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Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Gustav-Meyer-Platz in Brunsbüttel geparkt, wo der Agent verabredungsgemäß auf sie gewartet hatte. »Trautmann, United Channel Agency«, stellte er sich vor.
    Er erklärte ihnen, dass sich die Ankunft der »Christian Molsen« um ungefähr eine halbe Stunde verzögern würde. In der Nacht hatte ein Frachter wegen eines Steuerungsschadens mit dem Bug eine mannsgroße Delle in das südliche Schleusentor gedrückt. Es ließ sich nicht mehr öffnen. Taucher waren dabei, den Ausbau und den Transport zur Schleusenwerft am Nordufer vorzubereiten.
    »Der Schifffahrt stehen für diesen Zeitraum jeweils nur die Nordkammern der Schleuse zur Verfügung«, sagte Trautmann. »Ich kann Ihnen die Wartezeit mit einem Kaffee in meinem Büro auf der Schleuseninsel verkürzen. Frisch aufgebrüht.«
    Malbek entschuldigte sich wegen eines dringenden Telefonats und ging auf die andere Straßenseite.
    »Hallo, Dr. Brotmann. Schön, dass ich Sie so früh erreiche. Können Sie mir schon einen vorläufigen Bericht geben, wie Sie es immer bei meinem Kollegen Lüthje tun?« Diesen Wortlaut hatte ihm Lüthje vorgegeben.
    »Guten Morgen, Herr Malbek. Gestatten Sie mir zunächst, zu einer von Ihren Mitarbeitern geäußerten Vermutung Stellung zu nehmen. In einer etwas voreiligen Notiz Ihres Mitarbeiter Harder habe ich gelesen, dass die Wollhandkrabben den Kopf der Leiche so zugerichtet hätten. Das ist falsch. Es war ein Schuss aus nächster Nähe. Ich habe die dafür typischen punktförmigen Pulvereinsprengungen einer Schusswaffe gefunden, die als Blutungen in der Lederhaut sichtbar sind. Der Einschuss ist auffallend klein. Der asymmetrische Schmauchhof bedeckt das ganze Gesicht, mit Ausziehung im Bereich der Stirn, also zur schützenfernen Seite. Da ich sogar eine leichte Abschattung im Bereich der Nase feststellen konnte, ist davon auszugehen, dass es sich um einen Nahschuss, nur wenige Zentimeter vor der unteren Gesichtshälfte, handelt. Ich habe keinerlei Anzeichen für ein mehrstrahliges Schmauchbild gefunden, wie es bei Gewehren gerade von Profikillern wegen der speziellen Mündungsstücke zur Dämpfung des Mündungsfeuers oft zu finden ist. Der Anstreifring des Einschussloches ist im Randbereich geschwärzt. Es ist ein Durchschuss mit Geschossaustritt im hinteren Schädeldach. Schussrichtung schräg von unten nach oben, dicht vor dem Gesicht. Drogen und Alkohol negativ.«
    Eine kleine Waffe, direkt vor dem Gesicht. Malbek versuchte, sich die Situation bildlich vorzustellen. Mit dem Lauf von schräg unten nach oben. Hat der Täter dem Opfer weismachen wollen, dass die Pistole ein Feuerzeug sei? Und ihn ausgelacht, als er das Entsetzen im Gesicht des Markus Peters sah? Dann die Erleichterung, als der Täter ihm sagt, es sei nur ein Feuerzeug. Dann der Schuss. Hat der Täter sadistische Züge? Ein Streit in der sogenannten Kleinkriminalität? Dealer sind oft clean. Eifersucht? Hehlerei? Irgendetwas, was keine Verbindung zur Reederei hatte?
    Keine Spur, keine wirklichen Anhaltspunkte, nur vage Vermutungen. Herumstochern im trüben Gewässer. Trotzdem. Malbek war sich sicher, dass es irgendetwas mit diesem Schiff zu tun hatte, was er in diesem Moment vor der Schleuseneinfahrt auftauchen sah.
    »Hallo, Herr Malbek, sind Sie noch da?«
    »Ja, ich habe nur nachgedacht.«
    »Haben Sie das Projektil schon gefunden?«, fragte Brotmann.
    »Nein, noch nicht. Sonstige Kampfspuren?«
    »Wäre naheliegend, Sie haben recht. Eine Waffe dicht vor dem Gesicht abdrücken, das geht nicht so schnell, dem geht meist ein Kampf voraus. Aber merkwürdigerweise habe ich keine Hinweise darauf gefunden. Nicht mal einen blauen Fleck.«
    »Vielen Dank, Dr. Brotmann, die Arbeit ruft!«
    »Schöne Grüße an Eric Lüthje, falls Sie ihn eher sehen oder hören.«
    »Mach ich! Ich muss Schluss machen, tschüss!«
    »Einen Moment noch. Ich vergaß zu erwähnen, dass ich einige Gewebeproben an das LKA geschickt habe, organische und anorganische, wegen der Schmauchspuren. Tschüss, Herr Malbek!«
    Im Büro der Agentur genoss man duftenden Kaffee und sah Trautmann bei seinen Telefonaten und dem Sortieren der Post für die nächsten Schiffe zu. »Post für die ›Christian Molsen‹ dabei?«, fragte Malbek und sah in das Postfach des Schiffes. Es war leer.
    »Es wird Zeit für Sie«, sagte Trautmann. »Ich muss nicht an Bord. Keine Post, und außerdem hat das Schiff für die Passage eine Nach-Inkasso-Erlaubnis. Anderenfalls müsste der Kapitän in der Eingangsschleuse die

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