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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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einem Psi-Agenten.«
    »Indeed?«

35
    Wir konnten sofort auf die Fähre fahren. Auf dem Weg hinauf auf die Passagierdecks wies Richard Finley leise an, den Fotografen keine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er sollte zumindest nicht heimlich telefonieren können. Er selbst und ich würden Emma beobachten. Ich war sicher, er setzte darauf, dass Neugierde auf unsere Jagd nach einem Psi-Meister sie vorerst davon abhalten würde, die Edinburgh Evening News oder irgendeine andere Redaktion darüber zu informieren, dass sie uns aufgespürt hatte.
    Richard erregte in seinem Kilt unter Touristen eine gewisse Aufmerksamkeit. Und es begann ihm zu gefallen. Er hatte seine Haltung gefunden, schaute den Leuten gelassen in die Augen und gab sich mit nackten Knien, Seehundfellgürteltasche und Dolch in der Wollstulpe martialisch und zugleich friedfertig. Ohne weiteres traute man ihm den schottischen Meister im Baumstammwerfen zu.
    Deryas hellblauer Ascot-Aufzug fand Beachtung auch nur bei den Fremden. Briten, so schien es, fanden das Exzentrische nicht bemerkenswert. Etwas mehr Blicke, vornehmlich von älteren Herren, erntete da schon ich in meinem Kurtisanen-Dress am Arm des Landjunkers Finley. Vermutlich konnte man sich nicht recht erklären, in welchem Nachtclub auf Mull er mich aufgelesen haben mochte.
    Nach der Landung in Oban verließen wir das Herrschaftsgebiet der kreischenden Möwen, und die junge Detektivin begann uns auszufragen. Richard gab mit ersten absolut wahrheitsgetreuen, fast vertrauensseligen Antworten die Marschrichtung vor, und dann plauderten wir munter über Elmsfeuer, Tee und Gebäck in Abington und Drogerie-Einkäufe in Edinburgh, Brunnenschächte in Gewölben, seltsame Rosenkreuzerzeichen und das Gefühl, verfolgt zu werden. Das alles klang so dumm und handgestrickt, dass ich sicher war, davon würde morgen kein Wort in irgendeiner Zeitung stehen. Allerdings stand zu befürchten, dass Emma sich von uns verarscht fühlte.
    »Letztlich«, erklärte ich, »sind wir nur deshalb nach Iona gefahren, weil es diese Computerhavarie gegeben hat. Sonst wären wir gestern zurückgeflogen.«
    »Die haben Sie doch herbeigeführt!«, platzte Emma heraus.
    »Was? Wie denn das?«
    Sie lächelte wissend. »Sie machen mir nichts vor. You’re the Psi-Master!«
    »Fuck!«
    »Ich habe es gleich gesehen. Nicht schlecht, die Verkleidung. Wenn man nicht so genau hinschaut, könnte man drauf reinfallen. Aber als Frau können Sie nicht wirklich durchgehen. Männern entgeht das vielleicht, aber eine Frau sieht so was.«
    Derya lachte lauthals und völlig unangebracht. Es half auch nicht gerade, Emmas Analyse ins Wanken zu bringen. Im Gegenteil.
    »Wenn Sie meinen, Emma.« Ich plinkerte sie an. »Warum treten Sie eigentlich als Journalistin auf?«
    »Als Presse wird man überall reingelassen.«
    »Und wie soll ich das Internet lahmgelegt haben?«
    Emma zog einen Laptop aus ihrem Rucksack, fuhr ihn hoch und drehte ihn auf ihren Knien so, dass Richard von der Sitzbank vor uns und ich Einblick bekamen, wenn wir die Hälse reckten.
    »Das hier hat vorgestern Nachmittag die New York Times getwittert.«
    Ich las: »Internet will break down today caused by pure mental force of Shinobi. Earth will tremble, town will crumble .« Auf Deutsch: »Das Internet wird heute zusammenbrechen, verursacht durch Shinobis pure Geisteskraft« oder so ähnlich. »Die Erde wird beben, eine Stadt einstürzen.«
    Ich musste lachen. »Das habe ich auch gekriegt. So was glaubt ihr doch nicht.«
    Emma zog die Brauen hoch. »Das Internet ist zusammengebrochen. Außerdem gilt die New York Times als seriöse Quelle.«
    »Uff!«
    »Und was war deren Quelle?«, fragte Richard.
    »Der CIA . Die New York Times hat die Meldung nach einer halben Stunde zurückgezogen, sicher auf Druck des CIA oder des amerikanischen Präsidenten.«
    Richard lachte verblüfft. »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Weil Le Monde gestern Abend ihre Meldung ebenfalls zurückgezogen hat, und zwar mit der Begründung, es sei die Übungsmeldung eines Praktikanten gewesen, die aus Versehen online gestellt wurde. Und eine deutsche Zeitung hat was Ähnliches behauptet. Doch dann hätte die Meldung ja nicht auch von der New York Times kommen können. Und das Internet ist ja zusammengebrochen. Jetzt haben sie Angst vor Schadensersatzforderungen.«
    »Warum das?«, fragte ich blöde.
    »Ein Zusammenbruch des Internets bedeutet Millionen-Verluste, nicht nur für Fluggesellschaften.«
    »Gar nicht zu

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