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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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Heggemann.
    »So, und jetzt machen wir ein paar schöne Fotos mit Ihnen und dem süßen Kätzchen.«
    Auch hier hatten die Hermskötters ihre eigenen Vorstellungen, und Heggemann musste deutlich mehr Fotos machen, als eigentlich nötig gewesen wären. Er versprach den beiden Alten, ihnen die Bilder auf Fotopapier auszudrucken und zu schicken.
    Als er wieder in seinem Auto saß, war es draußen bereits dunkel. Die Kollegen von der Sportredaktion waren jetzt mit Sicherheit schon stocksauer, weil er noch nicht zum Dienst erschienen war. Das würde Ärger geben. Aber immerhin war er mal richtig satt geworden. Für einen freien Mitarbeiter einer Tageszeitung ist das ja nicht selbstverständlich.

54
    »Wie eine Mumie«, stöhnte Werner Hatzfeld, als er sich zu Hause im Spiegel begutachtete. Vorsichtig betastete er sein Gesicht, strich leicht mit den Fingerkuppen über den Verband, der mehrfach über die Stelle gewickelt worden war, an der in besseren Zeiten ein ganz normales rechtes Ohr gesessen hatte. Ob das angenähte Exemplar jemals wieder so aussehen würde wie früher, war mehr als fraglich. Funktionieren würde es vermutlich auch nicht mehr richtig. Hatzfeld konnte es immer noch nicht fassen, dass es jemand gewagt hatte, ihm so etwas anzutun. Ihn zu verstümmeln, seine Würde zu verletzen.
    Als hätte er auf einen Alarmknopf gedrückt, durchfuhr ihn plötzlich eine heftige, kaum zu kontrollierende Wut. Hatzfeld trat gegen eine teure antike Kommode. Dass dabei eine kaum weniger wertvolle Porzellanschale zu Boden fiel und krachend in Hunderte kleiner Scherben zerbarst, fachte seinen Tobsuchtsanfall nur noch weiter an. Er schrie vor Zorn, riss ein Gemälde mit dickem edlen Holzrahmen von der Wand und schleuderte es durch den ganzen Flur. Endlich hielt er schwer atmend inne und starrte mit leicht irrem Blick auf das Chaos, das er angerichtet hatte.
    Resigniert ging er in sein Wohnzimmer. Er nahm eine Flasche und ein Glas aus dem Schrank und schenkte sich großzügig ein. Genau davor hatte ihn der Arzt vor gerade mal einer Stunde dringend gewarnt, da er unter starken Schmerzmitteln stand. Alkohol sei da pures Gift. Aber Hatzfeld wollte jetzt nicht vernünftig sein, er wollte rebellieren. Gegen die einengende Vernunft, gegen den Arzt, gegen sein künftiges Schicksal als hässliches Monster, gegen alles.
    Nachdem er das Glas in einem Zug geleert hatte, warf er es quer durch das große Wohnzimmer. Zufrieden hörte er, wie es an der Wand zerschellte, und freute sich, als an der Stelle ein feuchter Fleck zurückblieb. Sollte doch alles draufgehen!
    Es war Sonntagnachmittag. Seine Haushälterin hatte frei, dennoch überlegte er, ob er sie anrufen und herbeizitieren sollte. Er brauchte jetzt jemanden, der sich um ihn kümmerte. Dann verwarf er diesen Gedanken wieder. Eigentlich war er froh, allein zu sein. Er wollte niemanden sehen und von niemandem gesehen werden. Und einen Kaffee konnte er sich auch allein kochen.
    Immer wieder fragte er sich, wer ihn überfallen haben mochte. Er hatte sich bereits im Krankenhaus das Hirn zermartert und versucht, sich die letzten Bilder vor der Ohnmacht vor Augen zu führen. Aber mehr als eine dunkle Silhouette, die mit erhobenen Armen vor ihm stand und zuschlug, brachte er nicht zustande.
    Ärgerlich wischte er diese Frage beiseite und zwang sich, an Näherliegendes zu denken. Er musste dringend Rademacher anrufen und herausfinden, wie es in der Hütte stand. Hatten sie Kloppenburg schon ausreichend weich geklopft, oder bockte er noch? Überhaupt, was sollte mit Kloppenburg geschehen? Selbst wenn sein ehemaliger Geschäftspartner ihm schwören würde, nichts von dem auszuplaudern, was er über Hatzfelds Geschäfte wusste … könnte er ihm trauen? Kloppenburg war und blieb ein Risiko für ihn.
    Er griff zum Telefon und drückte es sich gewohnheitsmäßig ans rechte Ohr, doch sofort schrie er auf vor Schmerz und wechselte die Seite. Als Rademacher sich meldete, raunzte Hatzfeld ihn heftiger an, als er es eigentlich geplant hatte. Sein völlig eingeschüchterter stellvertretender Geschäftsführer gab ihm zaghaft Auskunft.
    »Alles klar so weit, Chef. Ich denke, der Gefangene ist mürbe. Der gibt keinen Mucks mehr von sich. Selbst wenn man ihn ein bisschen mit dem Messer kitzelt, schaut er einen nur mit leerem Blick an. Der Mann ist fertig. Um den müssen wir uns keine Gedanken mehr machen.«
    »Halten Sie den Mund, Rademacher!«, fuhr Hatzfeld ihn an. »Ob wir uns Gedanken machen müssen oder

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