Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
Umschlag für Jessy in die Hand. Kreuthner raufte sich die Haare über so viel Unsinn.
58
D er Mann mit der Skimaske saß in einem mit Kuhfell bezogenen Sessel, die Pistole in der Hand, und sah Claudia beim Kaffeekochen zu. Er hatte ihr die Handschellen nicht wieder angelegt. An Flucht war ohnehin nicht zu denken. Sie trug Pumps, und draußen schneite es ohne Unterlass. Den Wagen hatte der kleinere Mann mitgenommen. Allerdings hatte Claudia am Schlüsselbrett neben der Eingangstür einen Schlüssel für einen Volvo gesehen.
Claudia brachte ihrem Bewacher eine Tasse Kaffee und fragte, ob er Milch und Zucker dazu haben wollte. Der Mann verneinte. Da der Kachelofen jetzt heizte, hatte der Mann seine Jacke ausgezogen. Unter seinem schwarzen T-Shirt spannten sich stramme Brustmuskeln und ein Sixpack-Bauch. »Würde mich ja interessieren, wie es unter der Skimütze aussieht«, sagte Claudia. Sie saß jetzt mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem Holzstuhl. »Der Rest ist ja schon mal ganz vielversprechend.«
»Tja, geht leider net. Wennst mein Gesicht siehst, muss ich dich umbringen.«
»Verstehe.« Claudia schluckte und betrachtete die Pistole in der Hand des Mannes. Sie lag lässig auf seinem Hosenschlitz. Claudia war alles andere als ruhig, auch wenn sie versuchte, Konversation zu machen. Sie hatte Angst. Dass sie ihr etwas antaten, sie vergewaltigten, verstümmelten oder ermordeten, wenn sie hatten, was sie wollten.
Im Augenblick war nur ein Bewacher da, der ihr allerdings körperlich bei weitem überlegen war und eine Waffe besaß. Der andere würde sicher bald wiederkommen, damit sie sich bei der Bewachung abwechseln konnten. Wenn sie eine Chance hatte zu fliehen, dann jetzt. Claudia ging zum Tisch und zündete sich eine Zigarette an. Ein monströser Muranoaschenbecher stand auf einem Beistelltischchen. Sie stellte ihn auf den Wohnzimmertisch.
»Und? Was machen wir jetzt?«, fragte sie.
»Warten«, sagte die Skimütze.
»Könnte ein bisschen langweilig werden.«
»Du wirst dir noch wünschen, es wär langweilig. Glaub’s mir.«
Der Mann führte den Kaffeebecher zum Mund, schob die Skimaske etwas nach oben, damit sie nicht nass wurde, und trank einen Schluck. Claudias Herz pochte. Was hatten sie vor? Hing das mit der Astschere zusammen? Sie wagte nicht, den Gedanken weiterzuverfolgen.
»Warum vertreiben wir uns nicht ein bisschen die Zeit?« Sie nahm ihren Stuhl und stellte ihn neben den Mann mit der Skimütze. Der antwortete nicht. Sie setzte sich, zog ihre Schuhe aus und stellte einen Fuß auf seinen Oberschenkel. »Wir können rumsitzen und Löcher in die Luft starren. Klar. Kann man machen. Aber du bist ein Mann, ich eine Frau. Warum nicht ein bisschen Spaß haben.«
Sie schob ihren Fuß in Richtung des Revolvers. Der Mann schwieg und schien unschlüssig zu sein. Aber sein Atem ging schwerer. Sie nahm seine Hand, er ließ es geschehen. Sie legte seine Hand auf ihre Brust. Auch das ließ er geschehen und atmete hörbar schwerer unter seiner Maske. Jetzt ergriff er die Initiative, legte seine Hand auf ihren Oberschenkel und schob sie unter ihren Rock. Sie stoppte seine Hand, bevor er in allzu intime Bereiche vordrang.
»Komm!«, sagte Claudia, ging zum Tisch und setzte sich breitbeinig darauf. Der Mann steckte die Pistole hinten in den Hosenbund seiner Jeans und kam laut schnaufend auf sie zu. Als er vor ihr stand, drückte er ihre Beine auseinander und öffnete seine Hose. Die Pistole fiel auf den Boden. Er überlegte kurz, ob er sie aufheben sollte, ließ es dann aber. Claudia ergriff seine Hände.
»Wie soll das gehen mit der Maske?«
»Ich hab’s dir gesagt.«
»Wir könnten das Licht ausmachen.«
Der Mann zögerte, seine blauen Augen sahen Claudia aus den Maskenschlitzen heraus an. Dann hielt er seine Hose vorn fest, ging zum Lichtschalter, und es wurde dunkel in der Hütte. Ein wenig Licht fiel von draußen herein. Sehr wenig. Es waren weder Mond noch Sterne am Himmel. Nur dunkle Schneewolken. Langsam tastete der Mann sich zurück zum Tisch, zog die Maske vom Kopf und fingerte nach Claudias Busen. Claudia hatte die Zigarette in der Hand und konnte die Augen ihres Gegenübers im Restlicht glänzen sehen.
»Willst du einen Zug?«, sagte sie.
Der Mann schüttelte den Kopf und griff in ihren BH. Sein Blick war auf Claudias Körper gerichtet. »Sieh mich an«, sagte sie. Der Mann hob sein Gesicht, sah die Glut der Zigarette auf sich zukommen, schneller, als er reagieren konnte, ein
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