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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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Gelegenheit, ihm zuzuraunen: »Juri Katzenjacob ist eine Gestalt von Groschenkamp. Er glaubt, dass die Berichterstattung über ihn und seine Psi-Anschläge die Auflagen und Quoten seines Weltreichs in die Höhe treibt. Ich wette, er war es, der versucht hat, ihn entführen zu lassen. Aber jetzt hat er gemerkt, dass er im Gefängnis genauso nützlich ist. Wenn nicht noch nützlicher. Denn so kommt niemand an ihn heran.«
    »Das ist reine Spekulation, Lisa.«
    »Er hat es praktisch zugegeben. Er hat förmlich triumphiert, denn er weiß, dass wir nichts machen können. Es ist ein Selbstläufer.«
    »Ach was! Medienhypes gehen genauso schnell vorbei, wie sie entstehen. Das muss ich dir doch nicht erklären.«
    »Er hat Rosenfeld umbringen lassen, Richard. Und sag jetzt nicht: quod erat demonstrandum. Ich kann kein Latein, es würde nichts nützen.«
    »Und warum sollte er das getan haben?«
    »Entweder um Juri für sich allein zu haben und alle Mitwisser auszuschalten, oder weil Rosenfeld am Ende herausgefunden hat, dass Juri gar nichts kann. Dass er ein Betrüger ist. Und dann hätte Juri ihm nichts mehr genützt.«
    Richard warf mir einen raschen Blick zu.
    »Wir müssen Héctor Quicio auftreiben, Richard. Er kann uns wahrscheinlich sagen, wie die Tests mit Juri Katzenjacob tatsächlich ausgegangen sind.«
    »Positiv, Lisa. Groschenkamp hat vom Stiftungskonto eine Million Euro auf das Konto der L & P -Bank Zürich überwiesen, zu dem Rosenfeld die Nummer hatte. Wenige Tage vor Rosenfelds Tod.«
    »Oh! Mir hat er gesagt, genau das habe er nicht getan. Nein, wenn ich es genau bedenke, hat er nur gesagt, er habe kein Geld an einen Parapsychopathen oder ans Institut überwiesen.«
    »Nach Rosenfelds Tod hat er die Überweisung verschleiert, indem er sie aus seinem Privatvermögen ausgeglichen hat.«
    Ich war perplex. »Und warum hat er das gemacht?«
    »Dafür habe ich keine Erklärung.«
    Und schon waren wir am Tor angelangt, wo das Taxi wartete. Derya drehte sich nach uns um.
    Der Zug, den Richard nehmen wollte, ging um 16 Uhr 01 . Derya schien entschlossen, die Heimreise mit Richard zusammen zu unternehmen. Also verabredeten wir uns für den Nachmittag am Bahnhof und strebten auseinander. Während Richard sich in den Finanzbehörden herumtrieb und Derya shoppen ging, nutzte ich die Zeit, um ins Schanzenviertel zu wandern, an der Tür einer Ex-Freundin zu klingeln, die nicht zu Hause war, und auf dem Schulterblatt zwischen einem Zeitschriften- und einem Fotoladen versuchte ich von einem Internetcafé aus Dora Asemwald auf Facebook anzustupsen. Sie reagierte aber nicht.
    Außerdem musste ich mich bei der Chefredakteurin der Sonntagsbeilage entschuldigen, dass mein Artikel über Parapsychologie für die Sonntagsbeilage gestern nicht gekommen war und heute auch nicht kommen würde. Sie hatte ihn aber eh für später eingeplant, weil die Zeitungsredakteure auch kommende Woche noch streiken würden und man Stehsatz brauchte. »Aber nicht mit meinem Artikel«, sagte ich. »Ich bin keine Streikbrecherin.« Das verstand sie.
    Dann schaute ich, was die deutschen Medien über die gestrige Erdbebenhysterie in Großbritannien berichteten, und fand ein paar kleine Notizen in den Kuriositäten aus aller Welt. Der Gute Tag war schon ein Stück weiter. Unter dem Titel »Der Spuk von Kalteneck« fragte er: »Wieso wurde der Malergeselle Juri Katzenjacob noch nicht angeklagt? Die Ermittlungen scheinen zu stocken. Der Fall ist mysteriös. Anscheinend kann die Polizei dem mutmaßlichen Mörder des Spuk-Professors Rosenfeld die Tat nicht nachweisen. Ist hier Übersinnliches im Spiel? Ist Juri Katzenjacob möglicherweise der geheimnisvolle Unbekannte, der in der mittelalterlichen Burg in einem schwäbischen Dorf bei Stuttgart alle parapsychologischen Tests bestanden hat?«
    Ja, Scheiße!
    Vielleicht hätte ich sofort den nächsten Zug nach Berlin nehmen sollen, um die Redaktion zu zerlegen. Vielleicht wäre dann alles ganz anders gekommen. Aber ich war gefangen in der Vorstellung, ich dürfe gerade jetzt Richard und Derya nicht aus den Augen lassen, es ihnen nicht zu einfach machen. Ich war schließlich von meiner Mutter mit dem Gebot großgeprügelt worden, dass man es sich selbst und folglich auch anderen niemals leicht machen durfte.
    Bis zur Belauerung im Zug war aber immer noch Zeit. Ich erinnerte mich, dass der komische kleine Verlag mit dem Katzenemblem und dem Wollknäuel auf den Büchern in Hamburg saß. Ich war letzten Herbst auf

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