und Ian, die dann dahockten und sich gegenseitig zwickten und knufften, wann immer ihre geplagte Tante Estelle nicht hinsah. Warren schätzte sie auf über vierzig - zu alt, um sich derart kindisch aufzuführen.
Warren stellte das verpackte Geschenk, das er gekauft hatte - ein Spielzeug-Müllauto -, vorsichtig am Fuß
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