Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenschleuse

Totenschleuse

Titel: Totenschleuse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
Vom Netzwerk:
Laptops.
    »Nach Spuren suchen, Herr Schlömer. Aber das ist jetzt wahrscheinlich sowieso sinnlos.« Die Einrichtung war schlicht, aber zweckmäßig. Ein Etagenbett, ein am Boden festgeschraubter Tisch mit Sitzbank, zwei schmale Schränke, ein Regal mit Büchern, Poster an der Wand. Das verhaltene Blubbern des Schornsteins hing im Raum.
    »Wie schläft man hier? Ist es besser, oben oder unten zu schlafen?«
    »Wir haben beim Wechseln der Bettwäsche die Betten getauscht. Oben ist eine Resonanzstelle, da dröhnt es besonders. Der Schornstein läuft an dieser Seite lang. Sie dürfen mit dem Kopf nicht zur Wand liegen.«
    »Ja, es ist lauter, als ich dachte«, sagte Malbek.
    »Dabei fahren wir doch nur sieben Knoten durchschnittlich. Die Fahrradfahrer auf dem Wanderweg begleiten uns manchmal ein Stück.« Henning schien etwas lockerer zu werden. Aber das würde gleich wieder vorbei sein, vermutete Malbek.
    »Hat Herr Peters irgendetwas zurückgelassen, als er von Bord ging?«
    »Nein. Wir wissen ja nie, ob wir nach einem Urlaub auf ein anderes Schiff beordert werden.«
    »Wie oft passiert das?« Malbek stand auf, sah in das Regal, öffnete die Schränke. »Entschuldigen Sie, aber das ist Routine. Wem gehören die Bücher?« Es waren Fantasy- und Science-Fiction-Romane.
    »Eigentlich uns beiden. Ich weiß nicht mehr, wer was gekauft hat. Wir haben auch eine Bordbibliothek, aber das ist alles Schrott.«
    Malbek blätterte in den Büchern, schüttelte sie am Rücken. Ein Papiertaschentuch fiel heraus.
    »Ich hörte, dass Markus Ärger mit der Reederei gehabt haben soll.«
    »Ärger? Nicht so richtig. Das ging um seine, unsere Ausbildung. Er wollte eine Verbesserung für uns, zumindest für uns beide, durchboxen. Die Reederei warb damit, dass sie fünfzehn Schiffsmechaniker-Auszubildende haben. Aber sie sagten nicht, dass sie keinen einzigen Schiffsmechaniker mit abgeschlossener Berufsausbildung eingestellt haben. Nach den Vorschriften reicht es, wenn man einen Auszubildenden mit zwei- bis dreijähriger Ausbildungszeit an Bord hat. Das ist billiger für die. Wir mussten davon ausgehen, dass man uns nach der bestandenen Prüfung wieder auf die Straße setzt. Und wie sollen wir unsere Prüfung zum Schiffsmechaniker schaffen, wenn wir dauernd Schiffsreinigung machen müssen? So sah das hier aus.«
    »Was hat Markus konkret gemacht?«
    »Er hat eine Mail an den Personalchef geschrieben. Der hat ihn tatsächlich deswegen angerufen. Hätte ich nie gedacht. Und dann hat er ihn zum persönlichen Gespräch eingeladen. In die Reederei.«
    »Und was ist dabei herausgekommen?«
    »Wir wurden endlich im Maschinenraum eingesetzt und ausgebildet. Beim Maschinisten. Und auf der Brücke. Und wir haben mehr Zeit zum Lernen für die Prüfung. Das ist immerhin ein Anfang.« Er hielt inne und sah Malbek unsicher an.
    »Wie viel verdiente Markus?«
    »Genauso viel wie ich, im zweiten Lehrjahr tausendeinhundert Euro. Aber wenn wir zur Berufsschule auf der Seefahrtsschule in Rostock sind, kriegen wir weniger. Das sind immer drei Monate im Jahr, aber die meiste Zeit sind wir auf See.«
    »Wo haben Sie sich kennengelernt?«
    »Wir haben uns am Anfang der Ausbildung in den ›Duckdalben‹ getroffen.«
    »Duck…?«
    »Duckdalben. Das perfekte Seemannsheim, mit Billard, Biertheke, Grill, Fernseher, gute Leute. Im Eurogate, das ist der Containerterminal im Hamburger Hafen.«
    »Wo waren Sie vor zwei Tagen?«, fragte Malbek.
    »Als Markus ermordet wurde, das meinen Sie, stimmt’s? Sie wollen mein Alibi.« Er schüttelte den Kopf. »Ich war auf diesem Schiff. In der Deutschen Bucht. Wir hatten Windstärke sieben bis acht, in Böen neun.«
    »Haben Sie einen Verdacht?«
    »Nein!«
    »Eine Vermutung, ein Gedanke, der Ihnen im Kopf herumgeht?«
    »Hä? Was soll das?« Er setzte sich auf.
    »Ein Erlebnis? Eine Erinnerung an eine Bemerkung, die Markus Ihnen vielleicht –«
    »Hören Sie auf, das ist ja ätzend!«
    »Das gehört zu meinem Job. Also? An was denken Sie gerade?«
    Schlömer schwieg und wandte seinen Blick vom leeren Bildschirm seines Notebooks zum Bullauge, hinter dem schwarzgraue Wolkenfetzen das Schiff begleiteten.
    »Ich fragte Sie, ob Sie einen Verdacht haben«, sagte Malbek wieder.
    »Nein, natürlich nicht!«
    »Wieso natürlich ?«
    »Ach Scheiße!« Schlömer hielt den Kopf gesenkt. Er wollte Tränen verbergen.
    »Was geht Ihnen im Kopf herum, Herr Schlömer?«
    »Ich weiß wirklich nichts, gar nichts!«
    »Sie sagen das so, als ob

Weitere Kostenlose Bücher