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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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leicht.
    »Es war schrecklich!«, sagte sie leise und machte eine lange Pause, ehe sie fortfuhr: »Irina hat Mike ein Handzeichen gegeben. Dann hat er Alicija voll ins Gesicht geschlagen. Als sie auf dem Fußboden lag, trat er zu. Immer wieder. Irina stand dabei und lachte. Ich wollte eingreifen, wollte Alicija helfen, aber Mike konnte es locker mit zwei Frauen wie uns aufnehmen. Es schien ihm sogar Spaß zu machen. Plötzlich lag auch ich am Boden und war froh, nicht noch mehr Tritte abzubekommen. Ich dachte nur: Mein Gott, er wird Alicija töten, wenn er so weitermacht. Aber plötzlich hörte Mike damit auf und zog uns hoch. Alicija konnte nicht allein aufrecht stehen und sackte immer wieder zu Boden. Schließlich stellte Mike sie an die Wand, und dann …«
    Karen Raabe konnte sich denken, was dann gekommen war. Sie hatte schließlich schon viele Gespräche über diese grausamen Einführungsrituale geführt.
    »Dann hat er sie vergewaltigt. Stimmt´s?«, fragte sie mitfühlend, als Olga nicht weitersprach. Olga nickte und saugte leidenschaftlich an ihrer Zigarette.
    »Ja, und Irina hat ihn dabei noch angefeuert. Als er mit Alicija fertig war, hat sie mich gefragt, ob ich auch etwas zu meckern hätte. Ich habe kein Wort mehr gesagt und nur noch geheult.«
    Die Erinnerungen schienen Olga derart mitgenommen zu haben, dass sie nicht mehr stillsitzen konnte. Sie sprang auf und lief nervös im Zimmer herum. Karen Raabe ließ sie gewähren und wartete ab. Endlich setzte Olga sich wieder.
    »Ich hatte so eine Angst um Alicija. Sie sah schlimm aus. Irina hat einen Koffer mit einem roten Kreuz geholt und Alicija verarztet. Davon schien Irina wirklich etwas zu verstehen. Später habe ich erfahren, dass sie früher einmal als Krankenschwester gearbeitet hatte. Erst habe ich mich gewundert, warum sie sich plötzlich so hilfsbereit und fürsorglich zeigte, wo sie doch eben noch so fies gewesen war. Aber heute weiß ich, dass es ihr nicht um Alicija als Person ging, sondern darum, sie als Ware zu erhalten. Sie war eine wunderschöne junge Frau, mit der sich viel Geld verdienen ließ. Natürlich nur, wenn sie nicht gerade aussah, als wäre sie gerade von einem Auto überfahren worden. Und dann hat Irina uns erklärt, was sie von uns erwartete. Sie hat keinen Zweifel daran gelassen, dass Mike sich erneut mit uns befassen würde, wenn wir zickig werden sollten.«
    Wieder drehte sie eine Runde durch den Raum.
    »Zwei Jahre haben Alicija und ich in diesem Bordell gearbeitet. Ich habe mich irgendwann daran gewöhnt. Aber Alicija hat diese Arbeit gehasst. Es wurde immer schlimmer für sie, und es wundert mich überhaupt nicht, dass sie am Ende selber Schluss gemacht hat. Dabei wurde sie in den letzten Monaten von allen anderen sogar beneidet. Sie war ohne Zweifel die Schönste von uns allen und hatte schließlich einen reichen Bauunternehmer als Stammkunden. Der hat sich anscheinend richtig in sie verliebt, der verrückte Kerl.«

23
    Es fing wieder an zu regnen. Schwiete hatte das Haus der Hermskötters noch keine dreißig Sekunden verlassen, da fielen ihm die ersten Tropfen auf den Kopf. Erst einer, dann zehn, und eine Minute später war der Polizist nass bis auf die Knochen. Gerade als ihm das erste Wasserrinnsal den Rücken hinunterlief, klingelte sein Handy. Es war Staatsanwalt Becker, der sich vernachlässigt fühlte und wollte, dass Schwiete umgehend bei ihm vorbeikam, um ihn auf den neusten Stand zu bringen. Angeblich beschwerten sich maßgebliche Persönlichkeiten Paderborns über die Vorgehensweise der Polizei.
    Der Hauptkommissar beschloss, noch kurz nach Hause zu fahren und sich eine heiße Dusche zu gönnen, bevor er sich auf den Weg zum Gericht machte. Das heiße Wasser vertrieb die Kälte aus seinem Körper wie einen bösen Geist. Gut durchgewärmt ging Schwiete wieder aus dem Haus.
    Wenig später saß er dem Staatsanwalt gegenüber und berichtete, was seine Abteilung zum Fall »Im Lohfeld« bisher in Erfahrung gebracht hatte. Als Schwiete zum Ende gekommen war, saßen sich die beiden Männer eine ganze Weile schweigend gegenüber. Geradeso, als spielten sie »Wer-sich-zuerst-bewegt-hat-verloren«. Der Staatsanwalt wäre der sichere Verlierer gewesen. Irgendwann räusperte er sich.
    »Herr Schwiete, der ganze Fall ist eine verzwickte Angelegenheit, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, aber der ganze Fall ist eine verzwickte Angelegenheit. Das beginnt schon mit der Tatsache, dass die Ruine im Lohfeld

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