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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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in die Lage gebracht, in der du ihn fotografiert hast.«
    Ja, die Kriminaltechnik war heutzutage schon sehr gut.
    »Katzenjacobs Anwalt«, sagte Richard, »wird es der Anklage jedenfalls sehr schwer machen zu beweisen, dass der Beschuldigte derjenige ist, der Rosenfeld getötet hat, auch wenn man nachweisen kann, dass er ihn post mortem stranguliert und die Leiche … manipuliert hat. Die Störung der Totenruhe – und hier geht es zweifellos um einen schweren Fall – wird nach Paragraph 168 St GB mit einer Freiheitsstrafe von nur bis zu drei Jahren bestraft.«
    »Oha!«
    Irgendwo im Gebäude wurde eine Tür zugeworfen. Richard zuckte zusammen. Er griff nach dem USB -Stick, packte aber nicht zu, ließ die Hand schweben. Die Schritte gingen draußen vorbei, und Richard nahm seine Hand wieder zu sich. Dämmerung hatte das Fenster zugezogen.
    »Was ist los?«, fragte ich.
    Er zögerte. »Lisa …«
    »Ja.«
    Er schaute mich an, todesmutig. »Glaubst du an diese Sachen?«
    »An was?«
    »Gespenster, Telekinese …? Du hast erzählt, du hättest einen Test in diesem Institut gemacht und man habe eine PK -Begabung festgestellt.«
    Ich musste lachen. »Das ist eher ein statistischer Trick. Da geht es um Abweichungen von der Normalverteilung von ein paar null Komma null irgendwas Prozent. Ich bin weit davon entfernt, per Geisteskraft Gegenstände zu bewegen. Dass jemand so was kann, ist auch noch nie wissenschaftlich untermauert worden, sagt die Doktorin Barzani.«
    Richard holte tief Luft. »An dem Tag, als der Gefangenentransport mit Juri Katzenjacob auf den Hinterhof des Ermittlungsgerichts fahren wollte, da … ging das Tor nicht auf. Irgendwas hat geklemmt. Später funktionierte es wieder. Einen Defekt hat man nicht feststellen können. Außerdem hat die Überwachungskamera nichts aufgezeichnet. Nichts.« Er schaute mir unglücklich in die Augen. Die eherne Rationalität seines Verstands bekam Risse. Ich konnte zuschauen.
    »So was kommt vor«, sagte ich. »Ein nicht zufälliges Zusammentreffen von aus einer leichten Instabilität des Systems resultierenden Sonderfällen. Wenn Juri Katzenjacob ein Telepath ist, dann hat er den Transporter aufhalten wollen, damit seine Befreiung gelingt. Wahrscheinlich hat er auch diesen rätselhaften Gegenstand an der Tür weggezaubert, damit wir nicht herausfinden, wie er nach der Tat herausgekommen ist.«
    Richard simulierte ein Lachen.
    »Oder er kann durch Wände gehen. Wäre auch eine Möglichkeit.«
    Richard schaute mich vorwurfsvoll an.
    »Okay, okay. Dann fragen wir mal so: Warum sollte Juri Katzenjacob ein Interesse daran haben, dass die Polizei sich nicht erklären kann, wie er aus dem Raum herausgekommen ist?«
    »Vielleicht ist das nicht die Frage, Lisa.«
    »Was ist dann die Frage?«
    Richard zog den Speicherstick aus dem Computer, ließ ihn in die Innentasche seines Jacketts gleiten, schloss die Bildprogramme und stand auf. Cipión war wie immer froh, dass nun wieder Bewegung in uns Langbeine kam, und hibbelte zur Tür.
    »Vielleicht«, sagte Richard, »ist Juri Katzenjacob tatsächlich jener, welcher … Ich meine …«
    »Der Parapsychopath, der das Kalteneck-Experiment bestanden hat? Nee, Richard!« Ich durchpflügte mein zerrupftes Gedächtnis. »Er war der Maler. Er hat die Klotüren bepinselt.« Ich kam in Fahrt. »Als er fertig war, so gegen 16 Uhr 30 oder 17 Uhr, hat ihn die Neugierde gepackt, oder er wollte sich verabschieden, und er ist raufgegangen ins Institut. Dort schien niemand mehr zu sein. Doch dann hat er Licht in Rosenfelds Büro gesehen. Ende Januar war es dunkel um diese Zeit. Er ist hineingegangen und hat … Ja, er hat Rosenfeld leblos auf dem Boden liegen sehen, und sein Interesse für das Innenleben organischer Körper hat ihn übermannt. Um sicherzustellen, dass Rosenfeld tot ist, hat er ein Kabel aus dem Computer gerissen und ihn gewürgt. Vielleicht hat er das mit Katzen und Hunden auch so gemacht. Es ist ein Ritual. Der Akt des Tötens am Toten, dann die Eingeweide herausholen, das Herz für eine spätere Sonderbehandlung sichern. Und zum Schluss Augen und Maul verschließen und mit einer Nadel pfählen, Kies verstreuen, damit aus dem Malträtierten kein Nachzehrer wird, der sich an ihm, Katzenjacob, rächt. Erst hinterher ist ihm klar geworden, dass Rosenfeld ein Mensch und kein Fuchs am Straßenrand war und es für ihn diesmal brenzlig wird. Daraufhin hat er wie ein gewöhnlicher Verbrecher versucht, Spuren zu verwischen. Aber wie

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