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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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breitschultrigen Mannes hereinkam, der zum größten Teil aus Gips und Verbandszeug zu bestehen schien. Der Kopf war bandagiert, der mächtige Brustbereich ebenfalls, und der rechte Arm steckte in einem Gips. Mit diesen Verletzungen würde sich bei uns jeder Beamte zu Recht erst mal vier Wochen krankschreiben lassen, dachte Schwiete beeindruckt. Der Mann mit der Natur eines Bullen setzte sich ihm gegenüber auf einen Stuhl. Dabei konnte selbst er ein leises Stöhnen nicht unterdrücken.
    »Herr …« Schwiete hatte Probleme, den russischen Nachnamen korrekt von seinem kleinen Notizbuch abzulesen.
    Sein Gegenüber schlug vor: »Nennen Sie mich einfach Mike! Alle nennen mich so. Freunde wie Feinde. Bei Ihnen muss ich aber erst noch rausfinden, was Sie sind.«
    Schwiete war platt. Die etwas lallende, schleppende Aussprache konnte bei den vielfältigen Verletzungen im Gesicht nicht überraschen. Aber seine entwaffnende Offenheit irritierte ihn einfach. Prüfend schaute er Mike an, konnte sich aber nicht festlegen, wie er ihn einzuschätzen hatte. Mike erwiderte seinen Blick ebenso direkt, wie er seine Worte wählte. Zumindest war dieser Mann sehr selbstbewusst, vielleicht aber auch nur etwas schlichten Gemütes, dachte Schwiete.
    »Okay, Mike«, begann er die Vernehmung. »Erzählen Sie bitte, was genau gestern Abend passiert ist. Denken Sie in aller Ruhe nach, auch Unwichtiges kann von Bedeutung sein.«
    »Zum Nachdenken hatte ich heute Nacht genug Zeit. Ich habe vor Schmerz keine Sekunde schlafen können, das dürfen Sie mir glauben. Also, ich habe trainiert. Ziemlich gut trainiert sogar. Dann habe ich geduscht, mich angezogen und bin hinausgegangen zu meinem Auto. Draußen war Scheißwetter. Dunkel, windig und nass. Ich habe mir die Kapuze über den Kopf gezogen und zugesehen, dass ich ins Auto komme, und habe nicht erst großartig von draußen hineingeschaut. Hätte ich mal machen sollen, wäre gesünder für mich gewesen. Na ja, hinterher ist man ja immer schlauer. Ich habe mich natürlich gewundert, dass die Karre nicht verriegelt war, aber das vergisst man ja schon mal. Hab nicht weiter darüber nachgedacht. War auch ein Fehler. Als ich drinsaß und losfahren wollte, hat mir so ein Dreckschwein von hinten was an die Birne geschlagen, und ich habe nur noch Sterne gesehen. Als ich aufgewacht bin, lag ich auf einem Bett in der Notfallambulanz. Mehr weiß ich nicht, Herr Kommissar.«
    »Hauptkommissar«, korrigierte ihn Schwiete. Es musste schließlich alles seine Ordnung haben. Dann war ihm plötzlich seine eigene Pingeligkeit peinlich, und er fragte schnell weiter: »Mike, in der letzten Zeit ist bei Ihrem Arbeitgeber so einiges vorgefallen. Können Sie dazu etwas sagen?«
    Mike schaute ihn überrascht an. »Vorgefallen? Was ist denn vorgefallen? Ich habe davon jedenfalls nichts mitbekommen. Ich fand die letzten Tage sogar eher ruhig. Was soll denn gewesen sein?«

36
    Ursprünglich hatte Mike bereits um sechzehn Uhr aus dem Krankenhaus entlassen werden sollen, aber dann gab es doch noch dieses und jenes Problem, und am Ende war es fast sechs, als Mike endlich auf dem Beifahrersitz neben Patrick Rademacher Platz nahm. Rademacher hatte seinen beschädigten Mini Cooper zur Werkstatt gebracht und stattdessen einen Leihwagen bekommen. Gegen Bezahlung, wie Rademacher zerknirscht erfahren musste. Aber was sollte er machen? Sein Chef erwartete an diesem Abend nicht nur Einsatzbereitschaft, sondern auch Mobilität, wie er explizit gesagt hatte.
    Rademacher schaute Mike skeptisch an, als dieser stöhnend neben ihm saß. »Bist du dir sicher, dass du das schaffst?« Er empfand so gut wie kein Mitgefühl, es war mehr die Sorge, dass Mike während der Aktion ausfallen und zum Risiko werden könnte.
    »Alles klar, Mann!«, brummte Mike. Sein Versuch, souverän zu klingen, wollte jedoch nicht recht gelingen. Ein Bluterguss im Kiefermuskel verhinderte eine klare Artikulation, seine Aussprache war schleppend und etwas breiig.
    »Was ist mit deinem Arm? Kannst du den überhaupt gebrauchen?«
    Mike schaute ihn aus blutunterlaufenen Augen an. »Hör mal zu, du langer Hampelmann! Auch wenn ich Rechtshänder bin, habe ich im linken Arm immer noch dreimal so viel Kraft wie du. Glaubst du mir nicht?«
    Bei diesen Worten umfasste Mike mit seiner gewaltigen linken Hand Rademachers Oberarm und drückte zu. Der schrie auf und wollte sich losreißen. Mikes eiserner Klammergriff lockerte sich erst, als Rademacher winselnd darum bettelte.

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